Wesel/Hünxe. . Der Fluss, der in den Rhein mündet, bietet vielen Lebenwesen einen idealen Platz. Auch seltene Libellenarten genießen hier die Natur.

Sie sind faszinierende Geschöpfe, die schon seit jeher mit Gewässern in Verbindung gebracht werden: Libellen. Der Lippeverband kümmert sich um einen geeigneten Lebensraum für die Insekten. Das zeigt Erfolge: Auch in Krudenburg kommt die Prachtlibelle an den Ufern der Lippe nun vor. Die verbesserte Wasserqualität und neue Lebensräume machen es möglich.

„In Deutschland finden wir zwei Prachtlibellen-Arten. In den nächsten Monaten können wir beide Arten bei uns im Lippe-Gebiet entdecken“, weiß die biologisch-technische Assistentin Sylvia Mählmann vom Lippeverband. Häufiger kommt die „Gebänderte Prachtlibelle“ vor, die dunkelblau-grün schillert und auffällig gemusterte Flügel hat. Das Männchen hat eine schwarzblau schillernde Binde, das Weibchen einen weißen Flügelfleck. Daneben gibt es an der Lippe auch die „Blauflügel Prachtlibelle“. Ihre Flüge leuchten auffällig blau – jedenfalls die der Männchen. Weibchen sind dezent braun. Beide Arten werden zirka fünf Zentimeter groß und haben eine Flügelspanne von bis zu sieben Zentimetern.

Libellen sind Flugkünstler

Libellen zählen zu den besten Fliegern unter den Insekten. Die großen Arten erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 15 Metern in der Sekunde. Durch einen „Rüttelflug“ können sie in der Luft stehen und sogar kurze Strecken rückwärts fliegen. Zwei Flügelpaare, die sie unabhängig voneinander bewegen können, machen es möglich.

Die Flugzeit liegt zwischen Mai und September. Die heimischen Prachtlibellen fallen vor allem durch einen gaukelnden Flugstil auf, der an Schmetterlinge erinnert. Die Männchen zeigen ein ausgeprägtes Balzverhalten und verteidigen durch spezielle Schauflüge ihr Revier. Ist erstmal ein Weibchen angelockt, erfolgt das Liebesspiel der Libellen, vereint im so genannten „Paarungsrad“. Dazu umklammert das Männchen mit seinen Hinterleibszangen den Brustbereich des Weibchens. Jetzt müssen sich die Partner kräftig verbiegen – das herzförmige Paarungsrad entsteht.

Das Weibchen geht auf Tauchstation

Zur Eiablage geht das Libellenweibchen auf Tauchstation und legt rund 300 Eier an Unterwasserpflanzen ab. Aus den Eiern schlüpfen nach zirka zwei Monaten die Larven, stabförmig mit sehr langen Beinen. Ihre Entwicklungszeit beträgt je nach Witterung ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit durchlaufen sie mehr als zehn Stadien. Dabei frisst der räuberische Jäger kleine Insektenlarven, Schnecken, Würmer und Flohkrebse. Oder wird selbst gefressen – von Rückenschwimmern, Raubwanzen, Fischen, Eisvögeln und Graureihern.

Ab Mitte Mai durchlaufen die Larven die vollständige Verwandlung zur erwachsenen Libelle. Zum Schlüpfen klettern sie an der Ufervegetation aus dem Wasser – zurück bleibt ihre Hülle. Nach zwei Wochen ist die junge Libelle geschlechtsreif, nach rund vier Wochen endet ihr Leben bereits im Spätsommer.

Blätter als Lande- und Paarungsplätze

„Für Prachtlibellen ist eine gute Wasserqualität mit genügend Sauerstoff genauso wichtig wie ausreichend Sonne. Gewässer, die im Sommer eine Wassertemperatur zwischen 16 und 24 Grad bieten und reich an Wasser- und Röhrichtpflanzen sind, sind als Lebensräume ideal. Besonders aus dem Wasser ragende Blätter sind wichtige Lande- und Paarungsplätze“, beschreibt Sylvia Mählmann den optimalen Lebensraum.

Gewässerbegradigungen, Uferverbau, Verschmutzung durch Düngemittel oder Pestizide gefährden die Libellen. „Im Lippeverbandsgebiet nimmt die Libellenzahl durch die Vielzahl an Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität und der Vielfalt an Gewässerstrukturen kontinuierlich zu“, freut sich die biologisch-technische Assistentin. Immer häufiger werde daher auch die seltenere „Blauflügel Prachtlibelle“ nachgewiesen. Durch das Programm „Lebendige Lippe“ soll sich der längste Fluss in NRW natürlicher entwickeln. Diese Veränderungen erfasst der Lippeverband anhand von Probenahmen entlang der Lippe und ihrer Nebenläufe. Dabei untersuchen die Fachleute regelmäßig insgesamt 431 Kilometer Wasserläufe.

>>>UNVERZICHTBARE ÖKOSYSTEME

Fließgewässer sind die Lebensadern unserer Landschaft. Sie bieten Menschen nicht nur Erholung, sondern sind als Ökosysteme unverzichtbar und schützenswert. Ein Großteil der Wasserlebewesen sind wirbellose Tiere (Makrozoobenthos), die häufig am Boden oder Rand des Gewässers leben. Dazu gehören etwa Wasserinsekten, Krebstiere, Schnecken und Muscheln.

Sie sind ein wichtiger Indikator für die Wasserqualität. Denn nur ein natürliches Gewässer weist eine hohe Anzahl und Vielfalt wirbelloser Tiere auf.