Schermbeck. Für fast 4,3 Millionen Euro entstand in den vergangenen vier Jahren ein Neubau mit 35 Appartements auf dem Stiftungs-Gelände in Weselerwald.

Sichtlich stolz blickt Theo Lemken auf den schmucken dreistöckigen Neubau „mitten im Dorf“, wie es der Vorstand der Evangelischen Siftung Lühlerheim nennt. Die Kolonie Lühlerheim an der Marienthaler Straße mitten in den Feldern des Schermbecker Ortsteils Weselerwald bietet Hilfe für volljährige Wohnungslose oder akut von Wohnungslosigkeit bedrohte Personen. Meist haben die Bewohner mit besonderen sozialen Schwierigkeiten, psychosozialen oder seelischen Problemen und Suchterkrankungen zu kämpfen. Für 35 von ihnen entstand in den vergangenen vier Jahren für knapp 4,3 Millionen Euro das Georg-Siemon-Haus. Der Neubau ersetzt das alte „Siemon-Haus“ aus den 60er Jahren, das rund 100 Meter entfernt nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach.

Schritte in die Selbstständigkeit

Carola Boden, die Abteilungsleiterin Wohnungslosenhilfe im Lühlerheim, betont einen großen Vorteil des neuen Wohnhauses: „Wir können ganz individuell gucken, wie sich der Bewohner entwickelt.“ Stets sei dabei das Ziel im Auge, Schritte in Richtung Selbstständigkeit zu ermöglichen. Zwar seien aktuell rund 30 der Bewohner an das System der Stiftung angebunden, mit Hilfe der Betreuer werde aber Stück für Stück an der Verselbstständigung gearbeitet. Das fängt mit einer kleinen Küchenzeile in den Appartements an und geht weiter über den Waschsalon mit Bügelstation im Untergeschoss bis zur Unterstützung beim Putzen, Aufräumen und Ordnung halten.

Bewohner Holger Bürger gewährte einen Einblick in sein Appartement im Erdgeschoss des neuen Hauses.
Bewohner Holger Bürger gewährte einen Einblick in sein Appartement im Erdgeschoss des neuen Hauses. © NRZ | Johannes Kruck

Der Landschaftsverband Rheinland als überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist Hauptkostenträger der stationären Wohnungslosenhilfe. „Den Eigenanteil von zehn Prozent haben wir aber gerne übernommen“, fügt Lemken hinzu. Der Neubau auf der grünen Wiese habe dem Lühlerheim „optimale Planungsbedingungen“ für ein Wohnhaus (kein Heim!) ermöglicht – dieses folgte dem Normalitätsprinzip „Leben und Wohnen wie andere auch.“ Dass die Kostenobergrenze eingehalten wurde und keine größeren Verzögerungen eintraten, freut den Stiftungs-Vorstand zudem.

Sechs der Appartements sind rollstuhlgerecht

Selbstverständlich wurde das Georg-Siemon-Haus, das nach einem ehemaligen „Hausvater“ der Kolonie Lühlerheim benannt ist, vollständig barrierefrei gebaut – sechs der Appartements sind rollstuhlgerecht gestaltet. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Wohnungen bereits vergeben.

Jedes Appartement bietet den Bewohnern Schutzraum und Rückzugsmöglichkeit, um zunächst zu sich zu kommen, anzukommen und sich der eigenen Lebenssituation bewusst zu werden. Dann gehe es – mit professioneller Hilfe – darum, neuen Mut zu finden und Perspektiven für einen Neuanfang und eine Situationsverbesserung zu entwickeln, betonen Lemken und Boden. Ein selbstständiges Lebens außerhalb der Einrichtung in Weselerwald sei das Fernziel, das neue Georg-Siemon-Haus quasi eine Zwischenstation – eine hochmoderne glücklicherweise.