Mülheim. Viele kaputte Straßen und kaum Geld: Mülheim muss bei Sanierungsmaßnahmen Prioritäten setzen. An einer Treppe scheiden sich die Geister.

113 Stufen hat die Verbindung zwischen Tinkrathstraße und Rumbachtal. Der Martha-Hadinsky-Weg in Holthausen ist deshalb eigentlich eine Treppe. Und für manchen Fußgänger eine willkommene Abkürzung, statt 350 Metern länger über die Straße „Im Look“ zu schlenkern. Nun will die Stadt das rund 60 Meter lange Stück sanieren lassen. Kosten: 200.000 Euro. Mancher glaubt, da hätte doch etwas anderes in der Stadt höhere Priorität.

Denn auch beim besten Willen kann Peter Pickert, SPD-Mann im Bezirk, nicht erkennen, warum die Treppe von der Verwaltung als „stark sanierungsbedürftig“ eingeschätzt werde: „Natürlich ist die Treppe alt und an verschiedenen Stellen ausgebessert worden. Aber die Stufen wackeln nicht, die Geländer halten“, zeigt Pickert an einem Morgen vor Ort auf nachgebesserte Fugen. Doch auch beim Hoch- und Runtergehen sind wackelige Trittsteine nicht zu entdecken.

Lose Trittstufen soll es laut Stadt hier geben. Peter Pickert hat keine finden können. Aber es wurde offensichtlich immer wieder nachgebessert.
Lose Trittstufen soll es laut Stadt hier geben. Peter Pickert hat keine finden können. Aber es wurde offensichtlich immer wieder nachgebessert. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Martha-Hadinsky-Weg wird „hin und wieder“ genutzt

Wer wie oft den Auf- und Abstieg nutze, ist dagegen unklar. Zahlen über die Nutzungshäufigkeit des Martha-Hadinsky-Wegs hat die Stadt nicht. „Hin und wieder gehen hier Leute“, bestätigt ein Postbote, der ums Eck wohnt. Neben der Abkürzung ins Rumbachtal erschließt die Treppe im oberen Teil einen Gartenzugang, im unteren Teil aber auch ein Haus. Aus Pickerts Sicht würde es daher reichen, jeweils nur die oberen und unteren circa 23 Stufen auszubessern. Und den Durchgang zu schließen.

Gewidmet ist der Weg übrigens der Mülheimerin Martha Hadinsky (1911-1963). Die Tochter einer Bergarbeiterfamilie im Rumbachtal wurde 1936 wegen „Bildung einer antifaschistischen Jugendgruppe“ von den Nazis erst in U-Haft, dann wegen angeblicher Vorbereitung zum Hochverrat ins Zuchthaus gesteckt. Nach dem Ende des Nazi-Regimes setzte sie sich weiter für die verbotene KPD ein, und wurde Anfang der 1960er Jahre zu 14 Monaten Haft verurteilt. Wenig später nahm sie sich das Leben.

Kaputte Straßen in Mülheim: Wie soll man priorisieren?

Fast eine halbe Milliarde Euro müsste Mülheim wohl aufwenden, um alle kaputten Straßen in der Stadt in einen guten Zustand zu bringen. Die Stadt ist daher jedes Jahr gezwungen, Prioritäten zu setzen. Doch in der Bezirksvertretung 1 schieden sich an der Treppe die Geister, Verschwendung hielt Pickert der Verwaltung vor.

Die Stadt hält dagegen an der Sanierungsbedürftigkeit fest, „sonst stünde sie nicht im Investitionsprogramm“, begründet dies Roland Jansen, Amtsleiter des Tiefbauamtes, auf Anfrage der Redaktion. Schon für das kommende Jahr ist die Maßnahme vorgesehen. Dabei betont Jansen, dass die Anlieger für die Sanierung nicht aufkommen müssten und das Land diese möglicherweise fördern könnte. Ein Förderantrag sei jedoch noch gar nicht gestellt.

Straße sanieren? Bloß nicht hier!

200.000 Euro sind nicht wenig Geld, kritisiert SPD-Mann Pickert, und auch im Investitionsrahmen des Stadtbezirks keine kleine Nummer. Auf Anhieb fielen ihm zumindest Straßen im Stadtbezirk ein, die es bitterer nötig hätten. Die Heinrich-Bertrand-Höhe nahe der Heimaterde sei so ein Notfall, zeigt der Genosse dort auf einen Flickenteppich mit vielen Schlaglöchern.

Die Heinrich-Bertrand-Höhe an der Heimaterde ist, wie viele Straßen in Mülheim, mit Flicken übersät. Doch die Sorge der Anwohner, eine Sanierung mittragen zu müssen, ist groß.
Die Heinrich-Bertrand-Höhe an der Heimaterde ist, wie viele Straßen in Mülheim, mit Flicken übersät. Doch die Sorge der Anwohner, eine Sanierung mittragen zu müssen, ist groß. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Allerdings auch daran scheiden sich die Geister: „Bloß die Straße nicht fotografieren“, wehrt ein Anwohner ab. Er befürchtet hohe Anliegerkosten, wenn die Straße in den Blick der Verwaltung gerate und jemand auf die Idee komme, den Abschnitt neu zu machen. „So wie in der Kolumbusstraße - wissen Sie, was die da zahlen müssen?“ Aktuell übernimmt das Land NRW im Sanierungsfall zwar den Anteil der Eigentümer, „aber wie lange noch?“, fragt der Anwohner angesichts der aktuellen Finanzmisere im Bund. Auch im Land, befürchtet er, könnten solche Förderungen bald gestrichen werden.

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