Oberhausen. Der Oberhausener Aufzugsservice Steck führt die Vier-Tage-Woche ein. Das Team hat es vorgeschlagen, der Chef hat akzeptiert – aus guten Gründen.
- Der Oberhausener Betrieb Aufzugsservice Steck führt die vier-Tage-Woche ein
- Die Mitarbeiter arbeiten weniger, erhalten aber das gleiche Gehalt
- Der Chef freut sich über ein motiviertes Team und setzt Anreize für Nachwuchs-Kräfte
Lieber Chef, wir haben uns da was überlegt: Wir arbeiten einfach weniger, du zahlst uns aber weiter den vollen Lohn. So manch ein Arbeitgeber würde wohl die Stirn runzeln. Nicht so Markus Steck. Statt seine Mitarbeiter für verrückt zu erklären, hat er sich ihren Vorschlag nicht nur angehört, sondern ihn auch angenommen. Und so gilt bei der Oberhausener Aufzugsfirma Steck nun die Vier-Tage-Woche. >>> Zum Thema: Gewerkschaft wirbt mit fünf Gründen für die vier-Tage-Woche
Die Mitarbeiter verdienen dabei genau so viel wie vorher. Doch statt 40 arbeiten sie bei einer Vollzeit-Stelle nun 36 Stunden in der Woche. Freitags haben sie frei, ein Notdienst hält die Stellung. Überlegt hätten sie sich den Vorschlag nicht etwa, weil sie lieber auf der faulen Haut liegen statt Aufzüge zu warten und zu reparieren, sagt Sven Wagner, einer von derzeit zehn Mitarbeitern im Betrieb. „Der Fachkräftemangel trifft auch uns, wir brauchen neue Mitarbeiter und können mit der Vier-Tage-Woche geeignete Kandidaten locken.“ >>> Lesen Sie auch: Vier-Tage-Woche: Idee kommt in Oberhausen langsam an
Arbeitskräfte fehlen: Bewerber dennoch unmotiviert
Von denen gab es in letzter Zeit in der Tat wenig, erzählt Julia Steck, die mit ihrem Mann das Unternehmen führt. Zu viele Bewerber seien unmotiviert und unzuverlässig, zeigten kaum Interesse daran, sich für eine Stelle ins Zeug zu legen. Das soll sich ändern. „Hat das Team mehr Freizeit, steigt die Motivation“, ist Markus Steck überzeugt. Er beobachte etwa auch eine höhere Bereitschaft, im Notfall Überstunden zu machen – die später selbstverständlich ausgeglichen werden. >>> Hintergrund: Wie Oberhausen den Fachkräftemangel bekämpft
Eine Studie aus Großbritannien gibt Steck Recht: Ein halbes Jahr lang wurden dort Betriebe in der Vier-Tage-Woche wissenschaftlich begleitet. Laut Forschern der Universität Cambridge war der Effekt meist positiv: Die Produktivität wurde im Durchschnitt gesteigert, die Mitarbeiter meldeten sich weniger krank, die Zahl der Kündigungen ging zurück. Vier von zehn Beschäftigten gaben nach dem Projekt an, weniger gestresst zu sein. Das Wohlbefinden der Arbeitnehmer ist nachweislich gestiegen.
Wobei es dem Steck-Team an Wohlbefinden nicht zu mangeln scheint. Wir treffen Markus und Julia Steck mit ihrem Mitarbeiter Sven Wagner im Rathaus. Seit fünf Jahren wartet der Betrieb nun schon den historischen Paternoster in dem alten Gemäuer. Und so wie in der obersten Rathaus-Etage Zahnrädchen in Zahnrädchen greift, um die Kabinen zu bewegen, so arbeitet auch das Trio zusammen – Hand in Hand. „Wir sind schon ein gutes Team. Und die Vier-Tage-Woche wird uns noch enger zusammenschweißen, wir werden noch loyaler sein“, sagt Sven Wagner und grinst seinem Chef schelmisch zu. >>> Auch interessant: Oberhausener Firmenchefs müssen um Bewerber kämpfen
Fachkräftemangel: Betriebe sind auf glückliche Arbeitnehmer angewiesen
Mehr denn je sind Betriebe dieser Tage auf glückliche Arbeitnehmer angewiesen, viele Branchen klagen seit Jahren: Fach- und Arbeitskräfte fehlen, der berufliche Nachwuchs bleibt aus, Beschäftigte sehnen sich nach mehr Flexibilität im Arbeitsalltag, um Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Können Chefs den gestiegenen Ansprüchen ihrer Mitarbeiter nicht genügen, laufen ihnen die Leute weg.
Gerade im Handwerk könnten flexible Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche für mehr Attraktivität sorgen. Das meint Andreas Ehlert, Präsident der hiesigen Handwerkskammer – und selbst Arbeitgeber, der flexible Arbeitszeiten in seinem Betrieb anbietet: „Die angespannte Arbeitskräftesituation im Handwerk einerseits und der Vorzug der kleinen, flexiblen Betriebsorganisation im Handwerk auf der anderen Seite, der im Ringen um die besten jungen Köpfe hier einmal gegenüber den schwerfälligeren Großbranchen ausgespielt werden kann, sprechen dafür, ein solches Modell auszuprobieren und anzubieten.“ >>> Zum Thema: So hart beurteilen Unternehmen den Standort Oberhausen
Gutes Team: Chef und Mitarbeiter grillen gemeinsam
Genau das macht Markus Steck nun. Und er ist fest davon überzeugt, dass es funktioniert. Denn eine gute Basis sei bereits da: das ohnehin gute persönliche Miteinander im Team. Mal grillen alle gemeinsam nach Feierabend, mal gibt der Chef ‘ne Runde Eis aus, sogar gemeinsame Wochenend-Ausflüge stehen im Kalender. Steigen die Temperaturen ins Unerträgliche, gibt’s Hitzefrei. Und wenn hier und da mal eine Pause überzogen wird, „dann muss man alle Fünf auch mal gerade sein lassen“, sagt Steck. Nimmt’s Überhand, folgt ein klärendes Gespräch. >>> Auch interessant: Internationales Unternehmen: Neuer Standort in Oberhausen
Die Folge: „Bei uns haben alle Bock auf den Job“, sagt Markus Steck, der 2014 mit seiner Frau den Aufzugsservice gegründet hat und mittlerweile zehn feste Mitarbeiter hat. Der Elektro-Installateur und sein Team warten, reparieren und modernisieren Aufzüge aller Art: von den Paternostern in den beiden Oberhausener Rathäusern über Industrie-Aufzüge, die bis in eine Höhe von 100 Metern fahren, bis zu Lasten- und Personenaufzügen in Wohngebäuden. Sven Wagner weiß genau, warum er so gerne für die Stecks arbeitet: „Wir sind ein Familienbetrieb, ohne dass wir alle blutsverwandt sind.“