Wesel. . Im Weseler Tierheim sind 65 Hunde aus der Schermbecker Zucht untergekommen – Heimleiterin erlebt turbulente Tage. Noch können die Tier nicht vermittelt werden.

Das Bellen im Weseler Tierheim ist etwas lauter als sonst, die Hundezwinger sind restlos besetzt und auch die frisch renovierten Kaninchenboxen sind mit Maltesern belegt. Für die 65 verwahrlosten Hunde aus dem Schermbecker Zuchtbetrieb arbeitet das Team um Leitern Gabi Wettläufer fast rund um die Uhr.

Als die Tiere ankamen, waren sie in einem „unvorstellbaren“ Zustand, fast alle mussten geschoren werden: „Wir hatten teilweise Tränen in den Augen – und wir sind einiges gewöhnt“, so Wettläufer. Jetzt wohnen die Hunde in größeren Gruppen zusammen, sind mit Hundepullis gegen die Kälte versorgt.

14 Operationen in der nächsten Woche geplant

Mit dem Scheren ist es aber bei vielen Tieren nicht getan: „In der nächsten Woche haben wir 14 Operationen geplant.“

Tierheimleiterin Gabi Wettläufer mit einem Pflegehund.
Tierheimleiterin Gabi Wettläufer mit einem Pflegehund. © Hanna Lohmann

Vor allem die Zähne und Kiefer seien bei vielen Tieren in einem schrecklichen Zustand. Hinzu kommen bei einigen Verhaltensauffälligkeiten: „Gerade die Rüden sind sehr scheu, manche auch sehr unruhig. Den Welpen und Muttertieren geht es etwas besser“, bilanziert die Heimleiterin.

Alle Hunde suchen aber nach wie vor den Schutz der Gruppe, in vielen Zwingern liegen sie eng zusammengekuschelt in ihrem Körbchen: „Ich kann mir im Moment kaum vorstellen, dass eines der Tiere mal ganz alleine leben kann.“

Bis es überhaupt soweit ist, dass die Hunde vermittelt werden können, dauert es wohl noch – Wettläufer rechnet mit einer Wartezeit von mindestens zwei Wochen. Denn erst, wenn das Kreisveterinäramt eine Freigabe erteilt, dürfen die Tiere abgegeben werden.

Hundepullis gegen die Kälte
Hundepullis gegen die Kälte © Hanna Lohmann

Schon jetzt gebe es aber sehr viele Anfragen, gerade für Welpen. Dabei sind die meisten Tiere schon erwachsen: „Ich finde die Entscheidung für einen älteren Hund sogar besser – Welpen will schließlich jeder“, sagt Wettläufer. Etwas ins Hintertreffen geraten bei all dem Trubel andere Notfallhunde: „Dabei freuen die sich genauso über eine Familie“, beklagt sie.

Welle der Hilfsbereitschaft

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Insgesamt ist die Stimmung aber gut, auch wenn dem Team die Arbeit bis zum Hals steht. Dass der Betrieb trotzdem so gut läuft, liegt auch an den ehrenamtlichen Helfern. Mittlerweile sind es so viele, dass Wettläufer die Anfragen koordinieren muss: „Unser Heim ist ja eher klein. 30 Leute können hier nicht arbeiten“, stellt sie fest. Hinzu kommen Hilfspakete aus ganz Deutschland. Teilweise waren es so viele, dass die Paketboten beim Ausladen Hilfe brauchten. „Die Welle der Hilfsbereitschaft hat uns wirklich überrascht“, freut sie sich.

Reeser meldete Zustände im Schermbecker Zuchtbetrieb 

Die unhaltbaren Zustände in der Schermbecker Tierzucht waren für Renate Tomuseit aus Rees nicht neu. Wie berichtet waren dort 270 verwahrloste Hunde kleinerer Rassen, vorwiegend Malteser, von der Veterinärüberwachung des Kreises Wesel beschlagnahmt worden. „Wir hatten schon vor sieben Jahren den Eindruck, dass dort alles verschmutzt und verdreckt ist“, sagte die Reeserin im Rahmen der Aktion NRZ am Telefon.

Damals hatte sie dort ihren Malteser/Yorkshire-Mischling Timmy gekauft. „Mein Mann hat sich damals schon beim Kreisveterinäramt über die Zustände im Zuchtbetrieb beschwert“, erinnert sie sich. „Warum haben sie dann dort überhaupt gekauft?“, waren sie im Gegenzug gefragt worden. „Tja, wenn man ein Tier wirklich will...“, so Renate Tomuseit rückblickend.

Entsprechende Überwachungen der Züchter seitens der Behörde, wusste Renate Tomuseit, seien seinerzeit im Sande verlaufen. Dabei hatten die Tomuseits schon irritiert reagiert, als sie erfuhren, dass die Schermbecker Züchter nicht einmal über eine Wurfbox verfügten. „Man hat uns gesagt, die Welpen kämen in einem Ehebett zur Welt“, so Tomuseit.

Übrigens: Timmy, heute sieben Jahr alt, erwarben die Tomuseits für 500 Euro. 700 Euro zahlten sie später noch mal für Arztrechnungen. „Der Hund war krank, hatte Blut im Stuhl“, so Renate Tomuseit. Regresspflichtig machte das Ehepaar die Züchter nicht. „Wir hatten unterschrieben, gekauft wie gesehen“, so die Hundefreundin aus Rees.