Washington. . In Amerika wird am Freitag der mit über 550 Millionen Dollar größte Lotto-Jackpot aller Zeiten geknackt. Oder auch nicht. Allein am Tag der Verlosung werden in den 42 Bundesstaaten, in denen es Lose gibt, bis zu eine Million verkauft werden.

Erst vom Blitz getroffen und danach von einem Hai gefressen zu werden, die Wahrscheinlichkeit ist nach Berechnungen seriöser Statistiker bedeutend größer. Trotzdem stehen bis Freitagabend 23 Uhr Ostküsten-Zeit Millionen Amerikaner vor Tankstellen, Lebensmittelläden und anderen Verkaufsstellen Schlange, um ein 1-Dollar-Ticket für den größten Lotto-Jackpot aller Zeiten zu kaufen. Im Topf sind bereits 550 Millionen Dollar.

Zum Vergleich: Den bislang höchsten Einzelgewinn beim deutschen 6 aus 49 landete im Oktober 2006 ein Krankenpfleger aus NRW mit 37,7 Millionen Euro. „Mega Millions“, der Veranstalter in Amerika, hatte 2007 mit 390 Millionen Dollar die letztgültige Rekordmarke gemeldet. Weil am vergangenen Dienstag zum 18. Mal hintereinander kein Spieler die nötigen sechs richtigen Zahlen auf dem Loszettel hatte, wuchs der Topf allein in vier Tagen um 150 Millionen Dollar an.

Freitag wurden durchschnittlich 250.000 Lose verkauft

Die Lotto-Mania grassiert in 42 Bundesstaaten, in den „mega millions“ seine Dienste anbietet. Von Kalifornien bis Maine, von Florida bis Oregon melden die Händler Rekordverkäufe. Auch in der Hauptstadt. „Die Leute rennen mir seit zwei Tagen von früh bis spät die Bude ein“, sagt Jeffrey Kandel, der auf der Wisconsin Avenue einen Zeitungs- und Geschenkpapierladen betreibt. In Washington DC berichtet Lotterie-Chef Buddy Roogow von durchschnittlich 250.000 Losen, die an einem normalen Freitag verkauft werden. „Für heute rechne ich mit einer Million.“

Dass die Gewinnchancen 1 zu 176 Millionen stehen, stört die wenigsten. Lee Majork, Installateur aus Maryland, deckte sich am Morgen an der Tankstelle im Stadtteil Springvalley mit fünf Losen ein. „Wenn ich nicht gewinne und meine Frau auch wieder Pech hat, wird eben einer meiner drei Söhne diesmal die richtigen Zahlen haben“, sagt der 49-Jährige mit einem breiten Lachen. Was er mit dem Geld machen würde? „Zunächst Steuern zahlen.“

Vom Gewinn bleiben 370 Millionen Dollar übrig

Lotto-Gewinne unterliegen, anders als in Deutschland, der Einkommenssteuer. Der Netto-Gewinn liegt, so der Jackpot heute Abend geknackt wird, bei rund 370 Millionen Dollar; je nach dem, ob ein Bundesstaat noch eine Extrasteuer erhebt, geht davon noch mal einiges ab.

Viele Gewinner, erzählte Richard Lustig aus Florida den Zuschauern des Fernsehsender CNBC, lassen sich das Geld hübsch portioniert als lebenslange Rente auszahlen. Kommt steuerlich günstiger. Lustig hat sieben Mal die Florida-Lotterie gewonnen, glaubt also nicht an Zufälle und hat ein Buch geschrieben, das die „beste aller Strategien enthält“. Welche? „Sie müssen die richtigen Zahlen haben.“ Was bei diesem Spielmodus ambitioniert ist.

Neben fünf Richtigen braucht man auch die Megazahl

Zuerst müssen Teilnehmer aus den Zahlen 1 bis 56 fünf Richtige wählen und dann aus einem zweiten Zahlen-Set von 1 bis 46 die Megazahl. Ohne Megazahl kein Jackpot. Dass Amerika auch hier das „The Winner takes all“-Prinzip verinnerlicht hat, zeigt der Preis für die Zweitplatzierten: „nur“ 250 000 Dollar.

Präsident Obama hält sich diesmal mit Kommentaren zurück. Als Senator in Illinois hatte er noch fürsorglich moniert, dass vor allem Leute aus unteren Einkommensschichten zu viel Geld aus dem Fenster werfen und so den Schriftsteller Ambrose Bierce bestätigen, der einmal festgestellt hat: „Lotto ist eine Steuer für Leute, die schlecht in Mathematik sind.“

Aber selbst wenn Fortuna direkt über einem steht, wenn die Zahlenreihen angekreuzt werden - eine Garantie zum Glücklichsein ist das nicht. Geschichten von gestrauchelten Lotto-Millionären gibt’s im Dutzend. Manche verjubelten alles, starben als Sozialhilfe-Empfänger oder wurden vor Gram ganz grau. So wie Juan Rodriguez, Parkplatzwächter aus New York. Vor acht Jahren gewann er 150 Millionen Dollar in der Lotterie. Seine Frau ließ sich von ihm scheiden. Sie bekam die Hälfte.