Schermbeck/Bochum. Der Angeklagte fehlte unentschuldigt, weshalb der Auftakt sehr kurz ausfiel. Warum das Gericht dennoch von Zwangsmaßnahmen absieht.
Jahrelang hatten viele auf diesen Tag gewartet, mit dem endlich die wichtigste Schuldfrage des Umweltskandals aufgearbeitet werden soll. Doch der Hauptbeschuldigte, ein 61-jähriger Müllmakler, der sich schonmal dem Prozess durch Flucht nach Namibia entzogen hatte, erschien wieder nicht zum Prozessauftakt am Bochumer Landgericht. Deshalb war der erste Verhandlungstag schon nach wenigen Minuten beendet.
Theoretisch hätte man den zurzeit in Mülheim an der Ruhr gemeldeten Angeklagten durch die Polizei abholen lassen können, doch davon sah das Gericht diesmal noch ab. Der Vorsitzende Richter erklärte nach kurzer Erörterung im Gerichtssaal zudem von weiteren Zwangsmaßnahmen – wie die Ausstellung eines Haftbefehls – abzusehen, weil er „ein Missverständnis“ nicht komplett ausschließen wollte. Dies hing mit einem Fax zusammen, das er rund 30 Minuten vor Prozessbeginn von einem der Rechtsanwälte des Angeklagten bekommen habe. Darin habe der Verteidiger geschrieben, er bitte wegen eines „massiven Krankheitsfalls in der Familie“ um ein Aufheben des ersten Verhandlungstages.
Prozess im Umweltskandal: Wer vertritt nun den Angeklagten vor Gericht?
Dies habe er auch dem Angeklagten am Vorabend mitgeteilt. Ein zusätzliche Bemerkung in dem Schreiben sorgte für Verwirrung im Gerichtssaal: In dem Fax sei weiter die Rede davon gewesen, so der Richter, dass der verhinderte Anwalt den Angeklagten nun alleine vertrete. Diese Mitteilung war insofern interessant, weil der zweite Rechtsanwalt des Beschuldigten im Gerichtssaal saß und wartete. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er davon wisse, dass ihm das Mandat entzogen worden sei, verneinte der anwesende Anwalt und gab sich völlig überrascht.
Der Vorsitzende bemerkte, dies sei „schon ungewöhnlich“, doch ohne den Angeklagten könne man nicht anfangen. Das Gericht regte also an, dass die Verteidigungssituation geklärt werden solle, was der anwesende Anwalt auch zusagte. Nach nur sechs Minuten endete der erste von zehn terminierten Verhandlungstagen. Fortgesetzt werden soll der Prozess am kommenden Dienstag, 22. August, um 12 Uhr – in der Hoffnung, dass der Angeklagte dann auch erscheint.