Wesel. An der zukünftigen Südumgehung wird der Bau der neuen Lippebrücke vorbereitet. Zwei mögliche Weltkriegs-Blindgänger sorgen aktuell für Probleme.
Wer in letzter Zeit über die Rheinbrücke gefahren ist, hat es schon gesehen: An der zukünftigen Südumgehung haben die Bauarbeiten begonnen für die neue Lippebrücke. In zwei Jahren soll das erste Teilstück zwischen Niederrheinbrücke und B 8 befahrbar sein, das 224 Meter lange Bauwerk über den Fluss ist ein zentraler Abschnitt auf der Strecke. Doch zunächst gilt es, ein Problem aus dem Weg zu räumen: Wie so oft bei Bauprojekten in Wesel werden Weltkriegs-Blindgänger unter der Erde vermutet. Zwei Verdachtsfälle gibt es. Einer davon befindet sich nahe der Rheinbrücke, wie Andreas Kunert, bei Straßen NRW zuständig für die Bauüberwachung, berichtet. Sie liegen so ungünstig, dass aufwendige Maßnahmen notwendig sind, um die Funde zu überprüfen.
Einer der vom Kampfmittelräumdienst georteten möglichen Weltkriegsblindgänger liegt in mehreren Metern Tiefe direkt dort, wo das erste Widerlager für die Lippebrücke unweit der Rheinbrücke erstellt werden soll. Der Boden ist so mit Wasser durchtränkt, dass die Fachleute nicht einfach nach dem Metallfund graben können. Zunächst muss ein Spundwandkasten um die Fundstelle gebaut werden, damit der Bereich halbwegs trocken liegt, erklärt Kunert. Am anderen Ende der geplanten Lippebrücke kurz vor dem Lippeglacis gibt es das gleiche Problem - auch hier schlummert Verdächtiges im feuchten Boden.
„Wir hoffen, dass es in den nächsten 14 Tagen geklärt ist“, gibt sich Andreas Kunert optimistisch – zumindest an einer der beiden Stellen, damit die Arbeiten weitergehen können. Sollte es sich wirklich um einen oder zwei Blindgänger handeln, stehen Entschärfungsmaßnahmen an. Der Zeitplan gerät aber – zumindest nach derzeitigem Stand – dadurch nicht in Verzug.
Aktuell ist das Auffälligste auf der Baustelle der meterhohe Mäkler, der 82 Bohrpfähle in den Boden rammt. 18 Meter tief werden die Stahlbewehrungen versenkt und dann mit Beton gefüllt. Auf ihnen ruht das Widerlager später, denn der Boden am Lippeufer ist zu instabil, um dem Gewicht standzuhalten. Damit die Brücke 50 Jahre oder mehr hält, wird jede Betonlieferung vor Ort auf ihre Konsistenz geprüft – ist sie zu fest oder zu flüssig, kann der Beton nicht verwendet werden. Zwei Pfeiler, ebenfalls auf Bohrpfählen errichtet, werden die Brücke zusätzlich tragen. Damit sie auf dem Trockenen gebaut werden können, verengen zwei aufgeschüttete Dämme den Fluss derzeit auf 42 Meter.
Sie werden nach der Fertigstellung wieder beseitigt, versichert Kunert. Die Widerlager und die Pfeiler für die Brücke sind voraussichtlich Anfang 2024 fertig. Dann werden die Stahlbrückenteile angeliefert, vor Ort zusammengeschweißt und in größeren Abschnitten montiert. Dafür muss ein riesiger Kran an der Lippe installiert werden.
Anfang 2025 – so der Plan – kann der Verkehr über das erste Teilstück der Südumgehung rollen. Was allerdings die Arbeiten noch verzögern könnte, wäre ein Hochwasser, jedoch nur „eine gewaltige Welle aus dem Rhein“, so Kunert. In diesem müsste die Baustelle vorübergehend geräumt werden.
Gesamtstrecke der Südumgehung Wesel soll Ende 2028 fertig sein
Allein der Bau der Lippebrücke kostet rund 18 Millionen Euro, mit allen Erd- und Straßenbauarbeiten werden für das erste Teilstück der Südumgehung rund 51 Millionen Euro eingeplant. Im Herbst diesen Jahres beginnen auch die Arbeiten am Damm östlich der B 8 in Richtung Fusternberg. Das insgesamt 3,8 Kilometer lange Gesamtprojekt bis zur B 70 (geplante Kosten: 220 Millionen Euro) soll Ende 2028 fertig sein.
Für Bürgerfragen steht das Baubüro von Straßen NRW (Am Lippeglacis 14-18 in Wesel) mittwochs von 14 bis 15 Uhr offen. Der Kontakt ist auch per Mail unter b58n@strassen.nrw.de möglich.
Eine Bildergalerie von der Baustelle finden Sie hier: