Wesel. Warum Oberstleutnant Paul und auch Bürgermeisterin Westkamp mit gemischten Gefühlen aufs Jahr 2023 schauen und wie sie zum Ukraine-Krieg stehen.

Oberstleutnant Michael Paul zeigte sich gleich zu Beginn des Neujahrsempfangs es 1st Nato-Signal-Battailions beeindruckt über die Zahl der Gäste im Kasino an der Weseler Schill-Kaserne: „Ich bin überwältigt von der großen Resonanz auf unsere Einladung“, sagte der Standortälteste in seiner Begrüßung und lobte die verlässliche Partnerschaft der Stadt Wesel mit den Soldaten: „Das gibt uns Rückenwind und ist für uns zugleich Motivationsschub.“ Auch das gesamte Umfeld biete der Kaserne eine tolle Umgebung, was die Soldaten sehr zu schätzen wüssten, so der Oberstleutnant, der unter anderem auch Vertreter von Polizei, Feuerwehr, Kreisverwaltung sowie der Schützen und Karnevalisten bei der „bunten Veranstaltung mit Chance zum Austausch“ begrüßte.

Der stellvertretende Leiter der Weseler Feuerwehr Robert Meyboom, Pfarrerin Eva Holthuis und Ernst Joachim Trapp (von links) beim  Neujahresempfang des Standortältesten im Kasino der Schill-Kaserne.
Der stellvertretende Leiter der Weseler Feuerwehr Robert Meyboom, Pfarrerin Eva Holthuis und Ernst Joachim Trapp (von links) beim Neujahresempfang des Standortältesten im Kasino der Schill-Kaserne. © FFS | Markus Joosten

Militärseelsorgerin Eva Holthuis blickte in ihrer Ansprache auf das Jahr 2023 und ermunterte jeden einzelnen, seinen persönlichen „Platz an der Sonne“ nicht aus den Augen zu verlieren – selbst wenn Belastungen, Krisen, Niederlagen und Schicksalsschläge dies erschweren würden. Die Pfarrerin zitierte aus einem Psalm: „Gott sei uns Sonne und Schild.“ Auch sie blickte auf den Ukraine-Krieg und fragte: „Wie weit werden wir noch gehen mit den Waffenlieferungen?“ Diese Frage bewege viele Menschen. Holthuis empfahl „ab und zu den Himmel zu befragen, was Gott wohl dazu sagen würde.“

Den Wandel der Bundeswehr und die Folgen des Ukraine-Krieges thematisierte auch Oberstleutnant Michael Paul: „Viele Jahre war die Bundeswehr fokussiert auf Auslandseinsätze, aber dafür musste sie umstrukturiert werden. Wir lernen jetzt, dass wir im Rahmen des nun wieder bestehenden Krieges in Europa uns aber wieder auf den Kernauftrag fokussieren müssen – auf die Bundes- und Landesverteidigung“ Der Wiederaufbau alter Fähigkeiten werde jedoch Zeit und Geld brauchen. Auch wenn hoffentlich möglichst bald die Waffen schweigen werden, würde die Aufarbeitung dieses Kriegs noch Generationen beschäftigen. Paul erwartet, dass 2023 ein Krisenjahr mit vielen Umbrüchen und großen Herausforderungen werde.

Oberstleutnant Michael Paul begrüßte auch Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp mit ihrem Ehemann Helmut.
Oberstleutnant Michael Paul begrüßte auch Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp mit ihrem Ehemann Helmut. © FFS | Markus Joosten

Bürgermeisterin Ulrike Westkamp hielt eine emotionale Rede, in der sie daran erinnerte, dass Deutschland seit Jahrzehnten in Frieden lebe: „Krieg war lange Zeit für viele Menschen in unserer Gesellschaft lediglich eine Randerscheinung. Wer selbst nicht diente oder Angehörige in der Armee hatte, erlebte Krieg höchstens vor dem Bildschirm.“ Doch seit den ersten großen Flüchtlingswellen habe sich dies geändert: „Die Menschen auf dem Bildschirmen kamen plötzlich zu uns. Sie flohen vor dem Krieg in ihrer Heimat.“

Bürgermeisterin spricht über Kriegsängste

Trotzdem habe man in Deutschland nie flächendeckend eine Kriegsangst gespürt: „Man wägte sich in Sicherheit: Die Amerikaner, die Nato - die machen da schon“, so Westkamp. Die fehlende Bereitschaft in die eigenen Streitkräfte zu investieren, würden wir heute sehen und spüren: „Fehlende Ausrüstung, fehlendes Personal, ein massiver Investitionsstau und vor allem ein sinnloser russischer Angriffskrieg in der Ukraine.“

Statt sich jetzt dem Schicksal zu geben, passiere aber glücklicherweise genau das Gegenteil: „Wir stellen fest, dass sich viele Menschen in Wesel für geflüchtete Menschen engagieren. Statt zu resignieren, wie es der Kreml gehofft hatte, helfen sich die Menschen.“

Stadt und Soldaten stehen Seite an Seite

Ein Krisenstab der Stadt Wesel habe sich erst neulich mit den Verantwortlichen der Kaserne ausgetauscht. „Es ist gut, dass Bundeswehr und Stadt Wesel im Dialog sind und Seite an Seite stehen“, so die Bürgermeisterin, die betonte, dass die Kaserne sowie die Soldaten auch wichtiger gesellschaftlicher Akteur seien. Viele Begegnungen würden zeigen, wie sehr die Menschen in Wesel die Soldaten und den Standort schätzen. „Lassen Sie uns gemeinsam nach vorn blicken“, schloss Westkamp und erntete damit den Applaus der vielen Gäste des Neujahrsempfangs.