Schermbeck/Hünxe/Bochum. Auch Jahre nach Aufdeckung des Umweltskandals ist nicht klar, wie der Giftmüll in die Tongrube gelangen konnte? Landgericht befragt die Firma.

Am sechsten Verhandlungstag vor dem Bochumer Landgericht gegen den Hauptbeschuldigten im Zusammenhang mit dem Schermbecker Umweltskandal wurde der technischer Geschäftsführer der Hünxer Firma Nottenkämper, Thomas Eckerth, laut Prozessbeobachtern in den Zeugenstand gerufen. Konkret ging es vor allem um die Fragen „Wie sind die Ölpellets in die Abgrabung Mühlenberg gekommen?“ und „Was hat der Angeklagte damit zu tun?“.

Eckerth erklärte, zur Tatzeit sei er auf der „planerischen Seite“ und nicht für die Eingangskontrolle zuständig gewesen. Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts fragte daraufhin, wie man sich allgemein eine Anlieferung in die Tongrube vorstellen müsse. Der Nottenkämper-Geschäftsführer erläuterte, es hätten etwa 17 Abfallschlüsselnummern bestanden, die regelten, was angenommen werden durfte. Bei Ankunft eines Lkw sei dieser zunächst verwogen worden. Stichprobenartig seien nach einem gewissen Raster Proben der angelieferten Abfälle entnommen worden – teilweise direkt an der Waage, teilweise auf der Fläche.

Wenn man zugrunde lege, dass ein Lkw rund 25 Tonnen anliefern würde, könne man bei einem Anlieferungsvolumen von 1000 Tonnen von ungefähr 50 Lkw-Lieferungen pro Tag ausgehen. Auch Tage mit 100 oder 150 Anlieferung seien aber vorgekommen.

„Abfall-Nummern bei jeder Anlieferung kontrolliert“

Der Vorsitzende fragte, nach welchem Schema Stichproben der angelieferten Stoffe entnommen worden seien. Eckerth erklärte, man habe sich in diesem Zusammenhang mit dem Labor und der Aufsichtsbehörde besprochen – eine Probenentnahme alle 1000 bis 2000 Tonnen Anlieferung habe etwa dem gängigen Intervall entsprochen. Vor jeder Lieferung habe man überprüft, ob die jeweilige Abfall-Nummer für die Tongrube passe. Mit unpassender Abfallnummer sei man bei Nottenkämper „nicht auf den Hof“ gekommen.

Nottenkämper-Geschäftsführer Thomas Eckerth (links) erläuterte im April 2022 NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart die Abläufe auf dem Gelände der Hünxer Firma.
Nottenkämper-Geschäftsführer Thomas Eckerth (links) erläuterte im April 2022 NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart die Abläufe auf dem Gelände der Hünxer Firma. © FFS | Gerd Hermann

Nottenkämper überzeugt, die Pellets „nicht ausbuddeln“ zu müssen

Auf die Frage des Richters, welches Ergebnis der Nottenkämper-Geschäftsführer von der laufenden Machbarkeitsstudie nach dem Gutachten zur Gefährdungsabschätzung erwarte, erklärte dieser, er sei davon überzeugt, dass man die Pellets nicht ausbuddeln müsse. Dies sei schon technisch nicht möglich, da man die entsprechenden Verunreinigungen nicht von den anderen Stoffen separieren könne und ein riesiges Gelände betroffen sei. Und Thomas Eckert rechnete vor: Nottenkämper habe für die Aufklärung der Angelegenheit bis heute „siebenstellig bezahlt“.

Fortgesetzt wird das Verfahren wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen gegen den Hauptbeschuldigten vor der 2. Strafkammer am Dienstag, 31. Oktober, um 10 Uhr. In der öffentlichen Verhandlung am Landgericht in Bochum dürfte es dann erneut spannend werden.

Nach NRZ-Informationen soll ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma Nottenkämper aussagen, der im Tatzeitraum für die Kontrollen bei der Anlieferung des Materials verantwortlich war. Vor allem der Gahlener Umweltschutzenverein aber auch viele Bürger erhoffen sich von seiner Befragung Aufklärung darüber, wie der Giftmüll unter falscher Deklaration in die Verfüllung der Abgrabung Mühlenberg gelangen konnte. Spannend wäre zu erfahren, wie die Kontrollen seinerzeit konkret abgelaufen sind.