Mülheim. Die Mülheimer Inflationsengel wollen Menschen in Not helfen, „bedingungslos“. Was sie jetzt in der Teestube an der Auerstraße erlebt haben.
Eine Tragetasche voller warmer Kleidung. Tim stellt sie behutsam auf dem Fußboden ab, dicht neben seinem Stuhl. Er freut sich. „Ich brauche dringend eine Hose, einen vernünftigen Pullover, ein vernünftiges Hemd.“ Er durfte sich bedienen. Auf dem Tisch wartet sein Mittagsmahl in einer Aluschale. Es gibt Rinderroulade mit Kartoffeln. Das Essen wird langsam kalt, doch Tim stört das nicht. Er nimmt sich gerne Zeit, will erzählen - warum er hier ist, in der Teestube der Mülheimer Diakonie, und warum er dankbar ist.
Der 55-Jährige ist suchtkrank („gerade aus der Entgiftung gekommen“), bezieht Sozialleistungen und gehört zu den Stammgästen der Teestube an der Auerstraße. „Am Monatsende komme ich fast täglich hierher“, sagt Tim, wenn das Geld fast aufgebraucht ist. Hier gibt es wochentags Frühstück und ein warmes Mittagessen, für das die Besucher normalerweise 1,50 Euro zahlen. „Mehr als angemessen“, meint Tim, die Mahlzeiten seien sehr gut. Am vergangenen Freitag gab es das Essen kostenlos, dazu Weihnachtstüten als Geschenk und einen langen Tisch mit gespendeten Kleidungsstücken. Die Mülheimer Inflationsengel landeten für ein paar Stunden in der Teestube.
Mülheimer Inflationsengel wollen „bedingungslos“ helfen
Die Initiative tritt im Zeichen eines geflügelten Herzens an, nicht nur zur Weihnachtszeit. Der Speldorfer Tony Krenz (48) rief die Gruppe, die bewusst kein Verein sein will, gemeinsam mit Freundinnen und Freunden ins Leben. Sie stehe „für Menschlichkeit, Miteinander, Zusammenhalt und Hilfe in der Not“, betont er, „bedingungslos“, ohne politische oder religiöse Anbindung. Bereits im Advent 2022 haben die Inflationsengel Nikolaustüten gepackt und verteilt - in ihrem Hauptquartier an der Friedhofstraße 102, das im Wesentlichen aus Krenz‘ privater Garage besteht, und in der Mülheimer Altstadt.
Auch Hausflohmärkte hat die Initiative schon organisiert, um Spenden zu sammeln für Lebensmittel und Hygieneartikel, die man kostenlos verteilt habe, berichtet Krenz. Alle seien sie berufstätig, er selber arbeite in Vollzeit als Bauingenieur, etwa zehn Leute umfasse der Kreis der Aktiven. Einige packen an diesem Freitag in der Teestube mit an. Das Mittagessen hat der Menüservice der Mülheimer Malteser geliefert, gesponsert hat es Dennis Schwarz, Inhaber einer Firma für Rohr- und Kanalreinigung in Neukirchen-Vluyn, Unterstützer der Inflationsengel.
Mülheimer Teestube ist auch Anlaufstelle für Wohnungslose
Tony Krenz trägt das weiße Teamshirt der Engel über einem langärmligen Pulli. Ihm wird warm sein. Die Teestube, Anlaufstelle auch für wohnungslose Menschen, ist gut geheizt, Krenz läuft von Ecke zu Ecke, schleppt Kartons, händigt Weihnachtstüten aus, die nicht nur mit Schokolade bestückt sind, auch mit Vitamintabletten und Taschenlampen, reicht Schalen mit Essen über die Theke. In der Teestube ist er selber zum ersten Mal. „Wir haben bisher immer sehr viel Kinderkleidung und Spielzeug bekommen und verteilt“, berichtet er. Die Besucher hier brauchen andere Dinge.
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Auch einige Frauen stöbern in den sauber sortierten Kleidungsstücken oder sitzen an den Holztischen. Angelika, Ende 50, kann nur noch mühsam am Rollator laufen. Sie sagt, sie habe Probleme mit dem Herzen und mit der Lunge. „Ich lebe von Sozialleistungen, durch Krankheit.“ Sie hofft, dass eine Operation Anfang des neuen Jahres ihr Leiden lindern wird, sie will sich einer Magenverkleinerung unterziehen. Bei den Kleiderspenden habe sie nichts in ihrer Größe gefunden, sagt Angelika, aber etwas Warmes kann sie trotzdem mitnehmen. Eine dicke Kuscheldecke, gemustert wie ein Leopard, geschenkt von Mülheimern, die selber genug habe. Die Inflationsengel versprechen auf ihrer Facebookseite: „Wir werden das mit Sicherheit wiederholen.“
Weitere Infos zur Initiative gibt es über Facebook (@Mülheimer Inflationsengel) oder bei Tony Krenz unter 0157 38236734.
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