Wesel. Die Stadtverwaltung soll bis 2025 klimaneutral werden. Die erste Treibhausgasbilanz zeigt Erfolge – aber auch, dass die Umsetzung Zeit braucht.

2020 hat der Stadtrat ein ehrgeiziges Ziel beschlossen: Die Weseler Verwaltung soll sich bis 2025 klimaneutral aufstellen, die gesamte Stadt bis 2035. Um Politik und Bürgern zu zeigen, was die Stadt seitdem geschafft hat, legt sie der Politik und den Bürgern erstmals eine Treibhausgasbilanz für 2022 vor. Das Fazit aus dem Zahlenwerk zeigt vor allem zwei Dinge: Mit der Reduktion der CO2-Emissionen um 118 Tonnen (witterungsbereinigt) ist ein Anfang geschafft – aber eine Klimaneutralität ist zum festgelegten Datum nicht erreichbar. Das liegt vor allem an den vielen städtischen Altgebäuden.

„Das Ziel ist sehr ambitioniert“, sagt Bürgermeisterin Ulrike Westkamp bei der Präsentation mit Blick auf das Jahr 2025. Dass es nicht zu schaffen ist, sei schon beim Ratsbeschluss klar gewesen – auch der Politik. „Es geht darum, sich auf den Weg zu machen.“ Gebäudezernent Markus Postulka ergänzt: „Wir wissen jetzt, wo wir stehen und welche Maßnahmen wir ergreifen müssen.“ Die Ersteller der Bilanz haben den jährlichen CO2-Ausstoß bis 2019 zurückgerechnet und mit 2022 verglichen.

Diese Daten fließen in die Weseler Treibhausgasbilanz ein

In ihrer Bilanz konzentriert sich die Verwaltung vor allem auf drei Werte: Die Heizenergie, die elektrische Energie und den Kraftstoffverbrauch – letzteres betrifft vor allem die Feuerwehr. Die so genannte graue Energie – also der CO2-Ausstoß, den etwa die Raumausstattung oder jede gekochte Tasse Kaffee erzeugt hat – ist nicht eingeflossen. „Das wäre sehr komplex“, erklärt Thorsten Hummel, Leiter des Fachbereiches Gebäudeservice. Die städtischen Töchter und der ASG sind nicht in die Bilanz eingerechnet.

Wesel investiert in den kommenden Jahren viel Geld in die Sanierung der Schulen. Dabei geht es auch um die energetische Modernisierung. Hier ein Archivbild von Arbeiten an der Grundschule Fusternberg.
Wesel investiert in den kommenden Jahren viel Geld in die Sanierung der Schulen. Dabei geht es auch um die energetische Modernisierung. Hier ein Archivbild von Arbeiten an der Grundschule Fusternberg. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

In absoluten Zahlen ist der CO2-Ausstoß von 2021 auf 2022 von 3177 auf 2643 Tonnen gesunken. Da die Winter mal wärmer, mal kälter sind, wird dieser Wert „witterungsbereinigt“. Dadurch reduziert sich die CO2-Senkung auf 4,1 Prozent (117 Tonnen). Auf der anderen Seite wurden durch die städtischen Photovoltaikanlagen 2022 mehr als 56 Tonnen Treibhausgas eingespart. 2021 waren es noch 42,8 Tonnen und 2019 18,8 Tonnen. Hier schlägt die Erweiterung der PV-Flächen positiv zu Buche, künftig sollen noch weitere Anlagen hinzukommen.

Nicht alle städtischen Gebäude können klimaneutral werden

Es zeigt sich in der Bilanz auch, so Markus Postulka, dass die meist alten Gebäude für Schule und Sport die größten Treibhausgasproduzenten sind und daher die größte Herausforderung. Allerdings sei auch klar, dass sich die CO2-Bilanz nicht so bald auf Null reduzieren lasse. Beispiel Schulen: Hier werden alle Gebäude sukzessive saniert und beispielsweise mit Eisspeicher- und Wärmepumpenheizungen ausgestattet – doch das dauert mindestens bis 2035. Postulka: „Ziel ist es, Ausstöße möglichst zu reduzieren und den Rest zu kompensieren.“ Das geschieht dann über erworbene Zertifikate. Die Anbieter der Zertifikate tragen dann etwa durch die Anpflanzung eines Waldes zum Klimaschutz bei und die Stadt kann sich diese Werte gutschreiben. Es gehe der Stadt jedoch vorrangig darum, vor Ort Treibhausgase einzusparen, betont Bürgermeisterin Westkamp.

Das ist aber nicht zu 100 Prozent möglich. So zeigt die Bilanz auch, dass in den Coronawintern die Emissionen an den Schulen aufgrund der Lüftungsregeln deutlich gestiegen sind. Die Reduktion der Raumtemperatur in städtischen Gebäuden auf 19 Grad sorgte in diesem Winter dagegen für einen gesunkenen Heizenergieverbrauch um 22,6 Prozent.

Steigende CO2-Emissionswerte in zwei Bereichen in Wesel

An zwei Stellen fallen steigende Emissionswerte auf: So verbrauchte die Feuerwehr von 2019 bis 2022 fast 47 Prozent mehr Kraftstoff. Postulka: „Wir haben jetzt mehr Fahrzeuge, die aber auch gebraucht werden, weil es mehr Einsätze gibt.“ Das betrifft vor allem den Rettungsdienst. In den Flüchtlingsunterkünften ist der CO2-Ausstoß in der gleichen Zeit um 140 Prozent gestiegen – diese Tendenz werde sich weiter fortsetzen, weil die Stadt weitere Unterkünfte für Geflüchtete bereitstellen muss.

Trotzdem bewertet die Stadtspitze die erste Bilanz positiv: Die Treibhausgasemissionen städtischer Gebäude sind insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um 17,8 Prozent gesunken – und das trotz einer Flächenerweiterung um fast 6000 Quadratmetern. Bundesweit seien es nur 5,3 Prozent. „Damit sind wir sehr zufrieden“, so Postulka, der versichert: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Die Treibhausgasbilanz kann auf der städtischen Homepage unter wesel.de/treibhausgas eingesehen werden.