Essen. Der Maschinenbau-Ingenieur Norbert Reithofer (55) führt seit 2006 BMW als Vorstandsvorsitzender und hat die Marke zum erfolgreichsten Premiumanbieter auf der Welt gemacht. Im Interview spricht er über die Zukunft des Automobilbaus und sein eigenes Fahrverhalten.

BMW baut nicht gerade langsame Autos. Was halten Sie von dem Vorstoß des Verkehrsministers Ramsauer, den Führerschein bereits nach acht Punkten zu entziehen?

Norbert Reithofer: Warten wir ab, bis die Details vorliegen. Ich habe jedenfalls noch nie einen Punkt in Flensburg gehabt. Und ich fahre viel selber und werde nicht nur chauffiert.

Bekommen Sie schlechte Laune, wenn Sie die Nachrichten über die Euro-Krise hören? Schließlich bestreitet BMW die Hälfte seines Absatzes in Westeuropa.

Reithofer: Deutschland und die deutsche Industrie profitieren vom Euro. Es ist beispielsweise ein großer Unterschied, ob in einem Markt mit einer gemeinsamen Währung und ohne Zollschranken etwa 13 Millionen Autos pro Jahr verkauft werden wie in der EU oder nur drei Millionen wie in Deutschland. Ein Scheitern des Euro, wovon ich aber nicht ausgehe, hätte erhebliche Folgen. So würde eine D-Mark stark aufgewertet und andere Währungen abgewertet werden. Das hätte auch negative Auswirkungen auf die Beschäftigung.


Wird China bereits in diesem Jahr nach Stückzahlen der wichtigste Absatzmarkt für BMW?

Reithofer: Das wird sich zeigen. Die Reihenfolge für 2011 lautet USA vor Deutschland und China. Die drei liegen auch 2012 wieder vorne, wobei es insbesondere in den USA und China für uns gut laufen dürfte.


BMW erweitert die Produktionskapazitäten im Ausland. Wie viele der 2012 voraussichtlich über 1,7 Millionen BMW-Fahrzeuge werden noch in Deutschland gebaut? Und geht der Anteil in zehn Jahren auf 50 Prozent zurück?
ReithoferDie BMW Group hat ein starkes Bekenntnis zum Standort Deutschland abgegeben. Allein im Zeitraum 2011 und 2012 werden wir hier über zwei Mrd. Euro investieren. Im vergangenen Jahr haben wir 4.000 neue Mitarbeiter eingestellt, davon etwa die Hälfte in Deutschland. 2020 wollen wir über zwei Millionen Autos verkaufen, und dieses Wachstum wird in erster Linie im Ausland erfolgen. Wir verfolgen die Strategie, wonach die Produktion dem Markt folgt. Deshalb investieren wir unter anderem auch in den USA und in China. Das heißt aber nicht, dass wir die Produktion in Deutschland verringern.


Vor zwei Jahren hielten Sie das Ziel von eine Million Elektroautos in Deutschland bis 2010 noch für realistisch. Schätzen Sie das jetzt noch genauso ein?

Reithofer: Wenn Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, halte ich das Ziel immer noch für erreichbar. Die an der Steckdose aufladbaren Plug-In-Hybride zähle ich dabei mit.


Wer ist der größere Konkurrent für BMW, Audi oder Mercedes? Daimler will bis Ende des Jahrzehnts BMW wieder überholt haben.

Reithofer: Beide sind Wettbewerber. Ich bin der Ansicht, Konkurrenz belebt das Geschäft und ist gesund. Ohne sie würden wir nicht da stehen, wo wir heute sind. Was das Überholen angeht: Warten wir ab, wer letztlich vorne liegen wird.


Sie sind jetzt 25 Jahre bayerischer Motorenwerker. Wird es in Ihrer Amtszeit als Konzernlenker bis 2016 noch erstmals eine Frau in den BMW-Vorstand schaffen?

Reithofer: Das ist durchaus möglich.