Wesel. Drei Berufsmusikerinnen haben sich nach ihrer Flucht aus der Ukraine am Niederrhein kennengelernt. Nun geben sie Konzerte in Wesel.
Dass sich Julia Sokolova, Alexandra Siniakova und Oksana Dondik gefunden haben, ist für die drei Berufsmusikerinnen ein großes Glück. Sie alle lebten und arbeiteten in Kiew bis der Krieg in der Ukraine begann. Obwohl sich ihre Wege schon dort hin und wieder kreuzten, haben sie sich erst am Niederrhein zu einer gemeinsam auftretenden Gruppe, der „Ukrainischen Elegia“ formiert. Am Sonntag, 18 Uhr, geben sie in der Kirche am Lauerhaas ein Konzert.
Ukrainische Musikerinnen spielen in Wesel „Alles über die Liebe“
Es ist bereits das zweite Konzert, dass die drei Ukrainerinnen gemeinsam in Wesel präsentieren. Denn Julia Sokolova (Klavier) lebt mittlerweile hier, ihre Mitstreiterinnen Alexandra Siniakova (Flöte) und Oksana Dondik (Sopran) haben in Borken und Frechen eine neue Bleibe gefunden. Hin und wieder treffen sie sich in der Kirche am Lauerhaas zum gemeinsamen Proben. So auch für das Konzert am kommenden Sonntag. Unter dem Titel „Alles über die Liebe“ werden sie hier sowohl klassische Stücke als auch ukrainisches Liedgut präsentieren.
Das Thema Liebe haben sie ganz bewusst gewählt, wie Julia Sokolova erläutert. „In diesen tragischen Zeiten gibt es so viel Hass. Aber ich denke, dass die Liebe immer noch stärker und wichtiger ist“, erklärt die jetzt in Wesel lebende Pianistin. Und es passt auch deshalb, weil die Ukrainerinnen mit viel Liebe und Herzlichkeit in Deutschland aufgenommen wurden: „Wenn wir über Liebe sprechen, muss ich sagen, dass die Menschen hier absolut erstaunlich sind. Nicht nur die Regierung und die Programme, die uns hier helfen, auch die Einstellung der Menschen. Wir sind einfach unendlich dankbar.“
Musik ist eine große emotionale Unterstützung
Im März dieses Jahres ist Julia Sokolova mit ihrer 87-Jährigen Mutter nach Deutschland gekommen und über Viersen in Wesel gelandet. Dabei hatte sie nur eine Tasche, die wichtigsten Dokumente und Medikamente, einen Mantel und ein Paar Schuhe. „Es musste alles so schnell gehen“, blickt sie zurück. Doch in der Kirche am Lauerhaas hat sie Anschluss und den Kontakt zu anderen Geflüchteten gefunden. Und einen Ort zum Proben – denn ein Klavier konnte die Pianistin natürlich nicht mitbringen.
Dass sie aber auch hier ihrer Leidenschaft, der Musik, nachgehen kann, ist für sie und ihre Musiker-Kolleginnen sehr wichtig. „Wir spielen wirklich gerne. Das ist etwas, was uns sehr hilft, in dieser Zeit zu überleben“, sagt Julia Sokolova. „Ich meine nicht körperlich, sondern geistiges Überleben.“ Und auch für ihre ukrainischen Landsleute, die mittlerweile hier leben, sind Konzerte wie diese eine große emotionale Unterstützung. Das hat die Pianistin schon beim letzten Konzert im Juni gespürt: „Als wir Skoryk gespielt haben, haben sie geweint“, berichtet sie.
Konzert in Wesel ist so facettenreich, wie die Liebe selbst
Gemeint ist die „Melody in A minor“ des ukrainischen Komponisten Myroslaw Skoryk. Sie ist für die Ukrainerinnen und Ukrainer eine Art spirituelle Hymne und wird seit dem Krieg weltweit auf Benefizkonzerten für die Ukraine gespielt. Daher darf sie auch am kommenden Sonntag beim Konzert nicht fehlen.
Denn das Thema Liebe ist facettenreich und kann genauso musikalisch interpretiert werden: „Es kann Liebe zum Mutterland, zur Natur, zum Menschen sein“, so Solokova weiter. „Sie kann verspielt und brillant sein, wie die Musik von Godard und Puccini. Durchdringend und tragisch wie in Norma von Bellini und humorvoll wie in ukrainischen Liedern.“
Das Konzert am kommenden Sonntag ist nicht das einzige Mal, dass die drei Musikerinnen in Wesel zu hören sein werden. Bereits für Sonntag, 23. Oktober, ist ein weiteres in der Martinikirche geplant. Außerdem hat Julia Sokolova schon an anderen Orten in Wesel gespielt, so zuletzt in der vergangenen Woche im Willibrordi-Altenheim. Der Eintritt zum Konzert in der Kirche am Lauerhaas sowie zu dem in der Martinikirche sind jeweils frei. Es wird um eine Spende zugunsten der Ukraine-Hilfe gebeten.