Mülheim. Dass das markante Mülheimer Stinnes-Hochhaus an der A40 verschwinden könnte, lässt aufhorchen. Einzige Option: Abriss, heißt es auch anderswo.

Ladenhüter Leerstand: In Mülheim zählen Eigentümer zunehmend ihre in die Jahre gekommenen Büroimmobilien an. Aktuell haben dies die Investoren am Rhein-Ruhr-Zentrum für das Stinnes-Hochhaus getan, das an der A40 weithin sichtbare Landmarke Mülheims ist. Sind alte Bürostandorte nicht mehr zu retten?

Sean Roberts, Vertreter der Eurofund-Gruppe, hatte zuletzt in einer Präsentation zum 180 Millionen schweren Investitionsprojekt am Rhein-Ruhr-Zentrum aufhorchen lassen: Das seit dem Auszug von Brenntag im Jahr 2017 leerstehende Stinnes-Hochhaus habe keine Aussicht auf eine Wiederbelebung als Bürostandort. Um- oder Zwischennutzungen seien zwar weiter in der Prüfung, ein Abriss aber nicht ausgeschlossen.

Mülheims Stinnes-Hochhaus an der A40 steht seit 2017 leer

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Jahrelang hatte sich schon der Vorbesitzer die Zähne daran ausgebissen, eine Perspektive für den Büroturm mit seinen 18.000 Quadratmetern Mietfläche zu konkretisieren. Eine letzte Vermarktungsoffensive aus Herbst 2021 versandete schließlich, wohl nicht nur wegen zwischenzeitlicher Finanzierungsengpässe des damaligen Eigentümer-Joint-Ventures von Redos und eines von Morgan Stanley verwalteten Immobilienfonds. Der versprochene moderne Bürostandort mit Multifunktionsbereichen, Think Tanks oder Rückzugsmöglichkeiten sowie angeschlossenem Hotel, Apartments mit vollem Dienstleistungsservice für Geschäftsreisende und Luxus-Spa kam nicht über den projektierten Glanz einer schicken Broschüre hinaus.

Einen anderen hoffnungslosen Fall sieht Alexander Heubes, Manager für das Europa-Geschäft des Projektentwicklers Frasers Property, im Siemens-Rundturm in Mellinghofen. Frasers hatte im Dezember seine Investitionspläne für den ehemaligen Siemens Techno Park - entstehen soll ein komplett neu gebauter Gewerbepark - öffentlich gemacht. Im Projekt ist der Büroturm ausdrücklich ausgespart.

Zwei Mülheimer Leerstände ganz unterschiedlicher Kategorie: Für die Kirche St. Engelbertus sucht das Bistum Investoren, den nahen Siemens-Büroturm will Frasers Property als Eigentümer am liebsten dem Erdboden gleichmachen.
Zwei Mülheimer Leerstände ganz unterschiedlicher Kategorie: Für die Kirche St. Engelbertus sucht das Bistum Investoren, den nahen Siemens-Büroturm will Frasers Property als Eigentümer am liebsten dem Erdboden gleichmachen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ehemaliger KWU-Rundturm: Mietvertrag von Siemens läuft 2025 aus

Das 1975 bis 1978 errichtete Verwaltungsgebäude der einstigen Kraftwerks-Union ist Frasers spätestens, seit es 2018 unter Denkmalschutz gestellt worden ist, ein beschwerlicher Klotz am Bein. Man werde, wenn der Mietvertrag von Siemens 2025 ausläuft, eher auf längere Sicht die bittere Pille der Leerstandskosten schlucken, als eine zweistellige Millionensumme in die Hand zu nehmen für den Versuch, das Gebäude wieder marktfähig zu machen, so Frasers-Manager Heubes aktuell im Gespräch mit dieser Redaktion.

Der Bau sei seinerzeit maßgeschneidert für die KWU entworfen worden, als „Haus der Konstrukteure“, wie sich nachlesen lässt. Das ließe sich ja noch ändern, so Heubes mit Blick darauf, dass im Turm mehr als 17.000 Quadratmeter Fläche wohl in separate Einheiten zu teilen wären, weil ein großer Einzelmieter kaum zu finden sei. Allein die energetische Sanierung würde äußerst kostspielig werden, „die gesamte Haustechnik müsste raus und neue rein“, so Heubes. „Das brächte uns wirtschaftlich direkt um.“

Investor fordert Stadt Mülheim auf, Denkmalschutz für Büroturm zu streichen

Noch größer sei das Investitionshemmnis, das in der Fassade stecke. Jene Glasfront steht unter Denkmalschutz; das „äußere Erscheinungsbild“ ist zu erhalten. Mit einer Glasfassade aus den 1970er-Jahren sei keine moderne Gebäudenorm zu erfüllen, so Heubes. „Das alles kriegt man nicht gerechnet“, forderte er Mülheims Verwaltung und Politik schon im Dezember auf, den Denkmalschutz vom Gebäude zu nehmen, um einen Abriss zu ermöglichen und Frasers die Chance zu geben, „etwas Wertvolles für die Stadt zu entwickeln“.

