Wesel. Die Suche nach Kampfmitteln hat die Arbeiten an der Lippebrücke um Monate zurückgeworfen. Das erste Teilstück wird dadurch etwas später fertig.

Es sieht fast so aus, als hätte Christo die Stadt besucht. Und wieder sein Können als Verpackungskünstler bewiesen. Der riesige Stahlträger an der Rheinbrücke ist nämlich nur noch zu erahnen, fein säuberlich eingepackt in eine dunkelblaue Hülle. Im Innern tragen Bauarbeiter den Korrosionsschutz auf. Später werden die Stahlelemente dann den Verkehr über die neue Lippebrücke für die Südumgehung tragen. Dieser Teil der Arbeiten soll bis Juli fertig sein - bevor zwei riesige Kräne anrücken, um die dann verbundenen Stahlträger auf die Widerlager und Pfeiler zu heben. „Und im Sommer 2025 wollen wir dann die Brücke freigeben“, blickt Stephan Huth, Abteilungsleiter Bau von Straßen NRW, schon auf die Fertigstellung zwischen Rheinbrücke und B8 voraus.

Gut ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, was allerdings an der einer nicht eingeplanten Verzögerung lag. Wie berichtet, waren im Baustellen-Bereich zwei Weltkriegs-Blindgänger vermutet worden. Der Aufwand, sie zu orten und dann zu bergen, war enorm: Letztendlich kam aber lediglich ein Anker und ein Klappstuhl zum Vorschein. „Das hat uns ganz schön zurückgeworfen“, verrät Stephan Huth bei einer Baustellenbesichtigung am Donnerstag. Lieber zeigt der Abteilungsleiter, der für alle Projekte am linken Niederrhein verantwortlich ist, jetzt aber den Baufortschritt. So ist das Widerlager im westlichen Teil gerade fertig geworden. Deshalb wird die Verschalung nun auf die andere Seite der Lippe gebracht, um dort das zweite Widerlager hochzuziehen.

Blick auf den östlichen Teil der Baustelle, wo jetzt das zweite Widerlager gebaut wird. Vorne entsteht einer der Pfeiler.
Blick auf den östlichen Teil der Baustelle, wo jetzt das zweite Widerlager gebaut wird. Vorne entsteht einer der Pfeiler. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Vier dicke Pfeiler tragen die Lippebrücke

Auch ein Pfeiler im westlichen Teil ist schon erkennbar, das Stahlgerippe samt Verschalung hochgezogen. Hoch oben am Rand des Pfeilers, einer von am Ende insgesamt vier, wird erst deutlich, welches Ausmaß der Koloss mal haben wird. Abstandshalter sorgen dafür, dass der Beton auch im Bereich der Außenschicht dick genug ist. „Dadurch ist eine Langlebigkeit garantiert.“ Später wird der acht Meter hohe Koloss wie sein Zwilling komplett im Wasser der Lippe stehen. „Die sind so hoch, weil die Brücke später etwa auf dem Level der bereits bestehenden Lippebrücke sein soll.“ Insgesamt müssen auf dem zwei Kilometer langen Teilstück bis zum Lippeschlößchen knapp 15 Höhenmeter ausgeglichen werden - es wird also von der Niederrheinbrücke bis zur B8 leicht abschüssig.

Stephan Huth begleitet das Projekt als Abteilungsleiter Bau von Straßen NRW.
Stephan Huth begleitet das Projekt als Abteilungsleiter Bau von Straßen NRW. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Das Wetter und die Temperaturen hatten in den vergangenen Wochen keinen Einfluss auf die Bauarbeiten, im eher milden Winter konnte durchgearbeitet werden. Und auch das zwischenzeitliche Hochwasser hatte keine Auswirkungen. „Da hatten wir Glück, das hat uns nicht behindert“, sagt Stephan Huth. „Wir sind im Plan.“ Wenn die Stahlträger mit dem Korrosionsschutz versehen sind, werden sie zu einem Element verschweißt und dann auf die Brückenelemente gehoben. Obendrauf kommt dann noch die Betonschicht für die Fahrbahndecke.

Die nächsten knapp zwei Monate wird an den Widerlagern und den Stahlträgern gearbeitet - und nach dem Aufsetzen nimmt die neue Lippebrücke dann schon konkrete Formen an. „Die Weseler dürften dem Sommer im nächsten Jahr schon gespannt entgegenblicken“, sagt Stephan Huth. „Wir hoffen alle, dass die neue Brücke dann den Verkehr merklich entlastet.“