Wesel. Einen ersten Vorgeschmack auf die künftige Ausrichtung wird es in diesem Jahr schon geben. Zweisprachige Ausstellungen sind geplant.

Manchmal sieht man Licht hinter den dicken Mauern des ehemaligen Körnermagazins in der Zitadelle. Denn auch, wenn die meisten Mitarbeiter des LVR-Niederrheinmuseums Wesel während der Lockdown-Schließung im Homeoffice sind, gibt es immer wieder etwas vor Ort zu tun. Vor allem die Techniker sind es, die ihre Aufgaben erledigen, aber auch der Chef selbst ist manches Mal da.

Museumsdirektor Dr. Veit Veltzke kommt am liebsten außerhalb der offiziellen Arbeitszeiten. Doch auch sonst sind in den Ausstellungsräumen und Büros nie viele Menschen gleichzeitig. Dafür sorgen intensive Absprachen. Soweit machbar, arbeiten fast alle von zu Hause aus, an dem, was nach der Öffnung des Hauses die Besucher erfreuen soll. Denn auch, wenn nicht klar ist, welche weiteren Einschränkungen die Corona-Pandemie mit sich bringt, hat man erste Termine festgesetzt.

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Als Teil des Projektes „Die Geschichte von Krieg und Freiheit ohne Grenzen“ (Shared History) im Interreg-Programm Deutschland-Niederlande der Europäischen Union schickt das LVR-Niederrheinmuseum Wesel die Wanderausstellung „Shared History on Tour“ auf Reisen. Und es entwickelt als Projektteil „Shared History presented“, die Sonderausstellung „Ein Strom, der uns verbindet: Deutsch-niederländische Geschichte am Rhein“ über die Zeit von 1800 bis 2000.

Ausstellung zur Eisenbahnhistorie

Im Vrijheidsmuseum Groesbeck soll schon im März „Shared History on Tour: Eine deutsch-niederländische Geschichte auf Schienen“ zu sehen sein. Dabei geht es um die Eisenbahnhistorie der Nieder-rheinlande, inklusive 360-Grad-Videos. Ab 10. April soll die Schau dann im Royal Air Force Museum Laarbruch in Weeze Station machen, bevor sie voraussichtlich vom 30. Mai bis 4. Juli im LVR-Nieder-rheinmuseum Wesel zu finden ist.

Die große Rheinflut im Jahr 1809

Mitte September geht es dann mit der Ausstellung rund um den Rhein weiter - von der Epochenwende um 1800 bis an die Schwelle zur Gegenwart. Dabei wird hier in den Weseler Räumen alles durchweg zweisprachig erläutert, fürs geschichtsinteressierte deutsche und niederländische Publikum. „In multimedialen Erlebnisräumen und Objektinszenierungen wird die lange Tradition und das große Potenzial einer gemeinsamen Geschichte vermittelt, an das nach dem 2. Weltkrieg wieder angeknüpft werden konnte“, sagt Veit Veltzke. Dabei erinnert er an das Jahr 1809, als sowohl die Niederlande als auch der Niederrhein von einer großen Flut betroffen war.

 Maire Effertz bei der Rettung der Baumflüchtlinge in Kekerdom. Dabei handelt es sich um ein Gemälde von August Becker von 1876. Es bezieht sich auf das Jahr 1809, als eine der größten Flutkatastrophen weite Teile des Niederrheins und der Niederlande heimsuchte.    
 Maire Effertz bei der Rettung der Baumflüchtlinge in Kekerdom. Dabei handelt es sich um ein Gemälde von August Becker von 1876. Es bezieht sich auf das Jahr 1809, als eine der größten Flutkatastrophen weite Teile des Niederrheins und der Niederlande heimsuchte.    © LVR-Niederrheinmuseum

Der aus einer niederländischen Familie stammende Unterpräfekt in Kleve, Karl Ludwig Baron von Keverberg, ließ der Tochter eines Tagelöhners, Johanna Sebus, ein Denkmal setzen. Und das erstmals für einen Menschen der unteren Volksschichten in den Niederrheinlanden. Johanna Sebus hatte ihre Mutter vor dem Ertrinken gerettet und kam bei dem Versuch, eine Mutter mit ihren Kindern aus den Fluten zu holen, selbst ums Leben. Die Geschichte ist am Niederrhein bekannt, auch im Deichdorfmuseum Bislich wird an sie erinnert.

Rettung von Flutopfern

Keverberg verlieh zudem eine Goldmedaille an den Bürgermeister (Maire) von Niel, das heute zu Kranenburg gehört. Germain Joseph Effertz hatte sich besonders für die Rettung von Flutopfern eingesetzt. Die Medaille wurde vom Direktor des Pariser Louvre, der gleichzeitig führender Kunstpolitiker Napoleons war, entworfen: Vivant Denons.

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Den Weselern verkündete Keverberg übrigens 1808 ihre neue französische Staatsangehörigkeit mit den Worten: „Die Väter des französischen Volkes adoptieren Euch: Der Souverän befiehlt, dass Ihr in die große Familie seiner glücklichen Untertanen aufgenommen werdet…im Namen des größten Monarchen…“

Bis 2022 soll das neue Konzept stehen

All dies zeigt schon ganz gut die Richtung an, die die künftige Dauerausstellung im LVR-Niederrheinmuseum einschlagen wird, erläutert Veltzke. Bereits jetzt sei man gespannt darauf, wie das Angebot inklusive der Zweisprachigkeit ankommt. Denn so könne man Erfahrungen für die Dauerausstellung sammeln. Ende 2021, so der Plan, soll das Museum so weit sein, um mit einem Gestaltungsbüro zusammenzuarbeiten. Die Feinkonzeption des LVR-Hauses würde dann 2022 folgen. Dies seien ehrgeizige Ziele, so Veltzke. „Es ist aber auch eine grandiose Aufgabe“, sagt er.

Ebenfalls in diesem Jahr soll übrigens eine Ausstellung aus dem Jüdischen Museum in Köln übernommen werden. Unter dem Titel „Menschen, Bilder, Orte - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wird auch das niederrheinische Judentum eine Rolle spielen, kündigt Veltzke an. Dazu ist ein Begleitprogramm geplant.

LVR-Niederrheinmuseum ist derzeit geschlossen

Momentan ist das LVR-Niederrheinmuseum Wesel, An der Zitadelle 14, wegen des Corona-Lockdowns geschlossen. Ansonsten hat es dienstags bis sonntags in der Zeit von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Jeden ersten Freitag im Monat kann die Einrichtung bei freiem Eintritt besucht werden.