Mülheim/Essen. Ein Mülheimer Arzt wird angezeigt, weil er einen langsamen Suizid zuließ. Er kannte die Patientenverfügung. Jetzt äußert sich die Polizei.
Der Mülheimer Hausarzt Uwe Brock bekam erst eine formelle Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung, nun eine persönliche Einladung des Polizeipräsidenten für Essen und Mülheim: Andreas Stüve habe ihn und einen Essener Ärztevertreter für den 3. Januar zum Gespräch ins Präsidium eingeladen, berichtet Brock. Es freut ihn. Es dürfte reichlich Diskussionsstoff geben.
Denn der Arzt, eine Palliativpflegekraft und der Lebensgefährte einer Mülheimer Patientin waren am 14. September von der Polizei angezeigt worden. Sie hatten die schwer krebskranke Frau nach einem Suizidversuch betreut, aber nicht wiederbelebt. Eine Patientenverfügung stand dem entgegen. Nach dem „nicht natürlichen“ Tod der 64-Jährigen nahm ein Ermittlungsverfahren seinen Lauf. Der Hausarzt, der auch in der Palliativversorgung engagiert ist, hat keinerlei Verständnis für die Strafanzeige. Er fordert „eine steile Lernkurve“ bei der Polizei.
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Polizeisprecher äußert sich zum Fall der verstorbenen Mülheimerin
Deren Perspektive und Handlungszwänge verdeutlicht Polizeisprecher Pascal Pettinato: Bei ungeklärten Todesfällen, wie im Fall der schwerstkranken Mülheimerin, seien in der Regel nicht die Kollegen des Fachkommissariates (KK 11) vor Ort, sondern zunächst eine Streifenwagenbesatzung oder die Kriminalpolizei. „Sie haben nicht direkt zu entscheiden, ob es Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe gibt“, erklärt Pettinato. „Sobald auch nur der Anfangsverdacht einer Straftat besteht, sind sie verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Das gilt auch, wenn eine Patientenverfügung vorliegt.“
Wenn die Polizei alle Aspekte zusammengetragen hat, leitet sie diese Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft weiter. Dort wird dann entschieden, ob ein Verfahren eingestellt oder weiter betrieben wird.
Daher könne man den beteiligten Beamten im konkreten Fall keinen Vorwurf machen, ergänzt der Polizeisprecher. Die Kollegen des KK 11 hätten gleich am folgenden Tag, am 15. September, mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in Duisburg gesprochen. Dort wurde das Verfahren gegen Uwe Brock und die anderen Mitte November offiziell eingestellt. Doch bis zur Berichterstattung durch diese Redaktion am 20. Dezember wussten weder die Polizei noch die Beschuldigten davon. Laut der zuständigen Staatsanwältin hätten sich die Bescheide wohl durch „starke Rückstände in den Akten“ verzögert.
„Es ist unglücklich, wenn Leute so lange in der Luft hängen“
Polizeisprecher Pettinato kann nachvollziehen, dass der Vorfall die Betroffenen belastet. „Es ist unglücklich, wenn Leute so lange in der Luft hängen, ohne zu wissen, dass das Ermittlungsverfahren gegen sie eingestellt wurde.“ Nun ist das Treffen mit dem Polizeipräsidenten zugesagt, um das Uwe Brock - Sprecher der Ärztekammer in Mülheim - schon Anfang Oktober erfolglos gebeten hatte. Es soll helfen, die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Ärzteschaft zu verbessern. Teilnehmen wird auch der Essener Ärztekammer-Vorsitzende, Dr. Matthias Benn.
Die Polizei betont noch einmal, man rede gerne mit den Ärztevertretern. Es sei nur bislang wegen des laufenden Verfahrens aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen.
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