Wesel. Wesel fordert mehr Hilfe vom Land bei der Unterbringung geflüchteter Menschen. Der Sozialdezernent erklärt, welche Probleme es gibt.

Die fehlende Unterstützung bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen wird für die Stadt immer mehr zum Problem und zum Ärgernis: „Das Land muss sich bewegen, um die Kommunen zu entlasten“, fordert Sozialdezernent Rainer Benien angesichts der aktuellen Situation, die er als dramatischer einschätzt als in den Jahren 20215/2016. Was die Kommune vor allem vor Probleme stellt, ist der fehlende Platz. Der Wohnungsmarkt gibt nichts mehr her, Landesunterkünfte fehlen und eine vorausschauende Planung ist für die Kommune schwierig, weil dafür die finanzielle Unterstützung fehlt.

Insgesamt 2423 geflüchtete Personen leben aktuell in Wesel – das sind etwa doppelt so viele wie vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges. Die größte Gruppe sind Menschen aus Syrien (rund 700) und der Ukraine (600) sowie aus Afghanistan, dem Irak oder dem Iran. Gut 400 Personen leben in städtischen Sammelunterkünften – und es werden dringend weitere benötigt, erklärt Rainer Benien.

Unterkünfte für Geflüchtete: Wesel ist bald wieder am Limit

Denn die Stadt rechnet mit weiteren Zuweisungen. Alleine in diesem Monat sind 40 Menschen neu angekommen und in den nächsten Tagen werden weitere 40 Personen erwartet. Die Kapazitäten der Stadt sind damit fast wieder am Limit. Schon im September, als 150 Menschen kamen, waren alle Plätze komplett belegt. Damals bat die Stadt für Oktober um die Zuweisung von lediglich fünf Geflüchteten, um zunächst weitere Plätze schaffen zu können. Die Hansaring-Sporthalle wurde für 70 Personen hergerichtet und ein weiteres Gebäude angemietet, ebenfalls für 70 Menschen. Das alles wird nicht lange reichen: „Im Januar werden wir wieder voll sein“, weiß der Sozialdezernent.

Bei der weiteren Planung werde die Stadt aber von fehlender Unterstützung durch das Land ausgebremst. Denn Kosten für das Vorhalten von Unterkünften werden nicht übernommen. Das bedeutet, dass Wesel nicht schon vorausschauend Räume oder Container mieten kann, um vorbereitet zu sein. Die Stadt werde aber künftig etwa eine mittelgroße Unterkunft für 50 bis 80 Menschen pro Monat einrichten müssen, wenn die Zuweisungszahlen auf dem aktuellen Niveau bleiben.

Flüchtlingsunterkunft in alten Finanzamt: Stadt wartet immer noch auf Antwort

Container sind derzeit teuer, weil sie überall benötigt werden und die Kommunen um die flexiblen Wohnräume konkurrieren. „Besser wäre es“, so Benien, „wenn das Land die Container zentral beschaffen würde.“ Er wünscht sich auch, dass die NRW-Regierung mehr Landesunterkünfte einrichtet, um die Kommunen zu entlasten. Derzeit gibt es etwas mehr als 26.000 solcher Plätze, es sollen bis Frühjahr 34.000 werden. Im Jahr 2016/17 waren es noch 70.000 Plätze.

Dabei stößt es der Stadt auch sauer auf, dass sich das Land an anderer Stelle nicht rührt: Seit September wartet die Kommune auf eine Antwort auf ein Schreiben an Ministerpräsident Hendrik Wüst. Darin geht es um das ehemalige Finanzamt an der Ritterstraße, das Wesel gerne für 70 bis 90 geflüchtete Menschen nutzen möchte. Das leerstehende Gebäude gehört dem Land. Das Schreiben ist an das Ministerium von Josefine Paul weitergeleitet worden, das unter anderem für Geflüchtete zuständig ist – bisher ohne Reaktion. Derweil werden der Stadt weitere Menschen zugewiesen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Zahlen erst einmal hoch bleiben“, so Benien. Weitere Sporthallen möchte die Stadt aber nicht in Notunterkünfte umwandeln. Bleibt nur die Hoffnung auf eine baldige Antwort aus Düsseldorf...

Wesel plant für 2023 höhere Ausgaben für Flüchtlings-Unterkünfte ein

Neben der Schaffung von Wohnraum für geflüchtete Menschen sind auch die Kosten ein Thema, bei dem sich die Stadt mehr Unterstützung von Bund und Land wünscht. Für 2022 hatte Wesel Ausgaben in Höhe zwei Millionen Euro für die Bewirtschaftung von Unterkünften eingeplant und musste die Summe im November noch einmal um 920.000 Euro nach oben korrigieren. Für 2023 werden bisher insgesamt 4,3 Millionen Euro eingeplant. Dies werde nicht kostendeckend refinanziert. Auch die Tatsache, dass die Folgekosten für den Ukraine-Krieg vom Haushalt isoliert verbucht werden können, hilft der Stadt nicht wirklich: Irgendwann muss die Summe bezahlt werden. Benien: „Das belastet künftige Generationen.“