Wesel. Die DLRG-Ortsgruppe Wesel half mit 17 Mitgliedern im Hochwassergebiet aus. Für das Team war es ein Einsatz, dessen Verarbeitung dauern dürfte.
Jan Heykamp macht eine kurze Pause, bevor er die Bilder im Kopf in Worte fassen kann. „Ich habe keinen Krieg erlebt, aber ja, so stelle ich mir das vor. Was die Naturgewalten da angerichtet haben, war unfassbar.“ Der Leiter der Verbandskommunikation war mit zahlreichen Mitgliedern im Hochwassergebiet im Einsatz. Erst langsam kann Heykamp die Gedanken sortieren, nur schwer sind die Eindrücke der vergangenen Woche zu verarbeiten. „Nein, einen Einsatz ähnlicher Größenordnung hatten wir bislang noch nicht. So schlimm haben wir es noch nicht erlebt, das macht einem schon schwer zu schaffen.“
Alarmierung am Mittwochabend
Am Mittwochabend gegen 20.30 Uhr war die Weseler DLRG, wie viele Wasserrettungszüge in NRW auch, alarmiert worden. Ganz überraschend kam das nicht, „wir hatten so ein Bauchgefühl“, wie Jan Heykamp verrät. Erster Einsatzort war Solingen, die ganze Nacht durch haben die Weseler viele Menschen aus überschwemmten Häusern evakuiert. Wie in Leichlingen, als Heykamp und sein Team Menschen aus einem brennenden Haus retteten, das mitten in den zweieinhalb Meter hohen Fluten lag. „Wir haben die Bewohner da lebend rausgeholt“, berichtet Jan Heykamp.
Am Donnerstagvormittag ging es für den Trupp aus Wesel Richtung Eschweiler weiter, zwischendurch war mal Zeit, zwei Stunden im DLRG-Wagen zu schlafen, am Ende werden es ganze vier Stunden in zweieinhalb Tagen sein. Auch unweit der Steinbachtalsperre war das Team der Ortsgruppe im Boot unterwegs. „Wenn die Talsperre gebrochen wäre, hätten wir ein paar Minuten Zeit gehabt, uns selbst in Sicherheit zu bringen“, so Heykamp. „Da hat man schon ein bisschen Angst.“ Andererseits habe man wegen des Dauereinsatzes kaum Zeit gehabt, nachzudenken. „Wir waren ja praktisch durchgehend gefragt.“
Erkunden, evakuieren, Menschen retten
Nach dem Tag in Eschweiler und Umgebung ging es in der Nacht von Donnerstag auf Freitag für die DLRG-Helfer weiter Richtung Heimerzheim im Swisttal. Auch da war das Motto: Lage erkunden, evakuieren, Menschen retten. „Gottseidank haben wir keine Toten aus dem Wasser ziehen müssen“, sagt Jan Heykamp. Kollege Sebastian Pooth ist ein Moment im Gedächtnis geblieben: „Wir sind mit dem Boot durch eine Straße gefahren, die komplett im Dunkeln lag. Und dazu die gespenstische Stille.“ Am Freitagabend ging es dann weiter Richtung Erftstadt und Blessem. Da halfen die Weseler - nun mit einem neuen Team - bis Montagabend aus.
In den vergangenen Tagen hieß es dann auch, neben der mentalen Verarbeitung, das Material wieder auf Vordermann zu bringen. Denn es gab bereits eine neue Voralarmierung durch den Landesverband, die Wetterprognosen für das Wochenende sind wieder schlecht. „Wie es insgesamt geklappt hat, kann man nur schwer sagen“, betont Jan Heykamp. Und auch Stefan Scholten räumt ein. „Das ist wie bei einem schweren Unfall. Man kommt in ein absolutes Chaos, in dem man nicht mehr viel ausrichten kann.“
Die interne Manöverkritik ist für kommenden Freitag angesetzt. Wahrscheinlich hat Jan Heykamp da aber auch seelsorgerische Aufgaben vor der Brust.
>>>>>>>>>17 Helferinnen und Helfer im Einsatz>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Im Hochwassergebiet waren für die DLRG-Ortsgruppe Wese insgesamt 17 Helferinnen und Helfer im Einsatz: Sebastian Pooth, Stefan Scholten, Jan Heykamp, Jörg Heykamp, Darwin Meier, Felix Pottgießer, Mike Hoyer, Deborah Schwarze, Nina Ruppert, Lars Geldermann, Karina Dicks, Martin Schönborn, Cornelia Martin, Jens Hemping, Yoshua Pferner, Niclas Evers und Ina Ringhofer. Weitere Informationen rund um die Ortsgruppe und die Einsätze findet man unter https://wesel.dlrg.de oder auf der Facebookseite.