Wesel. Michael Paul leitet die Schill-Kaserne und spricht nun darüber, wie sich der Krieg in der Ukraine auf die rund 320 Soldaten in Wesel auswirkt.
Seit gut einen Jahr hat Oberstleutnant Michael Paul mittlerweile in der Weseler Schill-Kaserne das Sagen. Wegen der Corona-Pandemie mussten einige Begegnungen mit der Bevölkerung abgesagt werden, die ansonsten schon gute Tradition geworden sind. Im NRZ-Gespräch äußert sich der Standortälteste zur aktuellen Situation seiner rund 320 Soldaten und auch darüber, was sich seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine hier an der Bocholter Straße verändert hat.
„Ich erlebe in Wesel eine unheimliche Bundeswehrfreundlichkeit“, sagt der Oberstleutnant und verbindet das mit einer großen Portion Dankbarkeit für die „ziemlich gute Resonanz aus der Bevölkerung“. Sehr glücklich sei er darüber, dass die Integration in Wesel gelungen sei. „Das erkenne ich schon an der großen Zahl an Einladungen zur Teilnahme an den verschiedensten Veranstaltungen von Schützenvereinen, von Reservisten-Vereinigungen und von den Karnevalisten wie jetzt beim traditionellen Kasernensturm.“ Aber er spüre diese Wertschätzung beispielsweise auch, wenn er in Uniform durch die Hansestadt laufe.
Wesel als „Visitenkarte“ für Deutschland
Die Führungsfähigkeit der IT-Services im gesamten Nato-Raum stellen die Soldaten hier am Standort sicher – sie sind also ein wichtiger Baustein beim Erhalt der Kommunikation: Unter anderem stellen sicher, dass die Telefonverbindung funktioniert und das Internet läuft. „Zurzeit sind 13 Nationen bei uns vertreten, für manche ist Wesel damit die Visitenkarte für Deutschland“, erläutert der 46-Jährige und denkt dabei beispielsweise an einen Soldaten aus Kanada. „Wir sind ein bunter multinationaler Verband“, ergänzt Michael Paul.
Was Außenstehende sich natürlich fragen: Was ist seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine für die insgesamt 450 Mitarbeiter in der Schill-Kaserne anders geworden? „Organisatorisch hat sich bei uns nichts verändert“, erklärt der Oberstleutnant. „Wir gehen sehr professionell damit um. Aber natürlich spielt der Konflikt in unseren Gesprächen eine Rolle: Das bewegt die Soldaten und das bewegt auch mich.“ Der Standortälteste versichert aber zugleich: „Wir sind gut aufgestellt und gut ausgerüstet.“ Eine verstärkte Beratungs-Nachfrage – beispielsweise durch die Militärseelsorger – habe er bisher nicht erkennen können, so Paul.
„Zum Glück nicht überhastet reagiert“
Wie eine Lösung des bewaffneten Konflikts aussehen könne, wage er nicht vorherzusagen. Doch zu dem Raketeneinschlag in der vergangenen Woche in Polen nahe der ukrainischen Grenze sagt Michael Paul: „Es ist beruhigend zu sehen, wie die Nato darauf reagiert, dass sie nicht überhastet reagiert.“
Der Kommandeur der Weseler Kaserne wohnt eigentlich in der Nähe von Hamburg. Er hat für die drei Jahre bis Oktober 2024, in denen er nach Wesel abgeordnet ist, eine Zweitwohnung in Blumenkamp bezogen. Der 46-Jährige freue sich, dass jetzt – dank der Corona-Lockerungen – wieder mehr Kontakte zu den Weselern möglich sind: Als nächster größerer Austausch ist ein Neujahrsempfang in der Schill-Kaserne geplant, bei dem die Soldaten und Repräsentanten der Weseler Gesellschaft zusammenkommen und ihre gegenseitige Unterstützung festigen.