Mülheim. Ruhrbahn und Bogestra planen, Abteilungen zusammenzulegen. Doch Mülheims Politik stellt dies nun in Frage. Droht Streit im Aufsichtsrat?
Es sollte der Auftakt werden, an dessen Ende der lang ersehnte Verkehrsbetrieb für die Metropole Ruhr stehen könnte. Einen starken Nahverkehr, gar „gemeinsame Mobilität aus einer Hand“, hatten vier Ruhrgebietsoberbürgermeister im vergangenen Jahr angekündigt: Mülheim, Essen, Bochum und Gelsenkirchen sollten beim ÖPNV bald schon umfassend kooperieren, Verkehre gemeinsam entwickeln. Doch seit dem verkorksten Start des neuen Nahverkehrsplans in Mülheim wird das Zusammenwachsen der Verkehrsbetriebe Ruhrbahn und Bogestra zumindest von der Mülheimer Politik in Frage gestellt.
Dabei sollte bis zum Ende dieses Jahres unter dem Arbeitstitel „Auftakt Ruhr“ das Ende der Kleinstaaterei und eine Struktur für die Kooperation entwickelt werden – so kündigten es die Verkehrsbetriebe im vergangenen September an. Nach Informationen der Redaktion ist nun, ein knappes Jahr später, geplant, die Bereiche Verkehrsmanagement, Kommunikation und Marketing in einer eigenen Gesellschaft zusammenzulegen.
Massive Kritik an der Arbeit der Ruhrbahn in Mülheim
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Das Konzept wird an diesem Mittwoch dem Aufsichtsrat der Ruhrbahn in einer Sondersitzung vorgestellt. Doch der Zeitpunkt und auch die für die Kooperation vorgeschlagenen Abteilungen könnte wohl nicht ungünstiger sein – so zumindest aus Mülheimer Sicht.
Denn just stellte sich schon der kleinere „Auftakt Mülheim“ – also die Umgestaltung des Mülheimer Nahverkehrsnetz – als ein schwerwiegender Fehlstart heraus: Die Anschlüsse zwischen den Linien stimmten selten, was bei Umstiegen zu langen Wartezeiten führt, die Schulverkehre innerhalb der Stadt und zur Kommune Oberhausen waren schlecht oder teils gar nicht abgestimmt, die neuen Fahrzeiten waren in der Öffentlichkeit unzureichend kommuniziert worden. Zahlreiche Ausfälle auch aufgrund von Krankmeldungen des Mülheimer Personals nährten den Unmut weiter.
Vertrauensverlust stellt auch Pläne für eine Kooperation mit Bogestra in Frage
Als „schlechtester Fahrplanwechsel seit Jahrzehnten“ hat der Neustart für einen erheblichen Vertrauensverlust bei den Mülheimer Kunden und in der Politik gesorgt. Jetzt muss umfassend nachgebessert werden. Dass man aber den Ruhrbahn-Strukturen derzeit nicht mehr zutraut, die massiven Probleme lösen zu können, zeigte sich nicht zuletzt im Mobilitätsausschuss, wo die Politik einen Arbeitskreis zum ÖPNV unter eigener maßgeblicher Steuerung beschloss.
Und auch der jetzige Vorstoß, eine weitere Gesellschaft aus Teilen der Ruhrbahn und Bogestra zu gründen, stößt daher nicht unerwartet auf erhebliche Skepsis und sogar Ablehnung im politischen Raum. Freilich wird noch hinter vorgehaltener Hand gesprochen, um die Debatte am Mittwoch in der Sondersitzung des Aufsichtsrats nicht vorwegzunehmen.
Deutliche Kritik regt sich aber vor allem gegen die geplanten gemeinsamen Bereiche Verkehrsmanagement, Kommunikation und Marketing. Zwar sehen die Kritiker mögliche Synergien etwa bei Bestellungen von Bahnen oder anderen Sachmitteln oder beim Einsparen von Doppelstrukturen. Doch problematisch sei gerade, dass man genau mit der Leistung der geplanten Abteilungen zum Fahrplanwechsel mehr als unzufrieden war. Sie hätten Mülheim nicht genug im Blick gehabt, heißt es, eine weitere Gesellschaft – so die Befürchtung – würde die Distanz zu den Problemen in der Stadt womöglich noch erhöhen.
Kritik: Ruhrbahn solle erst ihre Hausaufgaben machen
Die Ruhrbahn solle erst ihre Hausaufgaben machen, bevor sie über größere Strukturen nachdenke, sagen die einen, die anderen hingegen hegen die Hoffnung, dass sich diese Abteilungen im Zuge einer Kooperation eher professionalisieren könnten. Wäre also die Kooperation eine Lösung der bestehenden Probleme?
Und auch grundsätzliche Fragen richten sich an das Kooperationskonzept: Ist eine weitere, dritte Gesellschaft dafür notwendig? Gibt es dann einen weiteren Geschäftsführer – schließlich ist seit dem Ausscheiden von Uwe Bonan im Juni 2021 noch der laut Mitbestimmungsgesetz notwendige Arbeitsdirektor offengeblieben. Seitdem hat die Ruhrbahn diese Kosten eingespart.
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Und nicht zuletzt: Wie teilt sich dann die Belegschaft auf und wie ist die Mitbestimmung geregelt? In der Sondersitzung will der Aufsichtsrat diese und weitere Fragen diskutieren. Eine schnelle Einigung und somit der Schritt in Richtung eines gemeinsamen Verkehrsbetriebs für die Metropole Ruhr aber ist nach Einschätzung informierter Kreise nicht in Sicht.
So antwortet die Ruhrbahn: „Alle Partner profitieren“
Auf Anfrage der Redaktion nach den Zielen der Sondersitzung antwortet die Ruhrbahn: „Im Rahmen des Projekts Auftakt Ruhr soll die Zusammenarbeit zwischen Ruhrbahn und Bogestra intensiviert werden, um den aufgestellten Elf-Punkte-Plan sukzessive umzusetzen. Hierzu wurden die Geschäftsführung der Ruhrbahn und der Vorstand der Bogestra beauftragt, unter Einbeziehung der Gremien der Unternehmen und der Städte, eine Struktur zu entwickeln, die dies gewährleistet.
Dazu gehören auch strukturelle Änderungen bei den Gesellschaften wie beispielsweise die Vereinheitlichung von kundenrelevanten Prozessen, mit der Zielsetzung Mobilität aus einem Guss für die Ruhrgebietsstädte anzubieten. Hiervon profitieren dann alle Partner. Auf diese müssen sich alle zu beteiligenden Gremien in den vier Städten noch verständigen – in diesem Prozess befinden wir uns aktuell.“