Mülheim. Der Umbau des Rhein-Ruhr-Zentrums soll bald starten. Doch der Ankermieter Karstadt ist schon wieder insolvent. Gefährdet das die großen Pläne?

Im Erdgeschoss des Mülheimer Karstadt-Hauses werden Weihnachtsartikel zum halben Preis abverkauft. Wenige Schritte entfernt hat der „große Karnevalsmarkt“ eröffnet, es gibt rosafarbene Einhorn-Overalls, bunte Federboas, Clownkostüme. Doch die Partystimmung bei denjenigen, die hier auf der Fläche arbeiten, dürfte sich in Grenzen halten. Galeria Karstadt Kaufhof hat schon wieder Insolvenzantrag gestellt. Dieser Dienstag fühlt sich an wie ein Aschermittwoch.

Nach dem Weihnachtsgeschäft kommt im Januar das große Zittern. Das hat die Belegschaft der Karstadt-Arkaden im Rhein-Ruhr-Zentrum (RRZ) vor genau einem Jahr erlebt, und das bleibt ihr auch im Januar 2024 nicht erspart. In den vergangenen Tagen mehrten sich die Anzeichen einer erneuten Insolvenz des Essener Warenhauskonzerns. Am Dienstagmorgen wurde der Antrag beim Amtsgericht Essen gestellt - zum dritten Mal seit 2020.

Betriebsratschefin bei Karstadt in Mülheim: „Niemand spricht von Häuserschließung“

Ruhe bewahren, positiv nach vorne schauen: Das ist unverändert die Devise von Andrea Grisail, Betriebsratsvorsitzende der Mülheimer Karstadt-Filiale und Mitglied im Galeria-Gesamtbetriebsrat. Sie sagt kurz nach Bekanntwerden der Pleitemeldung am Dienstag: „Wir sind davon ausgegangen, dass es heute eintritt. Doch bisher spricht niemand von Häuserschließung. Es geht nur um Reduzierung von Fläche und Senkung der Kosten.“

Ihre Kolleginnen und Kollegen im RRZ seien nun keineswegs am Boden: „Wir haben zwar eine kleinere Anzahl von Leuten, die frustriert sind, weil schon wieder ein Insolvenzverfahren beginnt. Aber das hier ist ein leidgeprüftes, sehr routiniertes, nie in Panik verfallendes Team.“

Mülheimer Karstadt-Filiale hat massiv Personal verloren

Allerdings hat sich die Belegschaft durch die Sparrunden der vergangenen Jahre und bescheidene Zukunftsperspektiven schon immens verkleinert. Einigen wurde gekündigt, andere verließen von sich aus das Haus. Knapp 180 Köpfe zählt nach Angaben des Betriebsrates noch die Belegschaft des Warenhauses im Rhein-Ruhr-Zentrum. Zum Vergleich: Anfang 2015 arbeiteten dort noch mehr als 270 Personen, im Frühjahr 2023 waren es noch rund 210 Leute. „Die letzte Insolvenz hat wieder massiv Personal gekostet“, erklärt Andrea Grisail.

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Aus diesem Grund habe die Mülheimer Filiale auch in knapper Besetzung das Weihnachtsgeschäft meistern müssen, sagt die Betriebsratschefin. Etwa 20 bis 25 Aushilfen hätten das Team unterstützt. Man sei unter Plan besetzt gewesen. Die Probleme, Aushilfskräfte zu gewinnen, führt sie zum einen auf die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt zurück. Zum anderen auf die spezielle Situation bei Galeria: „Sicher schreckt es auch den einen oder anderen ab, wenn man nicht weiß, ob man in einigen Wochen sein Geld noch bekommt.“ Das Karstadt-Haus im RRZ sei dennoch profitabel im Weihnachtsgeschäft unterwegs gewesen. „Wir haben uns unter erschwerten Bedingungen gut geschlagen.“

Mülheimer Betriebsratschefin hofft auf neuen Investor: „Knebelverträge“ lösen

Den nun beschrittenen Weg - eine Insolvenz, die dieses Mal nicht in Eigenverwaltung erfolgt - wertet Andrea Grisail als Chance. Damit habe man endlich die Möglichkeit, sich von Signa zu lösen, einen neuen Investor zu finden: „Das Unternehmen hat jetzt drei Monate Zeit, um einen Insolvenzplan aufzustellen und alle Knebelverträge, die Signa uns auferlegt hat, rückabzuwickeln: zu hohe Mieten, zu teure Dienstleistungen.“ Es sei höchste Zeit, dass jemand von außen draufschaue, „jemand, der weiß, wie so ein Warenhaus tickt und welche Chancen sich bieten“.

Ihr großer Wunsch sei, dass ein neuer Investor das Potenzial der Menschen auf der Verkaufsfläche erkenne, ergänzt die Betriebsrätin: „Wir sind ein Warenhaus mit Bedien- und Beratungsqualität, kein anonymes Internet. Wir haben eine super motivierte Mannschaft.“

Eigentümer des Rhein-Ruhr-Zentrums bedauern erneute Insolvenz von Galeria

Auch für die neuen Eigentümer des Rhein-Ruhr-Zentrums ist der Verbleib des Ankermieters Karstadt von großer Bedeutung. Ein Konsortium aus der Eurofund Group und dem Investmentfonds Signal Capital Partners hatte das Center im Juli 2023 erworben - da schienen die Turbulenzen bei Galeria gerade überstanden und der Bestand der Mülheimer Filiale gesichert. Das RRZ soll umgebaut werden zu einem deutschlandweit einzigartigen Erlebnis-Center („Shopping Resort“). Um das Warenhaus zukunftssicher auszustellen, sollte die Verkaufsfläche deutlich verkleinert, das Arkaden-Modell überdacht werden, hieß es im Sommer 2023. Alle Beteiligten hatten großen Investitionen hoffnungsvoll entgegengesehen.

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Zur jüngsten Krise bei Galeria teilt Eurofund jetzt auf Anfrage mit: „Wir bedauern sehr, dass das Unternehmen erneut einen Insolvenzantrag gestellt hat.“ Man schätze Galeria als „engagierten und leidenschaftlichen Mieter“, mit dem man schon vor der Übernahme des RRZ zusammengearbeitet habe, um die Zukunft von Karstadt im Center zu sichern. Das gelte unverändert: „Wir werden weiterhin alles daran setzen, Galeria bestmöglich zu unterstützen, um unsere gemeinsame Vision eines erfolgreichen Warenhauses im RRZ zu verwirklichen“, erklären die Eigentümer.

Umbau des RRZ und des Mülheimer Karstadt-Hauses soll wie geplant laufen

Der Umbau des Rhein-Ruhr-Zentrums soll nach bisheriger Planung Anfang 2024 beginnen, also in Kürze. Die erneute Galeria-Insolvenz ändere daran nichts, versichern die Eigentümer: „Wir setzen unsere Pläne sowohl für die Umgestaltung des Zentrums als auch für Galeria unverändert fort.“

Gleiches hat auch der Karstadt-Betriebsrat vernommen. Die Gespräche mit den Center-Eignern seien aufgrund der drohenden Insolvenz unterbrochen worden, sagt Andrea Grisail, „aber die Pläne sind nicht für die Tonne. Wir sind ja als Ankermieter auch wichtig.“

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