Wesel. Der Rheinpegel in Wesel sinkt weiter. Der Deltaport-Hafen bereitet sich mit einem Notfallplan vor, falls nur noch wenige Schiffe fahren können.
Jeden Tag ein paar Zentimeter: Der Rheinpegel an der Messstelle in Wesel sinkt seit Wochen – und nähert sich so langsam der Ein-Meter-Marke. Am Mittwochmittag stand er bei 1,06 Meter. Ob der Rekord-Niedrigwert von 94 Zentimetern aus dem Oktober 2018 erreicht wird, ist derzeit noch unklar. Laut den kurzfristigen Vorhersagen des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) wird der Pegel in den nächsten Tagen weiter sinken, erst um den 20. August herum könnte er wieder leicht ansteigen. „Der Stand wird vermutlich knapp über oder knapp unter dem Rekordwert landen“, sagt WSA-Sprecher Christian Hellbach.
Normalerweise ist der Wasserpegel im Rhein im Herbst am niedrigsten. „Für August ist der Stand sehr niedrig“, sagt Hellbach. Zum Vergleich: Im bisherigen Rekordjahr 2018 mit einem ebenfalls sehr trockenen Sommer wurden um diese Zeit in Wesel um die 1,45 Meter gemessen. Wie sich die Lage weiterentwickelt, hängt einzig und allein von Niederschlägen ab.
Das Niedrigwasser hat derweil spürbare Auswirkungen auf die Deltaport-Häfen in Wesel (Stadthafen und Rhein-Lippe-Hafen) und Emmelsum. „Die Schiffe können je nach Bauart nur noch ein Viertel bis ein Drittel ihres Ladungsvolumen aufnehmen“, erklärt Deltaport-Geschäftsführer Andreas Stolte. Bedeutet: Damit die transportierte Menge auf einem Niveau bleibt, sind deutlich mehr Schiffe unterwegs. Für den Hafen und die ansässigen Unternehmen bedeutet das einen hohen organisatorischen Aufwand.
Niedrigwasser im Rhein bei Wesel: Die Folgen für den Hafen
Stolte rechnet damit, dass der historische Tiefstand des Rhein-Pegels in Wesel bald erreicht wird. Dass irgendwann gar keine oder nur noch sehr wenige Schiffe auf dem Rhein fahren können, gilt zwar als unwahrscheinlich – ganz ausschließen wollte der Deltaport-Chef das aber im Gespräch mit der Redaktion auch nicht.
Einen Notfallplan hat die Hafengesellschaft jedenfalls schon vorbereitet: Sollte sich die Situation noch deutlich verschlechtern, könnten Schiffe, die aus den Niederlanden kommen und eigentlich weiter in den Süden wollen, ihre Waren am Hafen Emmelsum auf die Bahn umladen – von dort könnten Güterzüge nach Koblenz oder sogar noch weiter bis zu den Terminals am Oberrhein fahren. Getestet wurde das schon. Denn laut Stolte könnte insbesondere die weniger tiefe Rheinsohle ab Duisburg in Richtung Mittelrhein für die Schifffahrt zum Problem werden.
Behördlich eingestellt werden kann die Schifffahrt bei Niedrigwasser – im Gegensatz zum Hochwasser – übrigens nicht. Die Entscheidung, ob der Rhein noch befahrbar ist, liegt bei den einzelnen Schiffsführungen – und hängt unter anderem vom Tiefgang ab. Laut dem Wasser- und Schifffahrtsamt liegt die Wassertiefe für die Schifffahrt derzeit rund um die 2,10 Meter – auf den Pegel in Wesel müssen immer 1,03 Meter drauf gerechnet werden. Geht man von einem Sicherheitsabstand von etwa 30 Zentimetern aus, können derzeit noch Transporter mit einem Tiefgang von 1,80 Meter unterwegs sein.
Wasserwerke Wittenhorst und Stadtwerke Wesel bleiben gelassen
Die Wasserwerke Wittenhorst, die für die Wasserversorgung in Hamminkeln sowie in Teilen von Wesel und Schermbeck zuständig sind, sehen die Folgen der Trockenheit hingegen weiterhin gelassen. „Es ist alles im grünen Bereiche, wir kämpfen hier in der Region nicht mit Wasserknappheit“, sagt der kaufmännische Leiter Kai Stratenwerth. Der Grundwasserstand sei stabil, selbst wenn die Trockenheit noch länger anhält, seien bei der Trinkwasserversorgung keine Engpässe zu erwarten. Grundsätzlich sei der Grundwasserstand am Niederrhein nicht so abhängig von Niederschlägen wie in anderen Regionen.
Was die Wasserwerke außerdem merken: Viele Menschen achten derzeit offenbar besonders darauf, wie viel sie verbrauchen. Laut Stratenwerth liege der Durchschnittsverbrauch derzeit unter dem des Vorjahres. „Ich kann mir vorstellen, dass das mit den Appellen zum Energiesparen zusammenhängt“, meint der kaufmännische Leiter. Nötig sei der Sparzwang bei Wasser jedenfalls nicht.
Die Auswertungen der Stadtwerke Wesel bestätigen diesen Trend: Im heißen Juli wurde sogar weniger Wasser verbraucht als im Wonnemonat Mai. In der Regel laufen die Leitungen vor allem abends auf Hochtouren, was an der Gartenbewässerung liegt, wie Geschäftsführer Rainer Hegmann erläutert. Beim Grundwasser geben die Stadtwerke ebenfalls Entwarnung: „Einen kontinuierlichen und starken Rückgang der für unsere Wassergewinnung relevanten Grundwasserleiter können wir derzeit nicht feststellen“, sagt Hegmann. Das Grundwasser, welches zur Wassergewinnung über die elf Brunnen der Stadtwerke genutzt wird, befindet sich in einer Tiefe zwischen sechs bis neun Metern. Die Stände schwanken nur minimal.