Wesel. Durch den niedrigen Pegel hat die Weseler DLRG zurzeit Probleme mit ihrem Rettungsboot. Die Helfer rufen zu höchster Vorsicht an dem Strom auf.
Auf dem Rhein herrscht derzeit extremes Niedrigwasser. Als die DLRG-Ortsgruppe Wesel am Pegelstand nahe der Rheinbrücke ihr Boot in Position bringt, beträgt der Pegel gerade mal 1,02 Meter. Damit ist die historische Tiefmarke von 94 Zentimetern, die am 24. Oktober 2018 gemessen wurde, nicht mehr weit entfernt.
Dies stellt auch das Team der Weseler Lebensretter vor Herausforderungen bei Einsätzen: „Wir können den Anhänger von unserem Boot an der Einstiegsstelle nicht mehr bis ins Wasser fahren, sondern müssen das Boot mit Kraft ins Wasser schieben“, erzählt Fabian Schmitt, Einsatzleiter und stellvertretender Vorsitzender der Ortsgruppe.
Die Tücken von Vater Rhein
„Eine noch größere Herausforderung ist es derzeit aber, das Schiff wieder an Land zu bekommen. Da müssten wir notfalls einen Kran zur Hilfe nehmen.“ Die DLRG kommt auf dem Rhein beispielsweise zum Einsatz, wenn Personen in Not geraten. Eine der am häufigsten unterschätzten Gefahren des Rheins sind die starken Strömungen – insbesondere solche unter der Wasseroberfläche. In Wesel fließt der Rhein mit einer Geschwindigkeit von bis zu 17,3 Metern pro Sekunde. Die schnelle Geschwindigkeit sorgt auch dafür, dass man sehr schnell in die Flussmitte gezogen werden kann, wo der Rhein nochmals um mehr als einen Meter tiefer ist.
Besonders gut sichtbar wird die schnelle Strömung an Buhnen. Dies sind Aufschüttungen im Wasser, die die Versandung des Rheins verhindern sollen. In den Buhnen wirbelt sich die Wasserströmung zu einem Strudel auf, der an der Wasseroberfläche sichtbar ist. Zudem werde häufig auch unterschätzt, dass das Wasser in Außenkurven schneller fließt als in Innenkurven, berichten die Lebensretter.
Neben der Gewässerströmung stellen auch die Schiffe an sich eine große Gefahr dar. „Das Wasser wird aufgespalten und führt am Schiff vorbei in die Schiffsschraube. Dabei wird eine starke Sogwelle erzeugt“, erläutert Jan Heykamp den Weg des Wassers am Schiff. Die Kapitäne würden es häufig nicht bemerken, wenn in die Schiffsschraube etwas hineingerät. Bei dem derzeitigen Niedrigwasser sei eine weitere Gefahr, dass die Fließgeschwindigkeit im Vergleich zum Normalpegel stark variiert und sich neue Strudel oder Schnellstromstellen bilden können.
Wirkung wie Ebbe und Flut
„Gerade an Buhnen kann es einem schon die Beine wegziehen. Da ist die Wirkung mit Ebbe und Flut vergleichbar“, so Heykamp. Deswegen sei es am Rhein auch schon gefährlich, die Füße am Ufer ins Wasser zu halten. „Der Rhein ist die meist befahrenste Binnenschifffahrtsstraße Europas, vom Verkehrsaufkommen vergleichbar mit der A3“, so Fabian Schmitt. Als er dies sagt, waren an der Rheinbrücke Richtung Niederlande allein sieben große Transportschiffe in Sichtweite. „Man geht ja auch nicht zum Spazieren auf die Autobahn“, vergleicht Schmitt die Gefahren des Schwimmens im Rhein aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der Geschwindigkeit.
Im vergangenen Jahr hatte die DLRG ein erhöhtes Einsatzaufkommen aufgrund zahlreicher Schwimmer im Rhein, die in Not geraten waren. Viele seien in Zeiten geschlossener Freibäder auf den Rhein und andere Gewässer ausgewichen. Am Niederrhein wurden 2021 allein im Rhein eine zweistellige Zahl an ertrunkenen Personen gezählt, die aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeit teils erst in den Niederlanden gefunden wurden. Immer öfter stellen die Retter zudem fest, dass insbesondere Kinder nicht mehr das Schwimmen lernen.
Fabian Schmitt hat für alle, die eine Abkühlung im kühlen Nass suchen, einen wichtigen Ratschlag: „Geht zum Auesee oder zu anderen ausgewiesenen und bewachten Badestellen und nicht in den Rhein!“
Die DLRG in Wesel ist nicht nur für Rettungseinsätze auf dem Rhein zuständig, sondern bewacht in der Zeit vom 15. Mai bis 15. September an Wochenenden (in den Sommerferien täglich) auch die Badestellen des Auesees. Auch Schwimmunterricht und die Ausbildung zum Rettungsschwimmer werden von der DLRG angeboten. Zudem leistet sie auch Hilfe bei Katastrophen. Im vergangenen Jahr waren die Mitglieder aus Wesel auch an der Ahr während der Flutkatastrophe im Einsatz.