Vest. Das Handyverbot ohne Freisprechanlage im Fahrzeug wird wieder diskutiert, seit ein Gummersbacher Amtsrichter das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet hat. Nach seiner Auffassung widerspricht das Handy-Verbot dem Gleichheitsgrundsatz, weil andere Dinge beim Fahren nicht verboten sind.
Lecker Kaffee to go gekauft, noch schnell eine Kippe gedreht, das Brötchen bissbereit drapiert – und dann den Motor starten und ab zur Arbeit. Frühstück im Auto. Für viele stresserprobte Zeitgenossen ein Morgenritual. Spart Zeit, macht ruhig. Locker die eine Hand am Steuer, während die andere Kaffee und Brötchen im Wechsel zur Kauleiste führt. Erlaubt ist das nicht unbedingt – aber auch nicht ausdrücklich verboten. Ganz im Gegensatz zum Handy. Wer nämlich nach dem fahrenden Frühstück noch eben schnell ein Gespräch erledigen muss und keine Freisprechanlage hat, riskiert einen Punkt in der Flensburger Sünderkartei und 40 Euro Haushaltsgeld weniger – plus 23 Euro Gebühr.
Wenn nicht passiert, ist die Welt in Ordnung
Es müssen nicht Kaffee oder Kippe sein, die Fahrer einhändig machen. Die Suche nach der CD im Handschuhfach, das Kramen nach dem Lippenstift in der Handtasche, fummeln am Radio, bis der Lieblingssender drin ist oder dem Kleinen den Schnuller in die Schnüss geschoben. Solange nichts passiert und Fahrer sich an eine Grundregel der Straßenverkehrsordnung (StVO) halten, ist die Welt in Ordnung. „Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird” heißt es in § Paragraf 1. Also: Aufpassen beim Paffen. Anders beim Handy. In § 23, Absatz 1, steht's zu lesen: „Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.”
Der Gummersbacher Amtsrichter Albert Bartz hat vergangene Woche für Schlagzeilen gesorgt, weil das Handy-Verbot am Steuer nach seiner Auffassung dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Eben weil andere Aktivitäten am Steuer straffrei bleiben würden, während Telefonsünder ein Bußgeld aufgebrummt bekämen. Der Richter reichte einen einschlägigen Vorfall beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.
Handy oder doch nur den Rasierapparat in der Hand?
Der Ausgang interessiert nun auch den Recklinghäuser Amtsrichter Kai Zarges, der schon manchen Handy-Sünder vor dem Richtertisch hatte. Weil der Ertappte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid erhoben hatte. Der Ausgang solcher Verfahren hänge vom Einzelfall ab. Da habe auch schon mal jemand glaubhaft versichert, er habe kein Handy, sondern ein Rasierapparat mit sich geführt... Eine konkrete gesetzliche Regelung zu der Frage, was man am Steuer darf und was nicht, wäre sinnvoll. Das sollte der Gesetzgeber Klarheit schaffen”, meint der Jurist.
Wie viele Fahrer seit Inkrafttreten überhaupt beim Telefonieren erwischt worden sind, haben weder Polizei noch Bußgeldstelle des Kreises registriert. „Die Polizei schreibt die Ordnungswidrigkeiten-Anzeige und leitet sie dann an die Bußgeldstelle weiter”, beschreibt Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber den Gang der Dinge. Kreis-sprecher Jochem Manz kann ebenfalls nicht mit Statistik aufwarten.
Wenn es im Zusammenhang mit anderen Aktivitäten während der Autofahrt zu einem Unfall komme, könnte das laut Weber natürlich sanktioniert bzw. vom Gericht beim Urteil berücksichtigt werden. Zum Nachteil des Fahrers, versteht sich.