Wesel. Der Kaufhof wird definitiv schließen. Bürgermeisterin Westkamp kritisiert den Insolvenzverwalter, die Vermieter waren zu Einschnitten bereit.
- Die Zukunft des Kaufhofes in Wesel scheint endgültig geklärt.
- Laut Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus wird die Filiale definitiv im August geschlossen.
- So reagieren Stadtverwaltung, Politik und Vermieter auf die Entscheidung zum Weseler Kaufhof.
Es dauert am Dienstag lediglich ein paar Stunden, bis endgültige Gewissheit über die Zukunft des Kaufhofes in Wesel herrscht. Um 13.43 Uhr verschickt die Stadtverwaltung eine kurze Presseerklärung, im Anhang: ein Schreiben von Ulrike Westkamp an Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. Die Bürgermeisterin appelliert darin direkt an den Verantwortlichen in Essen, das Ende April angekündigte Aus für das Warenhaus noch mal zu überdenken.
Wesel gehört zu den 16 Galeria-Filialen, die schließen müssen
Keine fünf Stunden später verschickt Westkamps Büro die nächste E-Mail – dieses Mal mit der Antwort des Insolvenzverwalters. Spätestens jetzt ist klar, dass die letzte Hoffnung auf den Erhalt der Filiale an der Hohen Straße geplatzt ist und sie wie geplant im Spätsommer geschlossen wird. „Wir haben in Bezug auf einen möglichen Erhalt des Warenhausstandortes in Wesel wirklich das uns Mögliche unternommen. Die Ergebnissituation in Wesel und die natürlich auch zu berücksichtigenden Interessen des Vermieters lassen aber keine andere Entscheidung zu, als die Schließung“, schreibt Stefan Denkhaus an die städtische Verwaltungsspitze. Die Entscheidung tue ihm „insbesondere für die Belegschaft in Wesel, aber natürlich auch für die Stadt Wesel sehr leid.“
Wie mehrfach berichtet, gehört der Standort in der hiesigen Fußgängerzone zu den 16 Filialen, die nicht vom neuen Eigentümer übernommen werden und am 31. August schließen sollen. In den vergangenen Wochen hatte die Stadtverwaltung mehrfach betont, dass sie noch an erfolgreiche Nachverhandlungen glaube. Mit ihrem öffentlichen Schreiben ist Westkamp dann am Dienstag in die Offensive gegangen. Ohne Erfolg.
Kaufhof-Aus: Bürgermeisterin wirbt mit Wesels Vorzügen
„Im Namen der Bürgerschaft und als Bürgermeisterin der Hansestadt Wesel bitte ich Sie, Ihre Schließungsabsicht zu überprüfen und den Standort in Wesel zu erhalten oder an einen möglichen Investor im laufenden Geschäftsbetrieb weiterzugeben“, heißt es darin unter anderem. Westkamp zählt in dem Brief an Denkhaus mehrere Entwicklungen auf, die die Stadt aus ihrer Sicht attraktiv für ein Unternehmen wie Galeria machen: Das vor einigen Jahren neu gebaute Esplanade-Center, das sich in Bau befindliche Kombibad am Rhein, die Stadtfeste in der Innenstadt oder der Zuwachs an Touristen durch die Kreuzfahrschiffe, die seit einigen Jahren an der Rheinpromenade anlegen.
Doch offenbar finden diese Argumente aus Wesels Stadtspitze kein Gehör beim Insolvenzverwalter in Essen und den neuen Galeria-Eigentümern. Schon in den vergangenen Tagen deutete wenig auf einen Erfolg hin. Erst kürzlich hatte Denkhaus betont, dass die Verhandlungen über die Zukunft der Standorte im April final abgeschlossen worden seien. Es gebe lediglich „minimale Chancen“ auf Einzellösungen. Die eindeutige Antwort aus Essen dürfte die letzten Hoffnungen zunichtegemacht haben. Die Schließung scheint nun unausweichlich. „Ich bedaure, Ihnen keine anderslautende Mitteilung machen zu können“, so Denkhaus in Richtung der Bürgermeisterin.
Letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung ist die Miete für die Immobilie gewesen, Galeria und die Eigentümerin konnten sich ganz offensichtlich nicht einig werden. Vermietet wird das Gebäude von einem Familienunternehmen aus Wesel. Gesa Hecker, eine der Gesellschafterinnen, zeigte sich am Mittwoch erstaunt über das Schreiben des Insolvenzverwalters. „Wir selbst haben offiziell keine Information erhalten und das nur aus der Presse erfahren“, sagte Hecker gegenüber der NRZ. Denkhaus sei für ihre Firma zuletzt überhaupt nicht mehr erreichbar gewesen. Die Vermieter seien in jedem Fall daran interessiert, dass es in der Hansestadt weiterhin ein Warenhaus gebe. Eine Übernahme durch einen anderen Investor sei „natürlich eine Option. Das wäre ja auch für Wesel gut“, betonte Hecker. Doch zu einem möglichen Interessenten habe es bisher keinen Kontakt gegeben.
Hecker spielt damit auf die Investorengruppe RE-Think an, die laut einem Bericht des Handelsblattes mehrere Galeria-Filialen kurzfristig übernehmen wollte, darunter auch den Kaufhof in Wesel. Das Geschäft sollte künftig unter dem Namen „Hertie“ weitergeführt werden – das Management des Warenhauskonzerns habe dieses Angebot jedoch abgelehnt, hieß es. In dem Schreiben an Westkamp äußerte sich Insolvenzverwalter Denkhaus auch zu diesen Gerüchten.
Knackpunkt soll dem Vernehmen nach gewesen sein, dass der Interessent die Häuser mit Waren und Personal im laufenden Betrieb übernehmen wollte. „Ein Verkauf der Warenbestände an diesen Interessenten gegen Abschläge bei gleichzeitigem Einfordern von Dienstleistungen seitens Galeria ist nicht darstellbar“, äußert sich Denkhaus jetzt dazu. Der Warenhauskonzern müsse sich auf das eigene Sanierungskonzept konzentrieren. Für die Nachnutzung des Gebäudes nach der Kaufhof-Schließung sei ab dem 1. September die Vermieterin in Wesel zuständig. Ob dann allerdings ein Investor noch Interesse an einer Übernahme hat, ist derzeit nicht absehbar.
Wesels Bürgermeisterin bezeichnete das Vorgehen von Denkhaus am Mittwoch gegenüber der NRZ als „nicht nachvollziehbar“. Die Vermieter der Immobilie an der Hohen Straße seien dem Essener Unternehmen deutlich entgegengekommen und wären bereit gewesen, die Miete um knapp 40 Prozent zu reduzieren. Doch auf dieses Angebot habe es keine Reaktion von Galeria gegeben. „Es ist überhaupt nicht zu verstehen, was hier abgeht“, so Westkamp. „Der Kaufhof steht in Wesel gut da. Es wäre fair zu erfahren, was der Grund für diese Vorgehensweise ist.“
Kaufhof-Aus besiegelt: So reagiert die Politik in Wesel
Auf die besiegelte Schließung reagierte am Mittwoch auch die Politik. „Diese Absage ist für alle ein Schlag ins Gesicht, nicht zuletzt auch für die jahrzehntelange treue Kundschaft in unserer Stadt“, formulierte es Jürgen Linz, Fraktionsvorsitzender der CDU. Die Christdemokraten halten es nicht für sinnvoll, dass sich ein neuer Investor mit einem ähnlichen Angebot wie Kaufhof ansiedelt, um den Leerstand zu verhindern. „Damit alleine scheint sich nach unserer Auffassung jedoch keine dauerhafte Lösung abzuzeichnen. Ein frisches Konzept, abgestimmt auf den Bedarf in unserer Stadt, wird dazu gefragt sein“, ergänzt Linz und fordert, dass sich die Wirtschaftsförderung unverzüglich mit möglichen Investoren und der Eigentümerin an einen Tisch setzt.
SPD-Fraktionschef Ludger Hovest äußerte sich empört über die Aussagen von Denkhaus. „Ich halte das für eine Schweinerei“, sagte der Sozialdemokrat. Das „Finanzgeschacher zwischen Investoren“ habe nun fatale Folgen für die Weseler Innenstadt. „Dabei hätte es die Möglichkeit gegeben, den Kaufhof zu erhalten“, meinte Hovest. Stattdessen drohe jetzt ein jahrelanger Leerstand in prominenter Lage, Galeria habe offensichtlich kein Interesse daran, dass es in Wesel weiterhin ein Warenhaus gebe – von wem auch immer es geführt werde. „Die Dummen sind am Ende die Belegschaft.“