Wesel. In Bislich hat sich ein vom Aussterben bedrohter Vogel niedergelassen. Und auch in die Lippe tummelt sich deutlich mehr Leben als vor 50 Jahren.

Zwei positive Beispiele für die Artenvielfalt in Wesel: In Bislich wurde die seltene Grauammer entdeckt und in der Lippe ist die Anzahl der Wasserinsektenarten um das Elffache gestiegen, melden der Kreisverband des Nabu sowie der Lippeverband.

In Bislich-Vahnum sowie in der Nabu-Naturarena ist die seltene Grauammer entdeckt worden. Der Vogel ist in Nordrhein-Westfalen laut der Naturschützer vom Aussterben bedroht. „Das ist eine kleine, ornithologische Sensation“, so Peter Malzbender, Vorstand der Nabu-Kreisgruppe Wesel. Ein Paar habe jetzt nach Jahrzehnten wieder erfolgreich in der Region gebrütet. Und auch auf der Bislicher Insel auf der anderen Rheinseite bei Xanten wurde dieses Jahr zum Brutgebiet für die Tiere. Wie viele Grauammern genau ihre Nester im Kreis Wesel bauen ist aber nicht bekannt.

Intensive Landwirtschaft machte Grauammern das Leben schwer

Grund für den signifikanten Bestandseinbruch der seltenen Vögel ist laut Peter Malzbender die Intensivierung der Landwirtschaft in den letzten fünfzig Jahren: „Dies führte bei fast allen Feldvögeln zu katastrophalen Verlusten.“ Der oftmals massive Einsatz von Pestiziden lasse die Nestlinge verhungern. Zudem stelle die Getreideernte und das frühe Mähen ein Problem für die seltene Vogelart da. „Grauammern brüten verhältnismäßig spät und wird ein Gelege ausgemäht, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass bei dieser Art eine Zweitbrut erfolgt“, so Malzbender.

In Wesel-Bislich haben die beiden Grauammer-Paare jedoch ungestörte, nahrungsreiche Brachen gefunden. Peter Malzbender mahnt dennoch: „Grauammer und viele andere Feldvögel, wie Kiebitz, Feldlerche, Rebhuhn und Co. haben nur eine Überlebenschance, wenn die Landwirtschaft in ganz Europa endlich wirklich nachhaltig und naturverträglich reformiert wird.“

Zahl der Wasserinsekten in der Lippe um das Elffache gestiegen

Auch der Lippeverband mahnt: Der Verlust von Lebensräumen, Belastungen durch Pestizide, Bedrohung durch invasive Arten und der Klimawandel sorgen für ein drastisches Insektensterben. Eine Untersuchung des Lippeverbandes zeige jedoch, dass man gegensteuern kann: Seit den 1970-Jahren habe die Modernisierung von Kläranlagen und Renaturierungen die Wasserqualität der Lippe so deutlich verbessert, dass es heute elfmal so viele Wasserinsektenarten gebe wie noch vor 50 Jahren. Auch die reine Anzahl an Einzeltieren habe erheblich zugenommen, dabei galt die Lippe in den 70ern als nahezu toter Fluss.

In dieser Zeit konnten nur widerstandsfähige Nicht-Insektenarten wie die Wasserassel oder die Gemeine Schnauzenschnecke in der Lippe überleben. Dank des Programms „Lebendige Lippe“ leben heute aber wieder 150 Insektenarten im Fluss.

Investitionen in die Wasserqualität der Lippe haben sich gelohnt

„Die Untersuchung zeigt, dass Investitionen in Maßnahmen zur Steigerung der Gewässergüte lohnenswert sind für Mensch und Natur“, so Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes. Dennoch sei der externe Eintrag an Phosphat und Nitrat in die Gewässer noch immer zu hoch.

Der Lippeverband nennt die Renaturierung der Lippe in Wesel als besonders positives Beispiel: Zwei Jahre nach der Fertigstellung 2014 konnten bereits rund 600 Tier- und 425 Pflanzenarten im Fluss der Aue nachgewiesen werden.