Mülheim. Drei Mal schon hat die Ruhrbahn beim Mülheimer Schulverkehr nachgebessert. Doch für Speldorfer Schüler gibt es noch immer keine Lösung. Warum?
Für Speldorfer Schülerinnen und Schüler, die täglich fast eine Stunde zum Oberhausener Elsa-Brändström-Gymnasium pendeln, wird es auf lange Zeit keine Verbesserung geben. Nach monatelangem Vertrösten hat die Ruhrbahn im Mobilitätsausschuss erklären müssen, dass sie nicht nur im Januar kein besseres Angebot machen kann, sondern voraussichtlich erst im Sommer den Nahverkehr so angepasst haben wird, dass die Betroffenen nicht mehr doppelt so lang unterwegs sein müssen wie bisher. „Versprechen gebrochen: Wir sind stinksauer“, kommentiert die Speldorfer Elterninitiative - der Frust und das Unverständnis ist maximal.
Auch in der Politik - wo man die Betroffenen mit dem Versprechen auf schnelle Besserung bislang hatte beschwichtigen können - reagierte man mit Fassungslosigkeit auf die Botschaft: „Es gibt 13 Fahrten in der Stunde nach Oberhausen, das ist theoretisch eine Fahrt alle fünf Minuten, und es gelingt nicht auch nur eine gute funktionierende Verbindung herzustellen?“, kommentierte Axel Hercher (Die Grünen) im Mobilitätsausschuss entgeistert. Nachdem die Ruhrbahn in den vergangenen Monaten zwei Mal beim Schulverkehr nachgebessert hatte, wollte man eigentlich die frohe Nachricht einer finalen Lösung präsentieren.
Erneut nur Teillösungen im Schulverkehr, keine für Speldorf
Stattdessen gab es wieder nur Teillösungen, aber keine für Speldorf. Die Schlingerfahrt des Verkehrsbetriebs beim Versuch den Schulverkehr auf eine gerade Strecke zu bringen, zeigte Hercher auf. Für den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen unerklärlich, denn schließlich habe der Ruhrbahn bereits im September ein erster Vorschlag zur Verbesserung der E-Wagen-Verkehre vorgelegen, den der Vorsitzende im Mobilitätsausschuss, Timo Spors (ebenfalls Die Grünen), erarbeitet hatte. Daraus hatte sich die Ruhrbahn an vielen Punkten auch bedient.
Aus Herchers Sicht bedürfe es lediglich einer Verschiebung des Ringbusses 129 um 18 Minuten, um den Speldorfer Fall zu lösen. Alternativ könne man den Takt auf 15 statt 30 Minuten hochsetzen oder morgens einen und mittags zwei E-Busse fahren lassen. Das würde aber zusätzliche Kosten hervorrufen und erfordere für den ersten Vorschlag noch eine mit Düsseldorf abgestimmte Änderung im Nahverkehrsplan. Das sei kurzfristig nicht möglich. Ein veränderter Ringbus wäre daher der einzige Ansatz.
Ruhrbahn befürchtet negative Dominoeffekte bei voreiligen Lösungen
Eigene Ideen brachte die Ruhrbahn im Ausschuss nicht ein. Für sie und die Stadtverwaltung ist die bisher nur zögerliche Verbesserung dagegen das Ergebnis der komplexen Aufgabe. Es nütze nichts, argumentierte der Leiter des Verkehrsamtes, Roland Jansen, den Ringbus um wenige Minuten zu verschieben. Das führe an „vielen Stellen“ zu Verschlechterungen, so dass man weitere Linien ebenfalls verändern müsse, beschrieb dieser einen „Dominoeffekt“, den man „ganzheitlich“ betrachten müsse.
Die Aufgabenstellung benötige mehr Zeit für die Prüfung und Umsetzung, gibt die Ruhrbahn auf Anfrage der Redaktion ein Beispiel: Eine Verschiebung des Ringbusses um 18 Minuten würde Verschlechterungen am Gymnasium Heißen und der Gustav-Heinemann-Schule bringen. Auch andere Anschlüsse fielen dann schlechter aus. Man arbeite daher „an einer Gesamtlösung zur Optimierung des Angebotes unter Berücksichtigung sämtlicher Belange unserer Fahrgäste, der Politik und Stadtverwaltung“.
