Wesel. Der Kaufhof in Wesel wird bald schließen. Viele Kunden denken gerne an die „gute, alte“ Zeit zurück. Welche Erinnerungen sie ans Warenhaus haben.

Ende August wird der Kaufhof in Wesel für immer geschlossen. Damit endet in der Stadt eine jahrzehntelange Warenhaustradition, eröffnet wurde das Geschäft im Juni 1972. Am ersten Tag sollen damals 40.000 Kundinnen und Kunden für einen Ansturm gesorgt haben, dem das Personal kaum noch begegnen konnte. Diese glorreichen Zeiten der Warenhäuser sind längst vorbei, trotzdem haben viele Weselerinnen und Weseler schöne Erinnerungen an das Geschäft an der Hohen Straße – die NRZ hatte dazu aufgerufen, diese Gedanken zu teilen. In diesem Artikel gibt die Redaktion einige Rückmeldungen wieder.

So hat beispielsweise NRZ-Leserin Carmen Mikley eine ganz persönliche Verbindung, die weit übers Einkaufen hinausgeht: „Am 18. Februar 1980 habe ich an Rosenmontag meinen jetzigen Mann getroffen und wir haben uns einen Tag später unter der Uhr am Kaufhof (der sah damals etwas anders aus) verabredet. Im April 85 haben wir geheiratet und das hält bis heute. Wir waren auch oft im Café oben. Der Kaufhof gehört seit Jahren zu unserem Leben dazu, er ist nicht wegzudenken.“

An dieser Uhr vor dem Kaufhof in Wesel begann mindestens eine Lebensgeschichte.
An dieser Uhr vor dem Kaufhof in Wesel begann mindestens eine Lebensgeschichte. © NRZ | Ron Franke

Gabriele Stange schreibt in ihrer E-Mail an die Redaktion: „Ich kann mich noch an das Restaurant in der oberen Etage erinnern. Dort habe ich oft bei schlechtem Wetter meine Mittagspause verbracht. Alles Gute für die Angestellten.“

Für Heidi Ridderskamp aus Wesel ist der Kaufhof mit Erinnerungen an die Kindheit verbunden: „Ich bin Jahrgang 1967 und habe die ersten Jahre des Kaufhofs als Kind erlebt. Meine Großeltern lebten am Fusternberg und ich war an den Wochenenden oft bei ihnen zu Besuch. Meine Oma und ich fuhren dann mit den Fahrrädern in die Stadt und gingen jedes Mal in die Lebensmittelabteilung des Kaufhofs, die sich im Untergeschoss befand. Dort gab es an der Fleischtheke einen großen Grill, wo man herrliche Grillhähnchen kaufen konnte. Meine Oma kaufte immer ein ‚besonders knuspriges‘, das dann später mit grünem Salat zu Hause verspeist wurde. Für mich war das immer ein tolles Erlebnis, weil es das bei uns zu Hause nicht gab.“

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Für Daniel Schmidt steht das Warenhaus hingegen für Erlebnisse aus der Zeit als Jugendlicher: „Mitte der 1980er Jahre erreichte der Homecomputerboom auch den Kaufhof in Wesel. In einem fensterlosen Bereich im Erdgeschoss waren die Modelle der damaligen Branchengrößen Commodore, Atari und Schneider ausgestellt. Mehrere Monitore und Computer waren betriebsbereit und zogen große Mengen (nahezu ausschließlich) männlicher Schüler an, um so manche Schulfreistunde zu verbringen oder sich nachmittags dort zu verabreden. Aufgrund der Tatsache, dass die Verkäufer in der Computerabteilung wenig bis gar kein Wissen zu den Geräten hatten, wurde einfach ausprobiert, erste Programmierversuche unternommen und vor allem wurden Kopien von vorhandenen Computerspielen erstellt. Die bevorzugten Leerdisketten waren damals das Modell ‚Elite Minidiskette‘ im praktischen 10er-Pack zu 19,99 DM. Tatsächlich so haltbar, dass diese Disketten auch heute – fast 40 Jahre später – noch auf meinem alten Commodore 64 funktionieren. Homecomputer und -software wurden damals in Wesel auch bei Quelle, Allkauf, Selgros und dem Software-House in der Dudelpassage verkauft. Von diesen Einzelhändlerdinosauriern stirbt nun der Weseler Kaufhof als letzter aus, aber seine Disketten bleiben funktionsfähig.“

