An Rhein und Ruhr. Wolfsdebatte: Die SPD in NRW fordert eine Ausweitung des Herdenschutzes – auch für Pferdebesitzer. Bisherige Maßnahmen seien unzureichend.

Die SPD-Fraktion im Landtag fordert die Landesregierung auf, den „Entwurf eines präventiven Herdenschutz,- und Entschädigungskonzepts“ für das Wolfsland NRW zu erarbeiten. „Es ist gut, dass der Wolf wieder heimisch werden soll in Deutschland“, schreibt die SPD-Fraktion in ihrem von NRW-Parteichef Thomas Kutschaty mitgezeichneten Antrag, der am kommenden Dienstag im Umweltausschuss des Landtages thematisiert wird. Als „Gesundheitspolizei“ des Waldes reiße er insbesondere kranke und schwache Tiere und trage zu einem gesunden Tierbestand bei. Der „hohe Schutzstatus“ des Wolfes müsse deshalb zwingend erhalten bleiben. Allerdings stelle die Rückkehr des Wolfes vor allem Weidetierhalterinnen und -halter vor enorme Herausforderungen: „Sie müssen oftmals erhebliche finanzielle wie zeitliche Ressourcen aufbringen, um neben der alltäglichen Arbeit auch den nötigen höheren Schutz ihrer Tiere zu gewährleisten.“

SPD: „Es ist gut, dass der Wolf wieder heimisch werden soll“

Bereits im Sommer hatte die SPD den Antrag formuliert. Nach den jüngsten Pony- und Schafsrissen im Wolfsgebiet Schermbeck bekommt er eine neue Aktualität. „Der Wolf ist in sein ehemaliges Verbreitungsgebiet in Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Wölfe waren früher eine der am weitesten verbreiteten Säugetierarten der Welt. Bis heute ist der Wolf jedoch aus vielen Regionen völlig verschwunden. Erst seit etwa 30 Jahren erholt sich der Bestand aufgrund des hohen Schutzstatus und seit 2000 streift der Wolf auch wieder durch Deutschland. Es ist gut, dass der Wolf wieder heimisch werden soll in Deutschland“, blickt die SPD in die Geschichte. Als “Gesundheitspolizei” des Waldes reiße der Wolf insbesondere kranke und schwache Tiere und trage somit zu einem gesunden Tierbestand bei. „So führte die Ausrottung des Wolfes zu einer Lücke in den eingespielten Wechselbeziehungen des Ökosystems, die sich nun wieder schließen kann. Der hohe Schutzstatus des Wolfes muss deshalb zwingend erhalten bleiben“, meint die SPD-Fraktion.

Nicht außer Acht gelassen werde dürfe aber dabei, „dass die Rückkehr des Wolfes insbesondere die Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter vor enorme Herausforderungen stellt. Sie müssen oftmals erhebliche finanzielle wie zeitliche Ressourcen aufbringen, um neben der alltäglichen Arbeit auch den nötigen höheren Schutz ihrer Tiere zu gewährleisten“, heißt es weiter in dem Antrag. Hier müsse das Land unterstützen. Denn: „Der Wolf soll wieder heimisch werden in Deutschland und Nordrhein-Westfalen“, sagen die Sozialdemokraten. Dies erfordere aber eine transparente Kommunikation, Information sowie eine umfassenden finanziellen Förderung für präventive Schutzmaßnahmen sowie eine auskömmliche Entschädigung im Falle von Schäden durch den Wolf.

Angespannte Stimmung gegenüber dem Wolf

Zwar habe das Land NRW bereits umfangreiche Mittel bereitgestellt und vor einigen Jahren einen Wolfsmanagement-Plan aufgestellt. Auch seien verschiedene Herdenschutz- und Fördermaßnahmen zum Schutz von Schafen, Ziegen und Gehegewild umgesetzt worden. Die Erfahrungen vor Ort zeigten jedoch, dass die bereits vorhandenen Maßnahmen „nicht ausreichend greifen und insbesondere die finanzielle Förderung respektive Entschädigung nur unzureichend ist.“ Die hohe Zahl der Nutztierrisse durch Wölfe führe zur einer angespannten Stimmung der Nutztierhalter gegenüber dem Wolf.

