Mülheim. Im Frühjahr 2023 stand Mülheims Friedrich-Wilhelms-Hütte nach überstandener Insolvenz wieder auf dünnem Eis. Was jetzt für Erleichterung sorgt.
Belegschaft, Geschäftsführung und Gesellschafter der traditionsreichen Friedrich-Wilhelms-Hütte können aufatmen: Ihre Perspektive am angestammten Standort zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Mülheims Ruhr ist gesichert. Geschäftsführer Lars Steinheider peilt ein kräftiges Umsatzwachstum an.
Am Mittwoch stieg weißer Rauch in den Fertigungshallen und der Verwaltung der Stahlguss GmbH auf: Mit der Eigentümerin der Industriefläche, der GMH-Gruppe als früherer Hütten-Betreiberin, ist ein langfristiger Pachtvertrag für 85.000 Quadratmeter Fläche vereinbart, lautete die freudige Mitteilung der Geschäftsführung an die rund 300 Männer und Frauen starke Belegschaft. Der Vertrag läuft über zehn Jahre und beinhaltet eine Verlängerungsoption für weitere fünf Jahre.
Hütten-Geschäftsführer dankt insbesondere auch Belegschaft, Betriebsrat und Mülheims Politik
„Das ist natürlich heute ein Tag der Erleichterung für uns, auch ein großer Tag für uns und die Belegschaft“, sagte Geschäftsführer Lars Steinheider im Gespräch mit der Redaktion. Dass die Hütte am Ort ihrer langen Geschichte eine Perspektive bekomme, sei insbesondere auch ein Verdienst von Belegschaft und Betriebsrat, die „in außerordentlicher Weise“ auch in schweren Zeiten zur Hütte gestanden hätten. Auch den politischen Fraktionen des Stadtrates und OB Marc Buchholz dankte Steinheider für ihr Engagement pro Hütte.
Letztlich sei man auch der GMH zu Dank verpflichtet, dass sie einen neuen Pachtvertrag möglich gemacht habe. Im Frühjahr 2023 hatte deren Geschäftsführerin Anne-Marie Großmann bei einer ersten Bürgerversammlung zum Stadtentwicklungsprojekt „Mülheim-West“ für entsetzte Reaktionen gesorgt, als sie Wohnbebauung als Perspektive für den Standort und für die Hütte „keine langfristige Perspektive hier am Standort, so wie er ist“, sah. Nun sagt sie: „Wir freuen uns sehr, mit dem nun unterschriebenen Pachtvertrag einen langfristigen Weg für den Standort Mülheim gefunden zu haben.“
Mülheims Stadtrat machte fortan in großer Einigkeit aber klar, dass er die Hürden für eine Entwicklung weg von der Industrie nicht aus dem Weg räumen wird. Jetzt der Durchbruch mit dem Pachtvertrag: Das nördliche Areal des alten Hüttengeländes bleibt wie gehabt unter Bewirtschaftung der Stahlguss GmbH.
Mülheims Friedrich-Wilhelms-Hütte peilt kräftiges Wachstum an
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Für die sieht Geschäftsführer Lars Steinheider rosige Zeiten des Wachstums. Schon 2023 habe die Gesellschaft ihr ehrgeiziges Wachstumsziel mit einem Umsatzergebnis von 40 Millionen Euro erreicht. Seit vergangenem Oktober ist die KNDS-Gruppe, ein Zusammenschluss der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann und Nexter, alleinige Inhaberin der Mülheimer Hütte. Sie setzt weiter auf Wachstum, das wesentlich, aber nicht nur vom Auftragsboom in der Wehrtechnik gestützt ist. 54 Millionen Euro Umsatz sind in diesem Jahr angepeilt. 2027 sollen es laut Steinheider schon 70 Millionen sein.
Das Geschäft wird sich 2024 zu je 50 Prozent auf die Wehrtechnik und zivile Einsatzbereiche wie Bahntechnik, Maschinenbau und Ölindustrie aufteilen. Die FWH Stahlguss GmbH sieht sich als führende europäische Produzentin für Panzerstahl höchster Güte. Der Standort Mülheim hat für die KNDS-Gruppe damit laut eigenem Bekunden „eine wichtige strategische Bedeutung für die Herstellung von militärischen Fahrzeugen“, genannt werden die Panzertypen Boxer, Leopard 2 und Puma. Investitionen in Digitalisierung und Automatisierung kündigt Steinheider an, um die Stahlgussfertigung auf modernstem technischen Stand zu halten. Der finanzstarke Gesellschafter stehe dafür ein.
Betriebsrat und OB froh über den Erhalt der Mülheimer Industriearbeitsplätze
Hoch zufrieden zeigte sich am Mittwoch auch FWH-Betriebsrat Götz Lemler. Die Pachtverlängerung sei „ein klares Signal Richtung Zukunft des Unternehmens“. Lemler dankte der Belegschaft, der IG Metall und dem DGB für ihr Mittun. Mit vielen Aktionen seit März 2023 hätten sie dazu beigetragen, „dass ein Umdenken bei Verwaltung und Politik“ eingesetzt habe, der Wert des Industriestandortes erkannt worden sei und letztlich politisch „die richtigen Schritte eingeleitet“ worden seien, um ihn zu sichern.
Oberbürgermeister Marc Buchholz zeigte sich am Mittwoch erfreut über den Vertragsabschluss, der beiden Vertragsparteien Klarheit und der Hütte eine längerfristige Perspektive samt Erhalt der Industriearbeitsplätze gebe. Er kündigte mit der Flächeneigentümerin weitere Gespräche an, in der eine Perspektive für die andere, brachliegende Fläche auf altem Hüttengrund erarbeitet werden soll. Die Stadt möchte die Fläche reaktiviert sehen, damit dort neue Arbeitsplätze entstehen können.
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