Politik enttäuscht an Ruhrbahn: „Den Schuh zieh ich mir nicht an“
Konkret bedeutet das: Deutliche Verbesserungen im ÖPNV wird es nicht vor August 2024 geben. Im Mobilitätsausschuss fehlte der Politik dafür der Sinn, angesichts der monatelangen Debatte, in der sich Gremium und sogar der eigens eingerichtete Arbeitskreis immer wieder schlecht oder gar nicht informiert sahen. „Das optimierte Gesamtnetz habe ich zum vergangenen August erwartet“, machte Siegfried Rauhut (CDU) seinem Ärger Luft. Daniel Mühlenfeld (SPD) kritisierte ein „häppchenweises Herumdoktern“, deshalb wolle er für Speldorf keine „halbherzige Zwischenanpassung“ riskieren, sondern „schweren Herzens das, was die Ruhrbahn jetzt erst für kommenden Sommer verspricht.
Timo Spors, der an einer Alternative für Speldorf gearbeitet hatte, verschwieg seine Enttäuschung nicht: „Wenn die Ruhrbahn heute sagt, dass sie es nicht hinbekommt, ziehe ich mir den Schuh nicht an. Dann hätte sie sagen müssen: Wir brauchen einen E-Wagen.“
So will die Ruhrbahn den Schulbusverkehr im Januar verbessern
Nicht alles ist jedoch schlecht: Einige E-Wagen-Verbindungen hat die Ruhrbahn dagegen wie geplant für den Jahresanfang verbessern können. So fährt der E22 von Lehnerfeld bis Stadtmitte künftig fünf Minuten später ab (13.51 Uhr), den E31 von Kiefernweg bis Kiebitzfeld hat sie um zwei Minuten auf 7.05 Uhr vorverlegt und den Linienweg verkürzt. Verbesserungen bei den Linienwegen und Fahrzeiten konnte man auch beim E25 (Schulzentrum Saarn - Hansastraße), E41 (Kleiststraße - Mariannenweg), E42 (Amselstraße - Gustav-Heinemann-Schule), E42 (Gustav-Heinemann-Schule - Wasserturm), E44 (Mariannenweg - Gustav-Heinemann-Schule) erreichen.
Eine zusätzliche Fahrt um 15.25 Uhr bringt zudem Schüler künftig von der Von-Bock-Straße nach Selbeck. Für die Verbindung von Stadtmitte zur Gustav-Heinemann-Schule (E43) hat man sogar ein zusätzliches Angebot geschaffen.
Knatsch um Schulen an der Von-Bock-Straße: Haltepunkt zu weit weg
Doch auch hier knatscht es: Zwar hat die Ruhrbahn nun die Abfahrtszeiten der E-Wagen nach Saarn und Selbeck am Nachmittag um 20 Minuten an das Schulende angepasst. Doch der Haltepunkt für den E-Wagen liegt nicht unmittelbar an den Schulen der oberen Von-Bock-Straße, sondern am unteren Teil. Für die SPD „keine Ideallösung“.
„Um zur von der Ruhrbahn eingeplanten Haltestelle am Dickswall zu kommen, bleiben zehn Minuten. Das schafft man gerade so“, rechnete Timo Spors den Ruhrbahn-Vertretern vor. Das reiche aber kaum, wenn es noch eine kurze Rückfrage an den Lehrer gebe oder der Unterricht ein paar Minuten länger brauche.
Die Begründung der Ruhrbahn sorgte im Gremium für nicht weniger Stirnrunzeln: Man käme für den oberen Haltepunkt „leider in die Bredouille der Konzessionsfrage“, weil hier keine „klassischen Linienwege“ bestünden. Deshalb müsse man jetzt „leider den Umweg über die Konzessionierung gehen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein“. Doch das werde erst nach dem Fahrplanwechsel am 8. Januar möglich werden.
Gemessen an solchen Patzern nahm der Ausschuss es fast schon gelassen hin, dass die Ruhrbahn selbst die Anpassungen verschiedener unstimmiger Liniennummern erst am 29. Januar hinbekommt - „aus technischen Gründen“, hieß es.
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