Karlsruhe. . Spektakuläre Wende im Polizistinnen-Mordfall von Heilbronn: In der Wohnung der Tatverdächtigen wurde eine Pistole gefunden, mit der die „Dönermord-Serie“ begangen wurde. Neun türkischstämmige Männer wurden zwischen 2000 und 2006 ermordet.
Die rechtsextremen mutmaßlichen Mörder einer Heilbronner Polizistin sind womöglich auch für die sogenannten Dönerbuden-Morde verantwortlich. Die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 acht Türken und ein Grieche erschossen worden waren, sei in der Wohnung des Trios in Zwickau gefunden worden, teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag in Karlsruhe mit. Als achtes Opfer der Mordserie wurde im April 2006 ein Dortmunder Kioskbesitzer getötet. Die Behörde übernahm nun beide Verfahren und verdächtigt die Beschuldigte Beate Z. der Mitgliedschaft in einer rechtsextremen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Mord und versuchtem Mord sowie der schweren Brandstiftung.
Beate Z. hatte den Ermittlungen zufolge das Haus in Zwickau in Brand gesteckt, nachdem sich ihre Komplizen Uwe B. und Uwe M. selbst erschossen hatten. In ihrem Wohnmobil waren die Dienstwaffen der 2007 erschossenen Heilbronner Polizistin und ihres Kollegen gefunden worden. Die Bundesanwaltschaft übernahm deshalb auch diesen Fall.
"Zahlreiche Anhaltspunkte" für rechtsextremen Hintergrund
"Es liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mordtaten einer rechtsextremistischen Gruppierung zuzuordnen sind", erklärte die Bundesanwaltschaft. Vor einer Woche hatte die Polizei die beiden Männer Uwe B. und Uwe M. in einem Wohnmobil nahe Eisenach tot aufgefunden. In dem Wohnmobil entdeckten die Ermittler zudem die Dienstwaffe der im April 2007 getöteten Polizistin, nach deren Mördern seit Jahren gefahndet wird.
"Nach bisherigen Erkenntnissen verfügten die verstorbenen Männer wie auch ihre mittlerweile verhaftete Gefährtin Beate Z. Bereits Ende der 1990er Jahre über Verbindungen zu rechtsextremistischen Kreisen", erklärte die Behörde. Gegen Beate Z. bestehe nun der Anfangsverdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie des Mordes, versuchten Mordes und der schweren Brandstiftung. Als Teil der Ermittlungen solle auch geklärt werden, ob weitere Anhänger der rechtsextremen Szene in die Taten verstrickt seien.
Seit elf Jahren ermittelt die Polizei
Elf Jahre lang tappte die Polizei im Dunkeln, die Mordserie offenbar vor der Aufklärung: Neun Männer - acht Türken und ein Grieche - waren zwischen Herbst 2000 und dem Frühjahr 2006 in Nürnberg, München, Hamburg, Rostock, Dortmund und Kassel regelrecht hingerichtet worden. Jetzt ist die Tatwaffe der sogenannten Dönermorde überraschend aufgetaucht.
In Nürnberg hatte die brutale und mysteriöse Mordserie im September 2000 ihren Anfang genommen. Damals war der 39-jährige Blumenhändler Enver S. mit acht Schüssen umgebracht worden. Knapp ein Jahr später, am 13. Juni 2001, wurde der 49 Jahre alte Abdurrahim Ö., Inhaber einer Änderungsschneiderei, ebenfalls in Nürnberg exekutiert.
Es folgten sieben weitere kaltblütige Morde an Kleinunternehmern. Immer kamen die Täter am helllichten Tag, schlugen in Großstädten zu den üblichen Ladenöffnungszeiten zu und töteten ihre Opfer mit gezielten Kopfschüssen. Beim letzten Opfer, dem 21-jährigen Halit Y. aus Kassel, hielten sich zur Tatzeit am 6. April 2006 gegen 17.00 Uhr sogar noch drei Kunden in dessen Internet-Café auf. Doch keiner wollte etwas bemerkt haben.
Die Tatwaffe ist das einzige Bindeglied
Einziges Bindeglied zwischen allen Morden war die Tatwaffe, eine Pistole der tschechischen Marke Ceska, Typ 83, Kaliber 7,65 Millimeter. Die Tatwaffe wurde nun laut Bundesanwaltschaft in der Zwickauer Wohnung jener Männer aufgefunden, die 2007 eine Polizistin in Heilbronn umgebracht haben sollen. Sie und ihre mittlerweile verhaftete Gefährtin Beate Z. werden rechtsextremistischen Kreisen zugerechnet.
Fremdenhass ist womöglich das Motiv gewesen, über das die Ermittler solange gerätselt hatten. "Wir wissen es nicht, wir haben nichts", hatte die zuständige Nürnberger Hauptkommissarin Elke Schönwald dazu noch im Juni gesagt. Dabei hatten die Beamten jahrelang in alle Richtungen ermittelt, einen einzelnen Serientäter genauso für möglich gehalten wie eine organisierte Bande. Die Mordkommission hatte in all den Jahren 33 Millionen Datensätze ausgewertet, die Alibis von 11.000 Personen überprüft, und war rund 3.500 Spuren nachgegangen - ohne Erfolg. (dapd/rtr/afp)