Wesel/Voerde. Wie lange bleibt die Brücke über die Emscher bei Dinslaken gesperrt? Diese Frage beschäftigt derzeit die Deltaport-Häfen in Wesel und Voerde.

Seit mehr als zwei Wochen schaut Andreas Stolte mit sorgenvoller Miene rheinaufwärts. Die bei dem Hochwasser Ende Juni abgesackte Bahnbrücke über die Emscher in Dinslaken stellt die in Wesel ansässige Hafengesellschaft vor massive Probleme. „Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungsmodellen“, sagt der Geschäftsführer von Deltaport. Zwar ist direkt erstmal nur der Hafen Emmelsum in Voerde betroffen, weil er seit dem Absacken der Brücke komplett vom Bahnverkehr abgeschnitten ist. Doch die Hafengesellschaft überlegt nun, welche Rolle der Rhein-Lippe-Hafen und der Stadthafen in Wesel übernehmen könnten, um zumindest einen Teil des Gütertransportes aufzufangen, der normalerweise über Emmelsum abgewickelt wird.

Dass die Walsumbahn, die bis zu dem Drama um die Emscherbrücke ausschließlich für den Güterverkehr genutzt wurde, derzeit nicht betrieben werden kann, bezeichnet Stolte als „signifikanten Einschnitt“ für den Betrieb. Normalerweise werde ein Drittel, der am Hafen Emmelsum umgeschlagenen Güter mit der Bahn weitertransportiert. „Diese Tonnage geht uns jetzt verloren.“ Der Hafen, der am Rhein und am Wesel-Datteln-Kanal liegt, hat einen jährlichen Güterumschlag von zwei Millionen Tonnen.

Emscher-Brücke in Dinslaken: Wie lange dauert die Sperrung der Bahnstrecke?

Die entscheidende Frage für die Hafengesellschaft: Wie lange dauert die Sperrung der Strecke an, bis ein Neubau der Brücke steht? „Wir brauchen erst verlässliche Plandaten von der Bahn, bevor wir über die nächsten Schritte entscheiden“, betont Stolte. Eine der Optionen: Die Verlagerung von Teilen des Schiffsverkehrs in den Weseler Stadthafen. Denn der verfügt ebenfalls über einen Bahnanschluss, der aktuell nur in geringerem Umfang genutzt wird. Die Schienen führen durch das Stadtgebiet zum Bahnhof.

Allerdings ist diese Variante nicht optimal. Denn vom Bahnhof geht es über die Hauptstrecke weiter in Richtung Ruhrgebiet, was bedeutet: Durch den Ausbau der Betuwe-Linie kommt es dort immer wieder zu teilweise mehrwöchigen Sperrungen – und das auch noch in den nächsten Jahren. „Diese Problematik hatten wir bei der Walsumbahn nicht“, sagt Stolte. Hier ging es ohne zusätzlichen Personenverkehr und ohne Sperrungen nach Duisburg oder Oberhausen.

Deltaporthäfen in Voerde und Wesel setzt auf den Bahnanschluss

Eine weitere Möglichkeit, um die nun fehlende Bahnverladung in Emmelsum zu kompensieren, könnte ein Shuttle-Service vom Rhein-Lippe-Hafen bis zum nächsten Zuganschluss sein. Das würde allerdings bedeuten, dass dann deutlich mehr Lastwagen unterwegs sind. Eine Entwicklung, die Andreas Stolte eigentlich nicht will. „Die Sperrung der Brücke ist ein Problem für unsere Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt der Hafen-Chef, denn im Konzept von Deltaport nimmt das Zusammenspiel von Schiff und Schiene eine tragende Rolle ein, um LKW-Verkehre zu vermeiden.

Und angesichts von heißen und trockenen Sommern, von denen es in der Zukunft wohl noch mehr geben wird, könnten die Güterzüge bei extremem Niedrigwasser im Rhein den Weitertransport übernehmen, wenn Schiffe gar nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt fahren könnten. Über solche Notfallpläne wurde im vergangenen Dürresommer bereits nachgedacht bei Deltaport.

Nun hofft Stolte erstmal darauf, dass möglichst schnell Klarheit in Sachen der Emscherbrücke herrscht. Dauert es zu lange, seien Arbeitsplätze in Gefahr. „Alles, was über ein Jahr Sperrung hinausgeht, kann man als kritisch bezeichnen“, betonte der Deltaport-Chef. Am Hafen Emmelsum gebe es 200 Arbeitsplätze, zahlreiche weitere Jobs etwa in Logistik- und Handelsfirmen im Umfeld seien direkt davon abhängig.

Die Emscherbrücke bei Dinslaken ist nach dem starken Hochwasser Ende Juni abgesackt.
Die Emscherbrücke bei Dinslaken ist nach dem starken Hochwasser Ende Juni abgesackt. © FFS | Lars Fröhlich

Nach massiven Regenfällen Ende Juni war ein Deich am Unterlauf der Emscher bei Dinslaken auf Hunderten Metern weggebrochen. Dabei sackte auch die Eisenbahnbrücke ab, über die täglich etwa acht Güterzüge vom und zum Hafen Emmelsum fuhren. Die Bahn will in den nächsten Tagen mit einem sehr großen Kran die 170 Tonnen schwere Stahlkonstruktion der alten Brücke abheben und dann mit dem Neubau beginnen. Wann auf der Strecke wieder Züge fahren können, entscheidet sich nach Angaben der Bahn voraussichtlich Ende Juli.

Weshalb die Emscher-Deiche dem Hochwasser nicht standhielten, wird nach Angaben des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums weiter untersucht. Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hatte unmittelbar nach dem Unwetter gesagt: „Das, was hier an dem Deich passiert, das hätte nicht passieren dürfen. Dieser Deich hätte diesem Hochwasser standhalten müssen.“ Gegenüber dem WDR äußerte sich der Umweltminister kürzlich auch zu den Problemen für den Hafen Emmelsum. „Wir werden natürlich dafür sorgen und sind mit der Bahn im entsprechenden Gespräch, dass eine Ersatz- oder Behelfsbrücke möglichst schnell kommt oder dann ein Neubau sehr, sehr schnell erfolgt, damit der Hafen wieder angebunden werden kann“, erklärte Krischer.

Hintergrund: Diese Unternehmen sind bei Deltaport ansässig

In den drei Deltaport-Häfen in Voerde und Wesel werden jährlich rund vier Millionen Tonnen Güter umgesetzt – davon entfällt gut die Hälfte auf Emmelsum. Zu den ansässigen Unternehmen in dem Zusammenschluss gehören unter anderem Nordfrost, Tanquid, GS Recycling, das Schwerlastterminal Niederrhein, Rhenus Logistik, Imgrund, Hülskens und Trimet Aluminium.