Oberhausen. Vier-Tage-Woche selbst in Industriebetrieben? Die IG Metall wirbt für die neue Arbeitszeit, weil sie Unternehmen angeblich attraktiver macht.
- In vielen Betrieben diskutieren Beschäftigte über die Vier-Tage-Woche.
- Sie bietet den Arbeitnehmern zahlreiche Vorteile, den Arbeitgebern auf den ersten Blick aber vor allem höhere Kosten.
- Doch die IG Metall bewertet das neue Arbeitszeit-Modell so, dass auch die Unternehmen selbst erhebliche Vorteile dadurch haben.
Einige Unternehmen haben sie bereits eingeführt – auch in Oberhausen; in vielen Betrieben mit Nachwuchsmangel wird sie eifrig diskutiert: die Vier-Tage-Woche. Aber taugt sie auch für einen flächendeckenden Ausbau in einer ganzen Branche? Im Oberhausener DGB-Gewerkschaftshaus gab es dazu jetzt dazu spannende Aussagen zu hören.
Zu Gast war der IG-Metall-Bevollmächtigte Jörg Schlüter, der zunächst einmal sehr vorsichtig klar stellte: Das Arbeitszeitmodell steht noch längst nicht auf der Forderungsliste der Gewerkschaft für die nächste Tarifrunde. „Wir hören erst einmal den Belegschaften zu, wie sie die Idee bewerten.“
Pilotprojekte liefern positive Ergebnisse
Nach Worten des Gewerkschafters sprechen aber fünf gute Gründe für eine Vier-Tage-Woche – natürlich aus Gewerkschaftssicht bei vollem Lohnausgleich. Angesichts von Stress und Belastung im Job, fördere kürzeres Arbeiten die Gesundheit, meint Schlüter. „Es bleibt einfach mehr Zeit für Familie und Freizeit, daran ist ja der jungen Generation besonders gelegen. Und damit gewinnt ein Betrieb mit Vier-Tage-Woche an Attraktivität im Kampf um Fachkräfte.“ Zudem profitiere der Umweltschutz, da sich der Berufsverkehr verringere. Und schließlich ergebe sich auch speziell für die Stahlbranche ein Vorteil: Ihr stehe durch den technologischen Wandel ein Stellenabbau bevor, der sich durch kürzere Wochenarbeitszeiten abmildern lasse.
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Um seine Argumente zu untermauern, verwies der örtliche IG-Metall-Chef auf Pilotprojekte aus Großbritannien und Irland. Über 60 Firmen mit insgesamt rund 3500 Beschäftigten haben an der Studie teilgenommen und das Vier-Tage-Modell getestet. Nach jeweils einem halben Jahr fiel die Bilanz sehr positiv aus. Mitarbeiter sprachen von gesteigertem Wohlbefinden, fühlten sich weniger gestresst, die Fälle von Burn-out gingen zurück.
Vorteile für Unternehmen
Und was haben die Firmenleitungen gesagt? Sie waren laut der Darstellung des Gewerkschaftsvertreters ebenso zufrieden, profitierten von gestiegener Produktivität und geringeren Ausgaben für die Gesundheitsvorsorge. Solche Vorteile sind es aus Sicht von Schlüter, die Unternehmen bei einer Kosten-Nutzen-Rechnung in die Waagschale legen sollten. Denn voller Lohnausgleich bei verringerter Stundenzahl bedeute erst einmal, dass auf die Unternehmen unter dem Strich höhere Personalausgaben zukommen. „Das sind in etwa sieben Prozent“, sagte Schlüter. Es gelte aber zu bedenken, dass der Krankenstand abnehme und sich das Leistungsvermögen verbessere.
Zu den wichtigen Bedingungen für eine Vier-Tage-Woche müsse auf jeden Fall eine geringere Stundenzahl gehören, unterstrich ein 59-jähriger Mitarbeiter eines Kfz-Betriebes, der der Einladung zu der Diskussionsrunde gefolgt war. „Ich arbeite im Akkord. Dadurch ist die Belastung enorm hoch.“ An vier Tagen dann jeweils noch zwei Stunden länger bleiben, sei für ihn einfach nicht mehr leistbar.
Diskussionen unter den Beschäftigten
Das sei auch keineswegs das Ziel des Arbeitszeitmodells, erklärte Jörg Schlüter. Es komme darauf an, die Arbeitszeiten auch wirklich zu verringern. Tarife in anderen Branchen, wie beispielsweise die Metall- und Elektroindustrie, bieten nach seinen Worten bereits solche Möglichkeiten.
Jörg Lauer, der an dem Forum in der Reihe „Arbeit und Leben“ teilnahm, ist Vertrauensmann bei ThyssenKrupp. Er berichtete davon, dass unter den Beschäftigten die Debatte über die Vier-Tage-Woche durchaus begonnen habe. Falls es wirklich dazu kommen sollte, werde er, 59 Jahre alt, es aber wohl kaum noch als Beschäftigter erleben. „Da geht noch einige Zeit ins Land“, vermutet er.
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