Wesel. An der Rheinbrücke hat der Bau der Lippebrücke für das erste Teilstück der Südumgehung begonnen. Das passiert in den nächsten Monaten.
Wer auf der B 58 den Rhein überquert, kann es nicht übersehen: Seit einigen Wochen liefern Lastwagen große Stahlteile an, die am Ende der Rheinbrücke auf der Verbindung zur noch fehlenden Lippebrücke zu riesigen Stahlwannen zusammengeschweißt werden.
Nachdem die aufwändige und teure Suche nach vermeintlichen Weltkriegs-Blindgängern am Lippeufer abgeschlossen ist, haben die Arbeiten für die rund 220 Meter lange Lippebrücke der Südumgehung begonnen. Bis Dezember werden tonnenschwere Stahlteile angeliefert, am Rand der Rheinbrücke zusammengesetzt und im Frühjahr auf die bis dahin fertigen Widerlager und Brückenpfeiler installiert.
Die Blindgängersuche war zwar zeitraubend und mit mehr als einer Million Euro Kosten enorm teuer. Noch ist der Zeitplan für das erste Teilstück der Umgehungsstraße B 58n zwischen Rhein und B 8 nicht aus den Fugen geraten, versichert Projektleiter Alexander Schlüter von Straßen NRW: „Aus heutiger Sicht ist die Fertigstellung Anfang 2025 noch möglich.“ Die beiden verdächtigen Metallgegenstände im nassen Boden an der Lippe hatten sich letztendlich als alter Anker und Campingstuhl entpuppt – was leider nicht vorhersehbar war.
Nun bringen polnische Lkw fast täglich neue Teile für den Stahlkörper der Brücke aus dem Werk in Kielce nach Wesel. Insgesamt 36 Stahlbauteile, zwischen 37 und 70 Tonnen schwer, werden angeliefert und auf beiden Seiten des Lippeufers zu so genannten Montageeinheiten zusammengeschweißt. Auf der Westseite, also an der Rheinbrücke, sind schon lange Stahlwannen entstanden, an der Ostseite geht es nach den Herbstferien los. Sie bilden später die Basis für die Stahlverbundbrücke.
Zehn dieser bis zu 185 Tonnen schweren Montageeinheiten bilden später die Lippebrücke – die übrigens, wie Alexander Schlüter erklärt, wie zwei nebeneinanderstehende Brücken konstruiert werden. Sollte das Bauwerk eines Tages sanierungsbedürftig sein, könne eine Fahrbahn abgerissen und die andere währenddessen weiter genutzt werden.
Das sollte nicht so bald notwendig sein: Auf etwa 100 Jahre Nutzungsdauer wird so eine Brücke berechnet, dabei wird auch der zunehmende Verkehr berücksichtigt. Ausschlaggebend für die Statiker sind vor allem die Laster. „Eine Lkw-Überfahrt entspricht 30.000 Pkw-Überfahrten“, sagt Alexander Schlüter zur Belastung für das Bauwerk. Daher sind die Brummis bei der Berechnung maßgeblich.
Brückenteile werden mit riesigem Kran montiert
Die fertigen Stahlbauteile werden erst im Frühjahr auf fahrbaren Plattformen ans Lippeufer gebracht. Im Mai beginnt dann ein spektakulärer Teil des Brückenbaus: Mit einem riesigen Raupenkran werden die Brückenteile an ihren Platz auf den Widerlagern und vier Pfeilern gehievt. Der Kran wird extra aus Belgien angeliefert, weiß Secer Gümüsok von der Bauüberwachung. Nach der Montage wird die Oberfläche der Brücke mit einer Betonschicht für die Fahrbahn versehen, darunter bleibt ein begehbarer Hohlkasten.
Parallel wird der Deich, auf dem die Fahrbahn in Richtung B 8 verlaufen wird, gebaut. Die Freigabe des ersten Teilstücks Anfang 2025 wird ein wichtiges Etappenziel des Großprojekts Südumgehung – wenn nicht noch Ereignisse wie ein starkes Hochwasser die Arbeiten ausbremsen. Erst danach beginnt der Bau der weiteren Strecke in Richtung Hagerstownstraße.