Mit dem Auszug von Siemens werden wir von außen abschließen. Das Gebäude ist verdammt dazu, leerzustehen.
Alexander Heubes - Managing Director Europe bei Frasers Property

„Mit dem Auszug von Siemens werden wir von außen abschließen. Das Gebäude ist verdammt dazu, leerzustehen“, hatte Heubes zuletzt öffentlich Druck aufgebaut. In der Dezembersitzung des Wirtschaftsausschusses habe er „eine gewisse Gesprächsbereitschaft“ hinsichtlich des Denkmalschutzes vernommen, so Heubes. Selbst hat Frasers noch keinen Antrag bei der Stadt auf Befreiung vom Denkmalschutz gestellt. Auch eine Klage wäre denkbar, um den Abriss zu erzwingen. Der Eigentümer müsste dann nachweisen, dass ihm eine Sanierung wirtschaftlich nicht zuzumuten wäre. Rechtliche Schritte aber werde man erst erwägen, „wenn wir da nicht weiterkommen“, so Heubes.

Davon unbeeindruckt zeigt sich Axel Booß als Leiter der Mülheimer Denkmalbehörde. Er sieht im KWU-Turm „eine echte Landmarke“. An eine denkmalrechtliche Prüfung seien „sehr hohe Anforderungen“ zu stellen. „Es wäre entsprechend über einen längeren Zeitraum zu belegen, dass Vermietungserfolge ausgeblieben sind. Darüber hinaus sind auch andere Nutzungskonzepte denkbar, das muss ja nicht unbedingt eine Büronutzung bleiben“, so Booß. Er verweist darauf, dass im Gebäudeinnern einiges möglich werden könne in Abstimmung mit seiner Unteren Denkmalbehörde, weil dort nur die Treppenhäuser unter Schutz stünden.

Darüber hinaus sind auch andere Nutzungskonzepte denkbar, das muss ja nicht unbedingt eine Büronutzung bleiben.
Axel Booß

Mülheimer Denkmalbehörde sieht andere Nutzungen möglich

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„Ich selbst habe mich da sehr eindeutig positioniert und dem Eigentümer mitgeteilt, dass ich einen Abriss des Denkmals mittelfristig nicht sehe“, so Booß mit Verweis auf ein Gespräch mit Frasers im Vorjahr. „Mit zum Gebäude angepassten Konzepten halte ich eine Nutzung für ganz sicher möglich.“

Wie schwer sich Eigentümer älterer, leerstehender Büroimmobilien in Mülheim tun, wieder Einnahmen zu generieren, lässt sich in Immobilienportalen an Exposés ablesen, die schon seit Jahren ohne Erfolg um neue Mieter werben. Ohne größere Investitionsbereitschaft bleiben sie Ladenhüter. Auch in Sichtweite des KWU-Rundturms ist das zu beobachten. Dort steht mit der ehemaligen Europipe-Zentrale ein großes Bürogebäude mittlerweile seit mehr als einem Jahr leer.

Alte Europipe-Zentrale in Mülheim: Makler spricht von „Durststrecke“

Trotz Kernsanierung im Jahr 2005 und recht modernem Zustand, den die Makler bewerben, war zuletzt weiter kein Mieter in Sicht. „Wenn es woanders stehen würde, hätte man wahrscheinlich bessere Karten“, weist ein beauftragter Makler darauf hin, dass nicht nur der Gebäudestandard entscheidend sei. Überhaupt, sagt er, habe die Vermietung von Büroimmobilien insbesondere 2023 eine Durststrecke erlebt.

Viele alte Mülheimer Bürogebäude sind seit Jahren ungenutzt. Ein Blick nach Raadt zeigt, dass Eigentümer sich zunehmend vom Büromarkt verabschieden. 2018 ließ Immobilienentwickler BPD dort die von Stararchitekt Norman Foster entworfene, seit Jahren leerstehende alte Agiplan-Verwaltung abreißen, um zwischen Zeppelin- und Parsevalstraße 44 Einfamilienhäuser zu bauen.

Die ehemalige Agiplan-Zentrale, ein Bau von Stararchitekt Sir Norman Foster, wurde 2018 abgerissen, um in Mülheim-Raadt ein neues Quartier mit Einfamilienhäusern zu bauen.
Die ehemalige Agiplan-Zentrale, ein Bau von Stararchitekt Sir Norman Foster, wurde 2018 abgerissen, um in Mülheim-Raadt ein neues Quartier mit Einfamilienhäusern zu bauen. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Auch nebenan, im ehemaligen Gebäude von T-Systems, war lange „tote Hose“. Zum Jahreswechsel 2022/23 stieg ein Essener Investor ein, der die Chance gewittert hatte, das Gebäude mit überschaubarem Aufwand, aber lukrativen Mieteinnahmen für die Flüchtlingsunterbringung ans Land zu vermieten. Bis jene ZUE in Raadt - wie zumindest geplant - im Sommer 2025 schließt, hat der Eigentümer Zeit, sich zur Nachnutzung Gedanken zu machen. Er selbst soll dem Vernehmen nach an einen Umbau denken, an dessen Ende Wohnungen geschaffen wären.

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