Schermbeck. Die Stiftung Lühlerheim überreichte den 35 geflüchteten Menschen auf ihrem Gelände kleine Präsente zu deren kirchlichem Fest.
Jedes Jahr am 6. und 7. Januar feiern Millionen orthodoxer Christen auf der ganzen Welt Weihnachten. 35 von ihnen begehen dieses Fest – allerdings nicht geplant – in Schermbeck-Weselerwald: Denn diese Menschen sind in dem ehemaligen Siemon-Haus der Evangelischen Stiftung Lühlerheim unterkommen, weil sie vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Die Frauen sowie einzelne Männer und auch drei Kinder haben ihre Heimat zurückgelassen und müssen sich um ihre Verwandten und Nachbarn sorgen. Daher ist den Flüchtlingen natürlich nicht so recht nach Feiern zu Mute. Und trotzdem hat sich der Vorstand der Stiftung Lühlerheim entschieden, den Flüchtlingen kleine Präsente und Aufmerksamkeiten zu überreichen – für die Kinder wird in den kommenden Tagen noch Spielzeug nachgereicht.
„Als Zeichen der Wertschätzung“, betont Lühlerheim-Chef Theo Lemken wolle man den Geflüchteten zeigen, dass „wir sie hier willkommen heißen und dass wir für sie Verständnis haben.“ Er brachte den Menschen aus der Ukraine in Begleitung des Caritas-Sozialpädagogen Helge Schreiber einen Präsentkorb sowie einige weitere Süßigkeiten zum Eingang des Hauses, das seit Herbst als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird.
Eine zentrale Weihnachtsfeier gebe es nicht, berichtet Schreiber, die Familien würden aber wohl in ihren Zimmern, eventuell auch mit mehreren Familien zusammen das orthodoxe Weihnachtsfest begehen. Welche Bräuche oder Traditionen sie in Schermbeck anwenden, könne er nicht sagen. Nur soviel: „Ihr Glaube ist den meisten dieser Menschen sehr wichtig.“ Manche Bewohner hätten auch zum Fest ein wenig Dekoration aufgehängt, beispielsweise einen Türkranz mit Blinkeffekten.
Auch der Caritas-Mitarbeiter ist dankbar über die Gaben an die Leute aus der Ukraine: „Wir wollen ihnen ein Stück Normalität zurückgeben.“ Theo Lemken ist sich aber sicher, dass dieses Weihnachtsfest für die Flüchtlinge ein sehr bedrückendes sein wird: „Es ist für sie sicher kein einfacher Tag: Sie sitzen hier zwar in Sicherheit, wären aber sicher lieber zu Hause. Und sie müssen aber um ihre Väter und Opas fürchten, die vom Krieg bedroht sind.“ Lühlerheim-Sozialarbeiter Simon Latzke spricht von einer „Tragödie“, die die Ukrainer nach Schermbeck hat fliehen lassen.
Eine Bereicherung für das Zusammenleben
Für die evangelische Stiftung Lühlerheim seien die neuen Gäste „eine Bereicherung des Zusammenlebens“, betont Lemken, der sogar von einer „Win-Win-Situation“ spricht – auch für die Gemeinde Schermbeck. Für das im vergangenen Sommer leergezogene Gebäude, sei die Flüchtlingsunterbringung „eine gute Folgenutzung“. Doch auch darüber hinaus gebe es viel Positives zu berichten: „Auch unsere Bewohner sind geläutert, weil sie sehen, dass andere völlig unverschuldet in Not geraten sind.“ Und ein russisch-stämmiger Lühlerheim-Bewohner habe bis zum Einzug der Flüchtlinge im Lühlerheim eher der russischen Propaganda Glauben geschenkt, dass es gar keinen Krieg in der Ukraine gebe. Die geflohenen Menschen dann aber in Schermbeck zu sehen, habe ihm die Augen geöffnet. Erfreulich sei, dass auch die Bewohner von ihrem Taschengeld etwas für die 35 Flüchtlinge auf dem Gelände gespendet hätten.
Fürs Frühjahr verspricht sich Lemken „weitere schöne Begegnungen“ zwischen Bewohnern und Flüchtlingen – beispielsweise zu Ostern. Denn schon zum Erntedankfest des Lühlerheims seien viele Flüchtlinge gekommen und hätten sich dazugesetzt und mitgefeiert, obwohl man sich sprachlich quasi gar nicht verständigen könne, schränkt der Lühlerheim-Vorstand ein. Er ergänzt: Mit Blicken und Gesten könne man aber dennoch die Gastfreundschaft vermitteln. Wie schwierig offenbar die ukrainische Sprache ist, verdeutlicht auch Sozialarbeiter Simon Latzke: „Ich habe eine ganzen Vormittag gebraucht, um ,Frohe Weihnachten’ auswendig zu lernen.“
Hoffnung auf Frieden
Bis auf Weiteres könne das ehemaligen Siemon-Haus gerne als vorübergehende Bleibe der Menschen aus der Ukraine genutzt werden, erklärt der Vorstand der Stiftung. Gibt es denn eine Befristung für die Unterkunft? „Nein“, sagt Lemken und betont: „schön wäre es natürlich, wenn das Haus nicht mehr benötigt würde, die Menschen wieder in ihre Heimat zurückkehren können und dort endlich wieder Frieden einkehrt.“ Ein Wunsch, der auch für die Flüchtlinge viel wichtiger sein dürfte, als die allerdings nette Geste der Präsente zu ihrem orthodoxen Weihnachtsfest.