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„Die bisherigen Erfahrungen mit dem Wolf in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern (Beispiel: Brandenburg) müssen in die politische Diskussion eingebracht werden. Nur ein modernes Herdenschutzgesetz und ein verbessertes Wolfsmanagement kann Konflikte reduzieren, damit ein Zusammenleben von Wolf und Mensch gelingen kann“, ist die SPD überzeugt. Sie fordert unter anderem ein Herdeschutzgesetzt und ein neues Wolfsmanagement. Es soll ein Förderkonzept erarbeitet werden, das bereits präventiv greift, bevor die Wölfe zurückgekehrt sind. Zudem müssen „bei der Förderung von Herdenschutzmaßnahmen die Unterscheidung zwischen Haupt- oder Nebenerwerbsbetriebe aufgehoben werden“.

Weitere Eckpunkte in dem Antrag: Im Fall von Rissen sollen lokale Veterinäre miteinbezogen werden können und die Expertise der Landwirtschaftskammern bei der Zaunbegutachtung verstärkt zurate gezogen werden. Ein flächendeckendes Beratungsnetz soll Anwohner sowie Weidetierhalter gleichermaßen informieren und beraten. Hierbei sollten die jeweiligen Landkreise mit in die Planung einbezogen werden. Wolfsberater sollten „hauptamtlich beschäftigt werden“. Und: Neben Schafen, Ziegen und Gehegewild sollen alle potenziellen Beutetiere in die Förderung des Herdenschutzes, die die Anschaffung und den laufenden Unterhalt von Herdenschutzhunden und von wolfsabweisende Zäunen umfassen soll, und auch die Entschädigung aufgenommen werden – also auch Weidetiere wie Rinder, Pferde oder sonstige gehaltene Tiere.

Umweltministerium: „Übergriffe erfüllen uns mit Sorge“

Das Umweltministerium prüft derzeit eine mögliche Ausweitung des Herdenschutzes. Die Ergebnisse eines kürzlich in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten werden in Kürze erwartet. „Die Übergriffe seit Oktober dieses Jahres auf Kleinpferde erfüllen uns mit Sorge“, heißt es im Hause von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser. Man nehme die Ängste der Betroffenen vor Ort sehr ernst, führe Gespräche und prüfe die aktuellen Vorfälle.

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Noch immer steht aber eine abschließende Bestätigung, dass in allen Fällen Wölfe der jüngsten Pony-Risse die Verursacher waren, noch aus. Dass seit den ersten Wolfsangriffen auf Kleinpferde im Kreis Wesel im Oktober vergangenen und Februar dieses Jahres noch keine Ausweitung des Herdenschutzes erfolgt ist, begründet das Ministerium damit, dass das Geschehen im Wolfsgebiet Schermbeck bis dahin „den bundesweiten Erfahrungen“ entsprach. Die bundesweite Schadensstatistik gibt für Weidetiere an, dass Pferde nur zu weniger als einem Prozent der Fälle von Wolfsübergriffen betroffen sind.

Öffnung des Herdenschutzes für Kleinpferde wird vorbereitet

„Dementsprechend wurden die Förderrichtlinien Wolf damals noch nicht für Kleinpferde geöffnet“, begründet das Ministerium. Dies könnte sich zeitnah ändern, wie das Pressesprecher Christian Fronczak auf NRZ-Nachfrage bestätigt: „Damit die Pony-Halter die zusätzliche Last durch Herdenschutzmaßnahmen nicht alleine tragen müssen, bereiten wir aktuell die Öffnung der Förderrichtlinien Wolf auch für Pferde bzw. Kleinpferde für das Wolfsgebiet Schermbeck mit dem Ziel vor, die Prävention gegen den Wolf auch für diese Weidetiere zu fördern.“