Schermbeck. Die Organisatoren der Hilfs-Projekte ziehen Bilanz und danken allen, die in irgendeiner Form zur Unterstützung der Ukraine beigetragen haben.

Jetzt dauert der Krieg in der Ukraine bereits volle drei Monate – am 24. Februar griff Putin mit seinen Truppen die Ukraine an. „Zwei Tage später setzten wir unser erstes Posting ab, um unsere Hilfe anzubieten“, erinnert sich Marc Overkämping, der Sprecher einer Gruppe von etwa 15 Schermbecker Freunden, die sich für die Ukraine-Hilfe einsetzen. Er liefert jetzt einen Erfahrungsbericht, um zu zeigen, wie viele Menschen freiwillige Hilfe in jedweder Form geleistet haben.

„Unser erstes spontanes Angebot war, Menschen, die hier einen Anlaufpunkt zur Unterbringung haben, von den ukrainischen Grenzen abzuholen und zu Verwandten und Bekannten zu fahren“, so der Leiter einer Schermbecker Fahrschule und Ratsherr. Schnell sei klar geworden: „Viele liebe Menschen boten umgehend ihre Hilfe in den unterschiedlichsten Formen an.“ Geboten wurden nicht nur Geld und Sachgüter sowie Wohnraum und Zeit – sondern auch ganz viel Vertrauen. „Schnell stand die Frage im Raum, ob das alles zu kurz gedacht ist, wir das Ganze total naiv angehen“, so Overkämping. Die Antwort der Helfer lautete jeweils: „Egal, erstmal machen!“

Die Schermbecker organisierten Hilfsgüter für die Ukraine und liefern sie persönlich bis nach Polen.
Die Schermbecker organisierten Hilfsgüter für die Ukraine und liefern sie persönlich bis nach Polen. © mo

Schließlich stehen da Menschen an der Grenze, vornehmlich Frauen und Kinder. Eine Bekannte aus Warschau verriet, dass auch in Polen schon die ersten Transportfahrten unterwegs waren.

Die Helfer vom Niederrhein übernahmen auf ihrer ersten Fahrt von Marek, einem polnischen Fluchthelfer, eine Frau mit ihrer Tochter und drei Katzen und brachten diese zur Tante nach Mönchengladbach. Der vergleichsweise hohe Aufwand wurde durch deren Dankbarkeit wett gemacht. Die zweite Tour, gut eine Woche später, wurde auch noch mit einem Pkw gefahren. Eine Frau mit zwei Kindern kam sicher bei Verwandten unter.

Kloster mit Franziskanerschwestern

Die dritte Tour war eine ganz entscheidende für den weiteren Ablauf des Vorgehens der Helfer-Gruppe: Bekannte aus Oberhausen und Dorsten planten eine Fahrt und die Schermbecker beteiligten sich mit einem Transporter. Nachdem sich das Ganze vor Ort schwieriger erwies, als von den Planern ursprünglich angenommen, ergab sich ein wunderbarer Kontakt – über die bereits oben erwähnte Bekannte aus Warschau, viel mehr noch über deren Freundin, fanden die Fahrer den Weg zu einem Kloster mit Franziskanerschwestern in Piastów, nahe Warschau.

„Diese Tatsache wirkt auch jetzt noch wie eine göttliche Fügung“, so Marc Overkämping. So hatten die Helfer in den Schwestern nicht nur Abnehmer für unsere Hilfsgüter, sondern auch die deutlich besseren Voraussetzungen, Frauen und Kinder am Bahnhof in Warschau, davon zu überzeugen, dass sie sich in guten Händen befinden würden. Die Deutsch- und Englischkenntnisse der Schwestern waren eine sehr große Hilfe gegen mögliche Sprachbarrieren. Overkämping: „Und was gibt es Vertrauenswürdigeres als eine polnische Nonne?“

Direkter Weg der Güter in die Ukraine

Die Hilfsgüter wurden von den Schwestern in deren Transporter verladen und fanden und finden ihren Weg direkt in die Ukraine. Das ist wiederum der Tatsache zu verdanken, dass eine der Franziskanerinnen unmittelbar vor Kriegsbeginn zu ihren Eltern in die Ukraine fuhr und dort dann auf Grund des Krieges erst einmal blieb. Ihr Einsatz vor Ort gewährleiste nicht nur die Verteilung der Güter, sie schickte den Schermbeckern seitdem auch immer wieder Listen der Dinge, die dringend gebraucht und vor Ort schlecht bis gar nicht zu bekommen sind.

Die polnischen Ordensschwestern nehmen die Spenden in der Nähe von Warschau entgegen.
Die polnischen Ordensschwestern nehmen die Spenden in der Nähe von Warschau entgegen. © mo

Wurden bei den Touren auf dem Rückweg noch Flüchtlinge transportiert, verlagerte sich das in den Folgetouren eher auf die gezielte Hilfe mit entsprechenden Einkäufen. Immer nach den Bedarfslisten der „großartigen Schwestern aus Piastów“, so Overkämping. Die Situation hatte sich dahingehend geändert, dass der Bedarf an Transportfahrten von Flüchtenden immer weniger wurde. Das lag einmal an der Möglichkeit, Züge zu nutzen, aber auch an abgeschnittenen Fluchtwegen und bereits einsetzenden Rückreisen, um mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Wenn man aber beispielsweise einer fast 80-jährigen Frau, die bereits seit vier Tagen zu Fuß auf der Flucht ist und Kindern (teils im Babyalter) das sichere Ankommen ermöglicht, könne von sinnlosem Unterfangen keine Rede sein, so die Ukraine-Helfer.

Hilfe auch für verwundete Soldaten

Zuletzt ging es um den gezielten Einkauf von bestimmten Lebensmitteln, Hygieneartikeln und medizinischem Material. Den Schermbeckern wurde auch klar, wofür beispielsweise Tourniquets (ein Abbindesystem, das den Blutfluss in den Adern staut) gebraucht werden und dass die Schermbecker damit verwundeten Soldaten Material liefert. „Trotz der nachzuvollziehenden Notwendigkeit ein seltsames Gefühl“, so der Sprecher der Helfer-Gruppe.

„Unser Wunsch ist, all jenen, die uns geholfen haben, noch mal in aller Form Danke zu sagen und aufzuzeigen, wie diese Hilfe eingesetzt wurde“, so Marc Overkämping. Die gelte auch für jene, die Geld gespendet haben, durch das das Finanzieren der Fahrten und der Kauf der Artikel erst möglich wurde – wie auch Firmen, die den Helfern Waren geschenkt oder stark reduziert verkauft haben.

Overkämping: „Dank nicht zuletzt den Schwestern in Piastów, die uns mit so viel Wärme und Nächstenliebe nachhaltig beeindruckt haben. Der Krieg läuft weiter und wir sind weiterhin bereit, zu helfen. Wir sind aber auch weiterhin auf Hilfen angewiesen, um das umzusetzen.“