Kreis Wesel/Düsseldorf. Nach der Tötung mehrerer Ponys in Hünxe werden die Rufe nach einem Abschuss lauter. Am Dienstag findet eine Anhörung im NRW-Landtag statt.

Nach der Tötung mehrerer Ponys in Hünxe werden Forderungen lauter, bestimmte Wölfe zum Abschuss freizugeben. „Während die Wölfe in anderen Wolfsgebieten Nordrhein-Westfalens aktuell nur vereinzelt in Erscheinung treten, eskaliert die Situation am Niederrhein“, heißt es in einer Stellungnahme der beiden Landwirtschaftsverbände in NRW für eine am Dienstag geplante Anhörung zum „Wolfsland NRW“ im Landtag.

Die unterschiedliche Situation sei „einzig auf die dort lebenden Wolfsindividuen zurückzuführen“, hieß es weiter. „Unterbleiben hier Konsequenzen, wird die Akzeptanz für den Wolf in betroffenen Gebieten weiter schwinden.“ Schon jetzt sollten „Präventionsmaßnahmen und eine schnelle Entnahme von Wölfen, die trotz Schutzmaßnahmen Weidetiere angreifen oder reißen, zwei Seiten einer Medaille sein“.

Im Wolfsschutzgebiet Wesel-Schermbeck waren auf dem Gebiet der Gemeinde Hünxe innerhalb von zwei Wochen drei Ponys gerissen und ein viertes verletzt worden. Alle Umstände deuteten nach Angaben des Umweltministeriums darauf hin, dass Wölfe die Kleinpferde angegriffen hätten.

Die Wolfspopulation in Deutschland entwickelt sich nach Angaben der Landwirtschaftsverbände „mit rasanter Dynamik“. Geschätzt steige ihr Umfang jährlich um 30 Prozent. Nach Angaben der Wolf-Fachstelle des Bundes (DBBW) wurden in Deutschland zwischen 2016 und 2020 bei 3225 Übergriffen insgesamt 11 666 Nutztiere durch Wölfe getötet, verletzt oder sie gelten seither als vermisst. In NRW wurden demnach in den vergangenen Jahren bei 84 Wolfsübergriffen 248 Nutztiere getötet oder verletzt.

Das NRW-Umweltministerium hat inzwischen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es soll klären, ob ein verhaltensauffälliger Wolf zur „Entnahme“, sprich Abschuss, freigegeben werden muss. Wölfin Gloria, auf deren Konto die meisten Risse im Gebiet Schermbeck gehen sollen, wird vom Ministerium dabei nicht namentlich erwähnt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte eine „Entnahme“ der Wölfin Gloria im Mai noch abgelehnt. Die Förderung von Schutzmaßnahmen gegen den Wolf solle auf Pferde und Kleinpferde ausgeweitet werden, hatte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) angekündigt.

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Ein Vergleich mit Frankreich: Dort dürfen unter streng festgelegten Bedingungen bis zu 19 Prozent der jährlich geschätzten Wölfe „entnommen“ werden. Bei einem Wolfsbestand von 99 Rudeln seien 2020 in Frankreich 110 Wölfe zur Tötung freigegeben worden, so die Landwirtschaftsverbände. In Deutschland gab es nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz 2019/2020 insgesamt 128 Wolfsrudel und keine Tötungen. Auch der Schafzuchtverband NRW sprach sich für ein „aktives Wolfsmanagement nach dem Vorbild Frankreichs“ aus.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Niedersachsen forderte eine neue Einordnung von Wolfspopulationen nach ihrer zahlenmäßigen Größe und räumlichen Ausbreitung sowie eine „realistische Einschätzung“ des Erhaltungszustands, der jährlich wissenschaftlich neu bewertet werden müsse. Der Wolf solle künftig nicht mehr als „streng geschützt“ gelten, sondern nur noch als „bedingt geschützt“.

Landtag NRW: SPD fordert ein Herdenschutzgesetz

Die SPD, die die Anhörung beantragt hatte, forderte von der schwarz-gelben Landesregierung, ein Herdenschutzgesetz zu erarbeiten. Die hohe Zahl der Nutztierrisse durch Wölfe führe zu einer „angespannten Stimmung“ bei den Haltern. Nur ein modernes Herdenschutzgesetz und ein verbessertes Wolfsmanagement könnten Konflikte reduzieren.

Tierhalter können die Förderung von Zaunanlagen zum Schutz ihrer Tiere beantragen. So wurden nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW 2020/21 (Stand: 28.10.21) fast 360 mobile Zäune und 114 feste Elektrozäune beantragt. Außerdem wurden drei Anträge für insgesamt neun Herdenschutzhunde gestellt. Nach Angaben der SPD zeigen die Erfahrungen vor Ort, dass die finanzielle Förderung und Entschädigung unzureichend sei. Ein künftiges Herdenschutzgesetz müsse die Anschaffung und auch den laufenden Unterhalt von Zäunen und Hunden umfassen. (dpa)