Diese Disketten hat Daniel Schmidt in den 80ern im Kaufhof in Wesel gekauft, sie funktionieren noch heute.
Diese Disketten hat Daniel Schmidt in den 80ern im Kaufhof in Wesel gekauft, sie funktionieren noch heute. © OH | Daniel Schmidt

Barbara Maria Wolbring schreibt in ihrem Kommentar bei Facebook: „Meine Oma war immer gerne in die Lebensmittelabteilung gegangen. Die war damals im Keller. Ich habe da meine Sportsachen gekauft, so wie ich jetzt meinen Sohn da einkleide. Er dagegen kauft gefühlt die halbe Spielzeugabteilung leer. Seit es die Hansa nicht mehr gibt, kaufe ich meine Haushaltssachen dort. Also Leifheitprodukte, gutes Kochgeschirr, hochwertige Pfannen. Das Restaurant/Café nicht zu vergessen. Treffpunkt mit Freundinnen zum Shoppen, Quatschen, Abhängen. Es war schon doof, als die Hansa zumachte, jetzt noch der Kaufhof.“

Mike Kamp hat ähnliche Verbindungen zum Kaufhof in der Fußgängerzone: „Ich kann mich gut erinnern an die Lebensmittelabteilung und dass es dort ein Wasserbecken gab, aus dem Fische direkt frisch verkauft wurden. Ebenso an die Softeismaschine am Haupteingang und die Luftdüsen im Boden vor dem Eingang. Die riesige Auswahl an Spielzeug, früher oben bei der Damenbekleidung und die Verkaufsstelle für Konzerte und Theater hinten rechts.“

Wesel ohne Kaufhof? „Kann ich mir nicht vorstellen?“

Minka Wewer schreibt: „Ich bin Anfang der 90er-Jahre nach Wesel gezogen und ich habe mit meinen Freundinnen und ihren Kindern gerne im Restaurant Kaffee getrunken. Der Kaufhof hatte für meine drei Jungs schöne Kindersachen und auch später haben wir oft dort eingekauft. Legendär der Einpackservice für Weihnachtsgeschenke – bevor ich das selber zusammen friemele und mich blamiere, lasse ich lieber einpacken. Mittlerweile wohne ich im Süden Deutschlands und musste jetzt erfahren, dass mein Einkauf beim letzten Heimatbesuch auch mein letzter war. Sehr schade drum.“

In den 90er-Jahren war der Ansturm beim klassischen Sommerschlussverkauf im Kaufhof in Wesel noch groß.
In den 90er-Jahren war der Ansturm beim klassischen Sommerschlussverkauf im Kaufhof in Wesel noch groß. © NRZ | Markus Weißenfels

Susanne Johnson: „Ich habe mich in meiner Jugend immer auf der Bank vor dem Kaufhof mit meiner besten Freundin getroffen. Als ich später selber Mutter war, habe ich Schuhe und Kleidung für meine Tochter dort gekauft. Ich kann mir Wesel ohne Kaufhof nicht vorstellen, denn er war immer da, seit meiner Kindheit.“

Bei Instagram formuliert es Ole Gerdes so: „Zu meinen Besuchen in Wesel war ich als Kind immer mit den Großeltern zusammen im Kaufhof und habe mich sehr darauf gefreut. Wenn ich heute nach Wesel komme, gehe ich – inzwischen alleine – auch in den Kaufhof und habe da immer etwas eingekauft. Nicht, weil ich es woanders nicht kaufen kann, sondern weil mir der Kaufhof und das dahinter stehende Konzept gefällt. Wenn der Kaufhof nicht mehr ist, wird ein Teil der Stadt fehlen.“

Stefan Rakowski sieht die Situation hingegen deutlich kritischer: „Nichts verbindet mich mit diesem Kaufhaus. Es ist ein Relikt aus einer scheinbar fernen Vergangenheit. Nein, ein Magnet war es seit Jahren nicht mehr. Man fährt nicht in die Stadt, um zum Kaufhof ‚hip‘ und ‚modern‘ einzukaufen. Die Stadt sollte den Kaufhof loslassen und dies als Chance sehen, eine Innenstadt der Zukunft umzusetzen.“