Wesel. Mit mehr regionaler Kultur und dem Fokus auf Familien will das LVR-Niederrheinmuseum in Wesel neue Besucher anlocken. Was alles geplant ist.
Dem LVR-Niederrheinmuseum steht ein Imagewandel bevor. Das Haus, das sich früher besonders auf die preußische Geschichte Wesels fokussiert hat, soll künftig ein Regionalmuseum werden, das sich auf die Entwicklung von Kultur, Natur und Gesellschaft vor Ort konzentriert. Die damit zusammenhängende Neukonzeption der Dauerausstellung hat mittlerweile sehr konkrete Formen angenommen. Wenngleich es sich hierbei noch um einen „Planungsstand“ handelt, zeichnete Corinna Endlich, die das Museum seit rund einem Jahr leitet, nun vor dem Kulturausschuss schon ein sehr farbenfrohes Bild.
Geschichte wird anhand von Erlebnissen erzählt
Auf vier Schwerpunkte soll sich die für 2024 geplante Dauerausstellung konzentrieren: Menschen, Europa, Ideen und Waren. Schon im Foyer soll sie beginnen und zwar mit Inhalten des Geoparks Ruhr zu Erdgeschichte, Naturraum und Naturkunde, die aktuell noch im Museum Eiskeller in Diersfordt beheimatet sind. Dieser Teil wird dann – da im Foyer – gratis zugänglich sein, „in der Hoffnung, wir machen Lust auf mehr“, erklärt Corinna Endlich.
Ein zentrales Thema wird das Leben am Wasser bzw. vom Wasser. Passend dazu schlängelt sich der Rheinstrom durch unterschiedliche, für den Niederrhein wichtige Zeitepochen. „Humanismus und Reformation“ sind dabei, „Absolutismus und Aufklärung“ oder „Nationalsozialismus und Imperialismus“. Nicht einfach chronologisch soll die Geschichte hier abgehandelt werden, sondern anhand von Ereignissen erzählt, erläutert Corinna Endlich: „Sie werden keinen Zeitstrahl mehr bei uns finden.“
Sprache, Bräuche und Kulinarik am Niederrhein
Im Obergeschoss erfolgt dann eine kleine Zäsur, denn auch soll die Dauerausstellung genutzt werden, um „ein bisschen in der Zeit zu bleiben.“ Hier ist zum Beispiel Platz für Biographien, eine Who-is-Who-Wand und – für Einheimische sicher besonders greifbar – Sprache, Kulinarik und Bräuche am Niederrhein: Die Festivalkultur etwa, Schützenbrauchtum, der Karneval oder Martinzüge gehören dazu. „Das wird alles sehr unterhaltsam aufbereitet“, verspricht Corinna Endlich. So sollen Museumsbesucher beispielsweise im Bereich Martinzüge eine riesige Laterne begehen können oder gebastelte Laternen von Schul- und Kindergartenkindern zu sehen bekommen.
„Kultur ist wandelbar, weil die Gesellschaft sich wandelt“, hält Corinna Endlich fest. „Wenn wir da nicht mitmachen, werden wir abgehängt.“ Dazu gehört auch, dass man im Niederrheinmuseum künftig „ganz fokussiert grenzüberschreitend arbeiten“ will: konsequent soll alles nicht nur in deutscher sondern auch in niederländischer Sprache präsentiert werden. Denn die Niederländer sind in den Museen der Grenzregion eine wichtiger Kundenkreis und sollen auch in Wesel als Zielgruppe erschlossen werden.
Barrierefreiheit und Fokus auf Familien
Zudem habe das Niederrheinmuseum bislang eine „Schwäche bei Kitas und Schulen“ – auch sie sollen konkreter angesprochen werden. Kurzum: „Wir möchten ein Familienmuseum werden“, hält Endlich fest. Passend dazu ist bereits für den kommenden Sonntag, 5. März, ein Familientag geplant, den es dann jährlich geben soll. Auch Ferienaktionsprogramm will das Museum bieten und perspektivisch auch die Möglichkeit, Kindergeburtstage hier zu begehen.
Als weitere Komponente nimmt Barrierefreiheit eine besondere Rolle ein: Jeder Bereich der Ausstellung, jedes Exponat und jede Vitrine soll künftig für jeden Besucher erreichbar sein. Dahinter steht einerseits eine grundsätzliche, inklusive Haltung. Zugleich aber auch die Hoffnung auf mehr Besucher: Man wolle „die Barrieren besonders gering halten, damit uns Menschen als Freizeitort wählen“, erläutert Endlich. Denn schon die Lage am Stadtrand sei ein Hemmnis für potenzielle Besucher.
Das aber könnte sich mit der Neukonzeption des Hauses ändern. Künftig wird es wohl eher ein Ort des Erlebens, als ein Ort den puren Anschauens werden. So entfällt etwa der Keller als Ausstellungsfläche – zu energieintensiv wäre es, ihn weiter zu nutzen – allerdings soll hier künftig Forschung ermöglicht werden und sogar ein Escape-Room soll hier einziehen. Auch Tastings mit regionalen Anbietern sind angedacht und noch in diesem Jahr will das Niederrheinmuseum ein Kneipenquiz veranstalten.