Wesel. Die Zahl der Geflüchteten in Wesel ist drastisch gestiegen. Bei der Unterbringung kommt die Stadt an ihre Grenzen – Unterkünfte werden gesucht.
Die Stadt Wesel gerät bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen an ihre Grenzen. Deren Zahl ist in den vergangenen Woche erneut stark gestiegen, mittlerweile befinden sich rund 2100 Flüchtlinge hier. Darunter sind etwa 600 vom Krieg Vertriebene aus der Ukraine, zuletzt kamen aber auch wieder deutlich mehr Menschen aus anderen Ländern, etwa aus Syrien, Afghanistan oder aus afrikanischen Staaten. „Wir sind jetzt bei dem Stand aus den Jahren 2015/2016“, sagt Sven Coralic von der Stadtverwaltung. „Bei der Unterbringung müssen wir zunehmend kreativ werden.“ Zum Vergleich: Anfang des Jahres waren gut 1000 Geflüchtete weniger in Wesel.
Wenngleich die reinen Zahlen sich schon jetzt auf dem Niveau der letzten großen Flüchtlingskrise befinden, ist die Situation nicht eins zu eins vergleichbar. Denn viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind vor allem in der Anfangsphase des Krieges bei Bekannten oder Verwandten untergekommen, außerdem stellten viele Menschen aus der Hansestadt ihren Wohnraum zur Verfügung. „Dank der Hilfsbereitschaft der Weselerinnen und Weseler konnten wir die Unterbringung lange gut bewerkstelligen“, sagt Coralic.
Doch die Neuankömmlinge stellen die Verwaltung vor immer größere Herausforderungen. Dass in dieser Woche der Umbau der Turnhalle an der Hansaring-Schule in eine Flüchtlingsunterkunft abgeschlossen sein soll, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gut 60 Plätze werden dort entstehen – nur: „Wir wissen nach den Ankündigungen jetzt schon, dass die alle weg sind“, betont der Sprecher.
Auf der Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten schaut sich die Stadt nun Gewerbehalle an, außerdem wird laut über Container nachgedacht, in denen die geflüchteten Menschen eine Bleibe finden könnten. In anderen Kommunen gibt es solche Modelle bereits. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, dann kommen wir nicht drumherum. Die Not ist groß, es gibt keine Denkverbote“, so Coralic.
Geflüchtete: Wesel setzt auf mehr Unterstützung vom Land
Außerdem hat die Verwaltung eine weitere leerstehende Immobilie ins Auge gefasst: Das ehemalige Finanzamt an der Ritterstraße. Es ist allerdings in Besitz des Landes, Bürgermeisterin Ulrike Westkamp hat deshalb in dieser Sache bereits an Ministerpräsident Hendrik Wüst geschrieben. Der Wunsch der Verwaltung: Das Gebäude soll für rund zwei Jahre zur Flüchtlingsunterkunft werden. „Wir sind an einer Grenze angekommen, wo wir uns mehr Unterstützung vom Land erhoffen“, sagt Coralic dazu. Dazu gehöre auch die Forderung, dass die in NRW ankommenden Menschen länger in den Unterkünften des Landes bleiben, um den Kommunen mehr Zeit und Luft bei der Planung zu verschaffen.
Die Stadt lobt weiterhin die große Hilfsbereitschaft in Wesel. Mehr als 100 Wohnungen oder Zimmer sind für die Unterbringung der Ukrainerinnen und Ukrainer angeboten worden. Die sind jetzt allerdings weitgehend belegt, es gibt nur noch vereinzelt neue Meldungen. Glücklicherweise sei es nur selten so, dass Angebote zurückgezogen werden. Coralic: „Es gibt vereinzelt Leute, die merken, dass es nicht um eine Sache von sechs Wochen geht. Aber das ist zu managen.“
Grundsätzlich verläuft die Flüchtlingswelle zumindest bis jetzt deutlich geräuschloser als 2015 ab. Für die Stadtverwaltung liegt das auch daran, dass viele Erfahrungen von damals wieder aufgegriffen werden könnten. Die Absprachen zwischen den Beteiligten laufen viel besser, etwa bei der Beschaffung von Betten, so Coralic. Viele in der damaligen Krise entstandenen Netzwerke gebe es bis heute. Auch mit dem Land sei die Kommunikation gut – auch wenn Wesel und viele andere Kommunen ihren Forderungen an die Landesregierung jetzt mehr Nachdruck verleihen.