Wesel. Die neue Chefin des LVR-Museums will die Weseler für regionale Geschichte begeistern. Großprojekt ist die Konzeption der neuen Dauerausstellung.
Noch keine zwei Wochen sitzt Corinna Endlich auf dem Chefsessel des LVR-Niederrheinmuseums, aber sie fühlt sich schon heimisch und hat viele Ideen für die Zukunft des Hauses. „Ich bin sehr offen und freundlich empfangen worden. Ich freue mich wirklich“, versichert sie. Die Neukonzeption der Dauerausstellung wird direkt zum Einstieg in Wesel ein wichtiges Projekt. Die 51-Jährige Borkenerin will gemeinsam mit ihrem Team Geschichte lebendig und attraktiv präsentieren, Bürger in Workshops beteiligen und auch regionale Partner wie Museen oder Vereine einbinden. Eine Zielgruppe hat sie für das Niederrheinmuseum besonders im Blick: die Familien.
„Ich möchte die Bevölkerung einbinden. Viele Menschen fühlen sich mit dem Museum verbunden“, weiß die Borkenerin. Eine spannende Herausforderung ist für die studierte Archäologin das zukünftige Konzept der Dauerausstellung, die bis 2024 erneuert werden soll. Klar ist: Die Geschichte der „Niederrheinlande“, eine Wortschöpfung aus Niederrhein und Niederlanden, wird eine bedeutende Rolle spielen.
Die Entwicklung des Kulturraumes auf beiden Seiten der heutigen Grenze ist Dreh- und Angelpunkt. Als Vorstandsmitglied in der Bundesvereinigung für deutsch-niederländische Zusammenarbeit ist ihr das Thema vertraut. Was sich ändert, ist der Zeitrahmen, den sich die Ausstellung umspannt: Er wird von der Jungsteinzeit bis zur jüngeren Geschichte reichen.
Das LVR-Niederrheinmuseum soll dreisprachig werden
Ein weiteres Ziel ist es, dass das Museum künftig dreisprachig werden soll: Deutsch, Niederländisch und Englisch. Corinna Endlich und das 12-köpfige Team möchten mit dem zukünftigen Angebot des LVR-Niederrheinmuseums das Interesse der Menschen für die gemeinsame Vergangenheit der beiden Länder wecken: „Geschichte soll klug erzählt erzählt werden.“ Für die jüngeren Besucher soll es Mitmachstationen geben – und das Konzept soll langlebig sein, so ihr Wunsch.
In den verschiedenen Epochen „wollen wir gucken, welche Geschichte am spannendsten ist.“ Der Rhein könnte da eine Rolle spielen, die Hanse, die Kriege, die ihre Spuren hinterlassen haben – und auch Preußen wird im ehemaligen Preußen-Museum weiterhin mit einbezogen. „Wir bleiben auch im Netzwerk der Preußenforschung“, sagt die neue Direktorin.
Sie ist neugierig auf die Anregungen von Bürgern, will Erwartungen von außen mit in die Arbeit einbauen und Kontakte zu anderen Museen nutzen. Neben Familien sollen die Ausstellungen des LVR-Museums zum Beispiel auch Radfahrer, Busgruppen oder Touristen anziehen.
Diese Sonderausstellungen sind 2022 im LVR-Niederrheinmuseum geplant
Dazu gehören auch die wechselnden Sonderausstellungen. Drei verschiedene Präsentationen sind für 2022 geplant: Ab April wird Luftbildfotograf Hans Blossey seine beeindruckenden Bilder der Region aus der Vogelperspektive präsentieren. Einige Fotos sind auch regelmäßig in der NRZ zu sehen. Im September geht es dann mit einer Ausstellung der Weseler Künstlerin Beate Biesemann unter dem Titel „Im Strome“ weiter und ab Ende November dreht sich eine Sonderschau um den MSV Duisburg.
In nächster Zeit geht es aber erst einmal ums Kennenlernen. Die Stadt kennt sie schon von diversen Besuchen, doch auch die Kontakte zu den Menschen vor Ort liegen Corinna Endlich am Herzen. Daher stehen noch einige „Antrittsbesuche“ auf dem Plan. Wichtig ist ihr der Kontakt mit Geschichtsinteressierten in der Region: „Wer ein Anliegen hat“, versichert sie, „kann gerne an mich herantreten.“
Das ist Corinna Endlich: Aus dem Norden an den Niederrhein
Corinna Endlich selbst stammt aus Bremerhaven und hat in Kiel Ur- und Frühgeschichte, Kunstgeschichte und Klassische Archäologie studiert. Anschließend war sie mehrere Jahre im Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg tätig, dann bei der Stiftung der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen beschäftigt. Von dort wechselte sie ins Museum Kult Westmünsterland in Vreden, ein volkskundliches Museum, das sie seit 2014 als Leiterin mit aufgebaut hat. Auf das LVR-Niederrheinmuseum Wesel wurde die 51-Jährige bei einer Online-Konferenz aufmerksam. „Ich habe mir das Haus angesehen und fand den Ansatz interessant.“