Wesel. Die Weseler Narren machen es vor, wie man friedlich seine Ziele erreichen kann. Wie sie in der Schill-Kaserne überraschen und ein Zeichen setzen.

Wie einst am Checkpoint Charlie im Jahr 1961 in Berlin standen sich beim traditionellen Kasernensturm am Eingang der Weseler Schill-Kaserne zwei Gruppen gegenüber – nur weniger Meter voneinander entfernt. Hier einige Dutzend Soldaten des 1st Nato Signal Battalion – dort einige hundert Karnevalisten, angeführt vom designierten Weseler Prinzenpaar André I. und Susanne II. Nitsche.

Das Militär hatte sich mit Clownsmasken und Spielzeug-Maschinengewehren bewaffnet, die Jecken vor allem mit Frohsinn, einem Musikkorps sowie mit viel guter Laune. Die Soldaten, teils auch als Piraten verkleidet, versuchten zunächst mit einem Lied die Karnevalisten zu beeindrucken: „Ihr seid nur ein Karnevalsverein“, grölten sie in den Nachthimmel. Darüber konnten die Jecken nur lachen und stimmten gleich mit ein: „Jawohl, wir sind nur ein Karnevalsverein.“

Die Soldaten der Schill-Kasene setzten beim Kasernensturm erstmal auf Abschreckung. Doch lassen sich echte Karnevalisten von solch einem Aufzug wirklich beeindrucken? Wohl eher nicht...
Die Soldaten der Schill-Kasene setzten beim Kasernensturm erstmal auf Abschreckung. Doch lassen sich echte Karnevalisten von solch einem Aufzug wirklich beeindrucken? Wohl eher nicht... © Johannes Kruck

Das Narrenoberhaupt holte ein wenig aus: „1999 im November wurde ich eingezogen stand ich schonmal genau hier vor dem Kasernentor, da war das noch die 3. Raketen-Artillerie-Bataillon 150, und ich wollte gar nicht da rein. Jetzt stehe ich hier 19 Jahre später wieder davor und will hier rein.“ Dann rief er den Soldaten zu: „Schickt mir Euren Anführer raus, wir wollen verhandeln.“

Dann kam es zu einem kurzen verbalen Scharmützel zwischen dem Standortältesten Oberstleutnant Michael Paul und Prinz André. Mit „Helau Weseler Jecken“, wandte sich Paul an das Narrenvolk: „Mir wurde gesagt, hier sind einige, die heute Teil meines Bataillons werden wollen – das ist natürlich was ganz besonderes und ehrt mich natürlich!“ Er forderte die Karnevalisten auf, ihm zu zeigen, was sie dazu befähige, Teil dieses hehren Verbandes zu werden.

Erst Trink-Duell, dann Gastgeschenk

Kein Problem für Prinz André: „Seit einer langen Zeit beherbergen wir in unserem Stadtgebiet schon nationale und internationale Einheiten. Schon weit bevor Ihr mit Eurem Nato Signal Battalion hier angekommen seid, waren die Portugiesen, die Spanier die Franzosen – alle waren sie da und wir haben sie alle gastlich bewirtet und bei uns beherbergt.“ Dann gab es ein großes Lob vom Anführer der Narren mit einer überraschenden Ankündigung: „Ihr leistet derzeit Außergewöhnliches! Und darum wollen wir gar nicht Eure Kaserne stürmen, wir wollen Eure Herzen im Sturm erobern!“ Sein Narrenvolk bringe Leichtigkeit, Freude und Frohsinn mit.

Die Tänzer der Prinzengarde beeindruckten die Soldaten unter anderem mit einem flotten Auftritt vor dem Kasernentor.
Die Tänzer der Prinzengarde beeindruckten die Soldaten unter anderem mit einem flotten Auftritt vor dem Kasernentor. © Johannes Kruck

Davon zeigte sich der Oberstleutnant zwar sichtlich beeindruckt, war aber noch immer ein wenig skeptisch und forderte einen weiteren Beweis. „Ich beweise Ihnen gerne, wie zielsicher und schnell ich bin“, entgegnete der Prinz und zückte zwei Schnäpse. Der oberste Soldat stellte sich dem Trink-Duell und zog gegen das Karnevals-Oberhaupt allerdings klar den Kürzeren.

„Wir sind stolz und dankbar, dass Sie ihre militärische Arbeit bei uns in Wesel haben“, rief der Prinz. Und dann überreichten die Karnevalisten als Gastgeschenk ein riesiges Wandbild mit einer gelben Schleife, als Zeichen der Verbundenheit der Stadt Wesel mit den Soldaten des 1st Nato Signal Battalion.

„Worte, die uns unglaublich gut tun“

„Ich bin tatsächlich gerührt, das ist ein schönes Zeichen für uns alle. Ich sehe gerade, wie meine Kameraden reagieren – das sind Worte, die uns unglaublich gut tun“, entgegnete der höchste Offizier der Schill-Kaserne. Dieser Moment ginge ihm sehr nahe, so Oberstleutnant Paul, der als Dank natürlich den Narren unverzüglich den Weg zum Feiern in der Kaserne frei machte.