Wesel. Wesel besitzt fast 6000 Kunstwerke. Die meisten liegen im Depot des Museums und werden nicht öffentlich ausgestellt. Das soll sich ändern.
Mit einer Stadtansicht aus dem 17. Jahrhundert hat die Stadt Wesel erst kürzlich ihre Kunstsammlung erweitert. Das Werk des niederländischen Künstlers Anthonie Janszoon van der Croos hat einen Wert von rund 50.000 Euro und ist nicht der einzige Schatz, den die Stadt nun ihr Eigen nennen darf. Doch die meisten der rund 5850 Werke schlummern (fast) vergessen im Depot des Städtischen Museums.
Am berühmtesten darunter ist sicher die Eidesleistung von Derick Baegert, die erst kürzlich (natürlich als Nachbildung) auf Tour gehen durfte. Als Auftragsarbeit hatte Baegert sie 1493/94 für den damaligen Ratssaal der Stadt angefertigt – sie ist somit nicht nur das älteste Werk im Besitz der Stadt, sondern auch das Werk, das sich am längsten in städtischem Besitz befindet. Und auch die Geusenbecher, die der Stadt im späten 16. Jahrhundert von calvinistischen Glaubensflüchtlingen geschenkt wurden, sind weithin bekannt. Doch was lagert da eigentlich noch alles?
Kunst mit und ohne Wesel-Bezug
Viel Grafik sei darunter, erläutert Museumsleiterin Sarah Heidebroek im Gespräch mit der NRZ, die meisten Schätze stammen aus dem 20. Jahrhundert, „die Kriege sind natürlich einschneidend.“ Nicht immer haben die Werke oder Künstler einen Bezug zu Wesel: „Das geht auch gar nicht“, erklärt Heidebroek weiter. „So viel Kunst, die mit Wesel in Verbindung steht, gibt es nicht.“
Ein niederländisches Blumenstillleben, Öl auf Holz, aus dem 17. Jahrhundert liegt da beispielsweise im Depot. Der Künstler ist nicht bekannt. Wie es in den Besitz der Stadt gekommen ist, allerdings schon: Es stammt aus der Sammlung Kasimir Hagens, einem Kölner Kunstsammler, der der Stadt in den 1960er-Jahren einen beträchtlichen Teil seiner noch beträchtlicheren Sammlung übereignete.
Ebenfalls aus diesem Konvolut stammt eine Skulptur, die Maria mit Kind darstellt und offiziell auf Mitte des 16. Jahrhunderts datiert wird. Diese Zuschreibung hält die Museumsleiterin allerdings für unwahrscheinlich. Denn die Madonna hat eine extrem hohe Stirn – ganz typisch für die Epoche der Gotik, in der sich die Frauen das Haupthaar entsprechend rasiert haben und die im 16. Jahrhundert längst vorbei war.
„Man muss das auch immer kritisch hinterfragen“, erläutert Heidebroek, die erst die zweite Kunsthistorikerin ist, die die städtische Sammlung verwaltet. Schließlich können über eine so lange Zeit auch Übertragungsfehler entstehen.
Depot Wesel: Künstler lebten zum Teil in der Gegend
Eine Variation des gleichen Themas (Maria mit Kind) ist ein rund 500 Jahre jüngeres Werk, das sich ebenfalls unter den Werken in der Weseler Schatzkammer befindet. Fritz Levedag hat es unter dem Titel „MuK“ (Mutter und Kind) 1950 in Öl auf Hartfaserplatte gemalt – ein Jahr bevor er gestorben ist. „Ein Highlight der Sammlung eines Künstlers aus der klassischen Moderne“, erklärt Heidebroek, handelt es sich bei dem Künstler doch um einen Bauhaus-Schüler, der zudem von Klee und Kandinsky beeinflusst wurde. „Er hat versucht, so etwas wie einen neuen Formkanon aufzustellen“, erläutert die Museumsleiterin das Wirken des Mannes, der bis zu seinem Tod mit seiner gräflichen Gemahlin im Schloss Ringenberg gewohnt hatte.
Ebenfalls ganz in die Nähe verschlug es bekanntlich den Künstler Otto Pankok, von dem sich rund 30 Werke in der Weseler Sammlung befinden. Abgesehen von den typischen schwarz-weißen Bildern findet sich darin auch ein Frühwerk – noch mit Farbe.
Kunst in Wesel: Ausstellungen nach Museums-Renovierung
Nun liegen diese Werke schon lange – neben den anderen fast 6000 Bildern und Skulpturen – im gut gesicherten Depot. Doch das soll nicht so bleiben, verspricht Heidebroek. Derzeit wird das Städtische Museum bekanntlich umgebaut und die Museumstechnik aktualisiert. Wenn dieser Umbau fertig ist, der unter anderem einen neuen Zugang zum Museum beinhaltet, sollen diese (fast) vergessenen Kunstschätze den Weselerinnen und Weselern in Ausstellungen präsentiert werden.