Kamp-Lintfort. Am Samstag (23. März) sollte der Real-Markt in Kamp-Lintfort eigentlich noch geöffnet sein. Warum er jetzt früher seine Türen geschlossen hat.

Die Optimisten unter den Einkäufern schoben am Freitagnachmittag mit einem großen Einkaufswagen Richtung Real-Markt. Um dann mit offenem Mund im Eingangsbereich stehen zu bleiben. Auf ein paar Quadratmeterchen, die mit Flatterband abgesperrt waren, verloren sich noch ein paar letzte Waren in einem Regal, in zwei Körben gab es auch noch was auszusuchen. Äpfel gab es noch reichlich, die letzten Kaffeepakete zu 2,39 Euro gingen gerade weg, Nudeln waren noch im Angebot. Für den Wochenendeinkauf definitiv zu wenig. Die einzige Schlange war kurzzeitig an der Kasse, an der es Zigaretten gab. Hier wurden zwei Schachteln zum Preis von einer verkauft.

Thorsten Jonkmanns hat sich gerade mit Kaffee für die nächsten Wochen eingedeckt. Er ist einer der wenigen, die die Schließung gelassen hinnehmen. Real war nicht sein bevorzugter Laden. Ganz anders bei Tamara Scanu und ihrem Sohn Luca (17). Sie wollten gerade einen richtigen Einkauf machen: „Aber da ist ja alles weg“, staunen sie. Real war ihr Stamm-Laden. „Auch irgendwie ein Stück Kindheit“, sagt Luca. Die Mutter ergänzt: „Der erste Laden, in dem er selbstständig einkaufen ging.“ Wo die beiden nun fürs Abendessen einkaufen gehen? Das überlegen sie noch. „Wir sind sehr traurig. Es tut uns auch für die Mitarbeiter leid.“

Schnäppchenjäger reisten extra an - und standen vor leeren Regalen

Jozica Repic ist ebenso überrascht, dass sie sich für den Einkauf umorientieren muss. „Das hier konnte ich immer schnell und problemlos anfahren. Das ist schon traurig.“

Auch Schnäppchenjäger hatten sich am Freitag auf den Weg gemacht. „Das hätten wir nicht gedacht, dass das so geplündert ist“, sagt Ursula Balmes, die mit ihrem Mann aus Neukirchen-Vluyn kommt. „Gelegentlich“ seien sie hier zum Einkaufen gewesen, aber doch eher nach Moers orientiert. Sorgen machen ihnen die Händler in der Passage: „Die kleinen Läden leiden ja gewaltig.“ Melanie Dappa ist sogar aus Uedem angereist in der Hoffnung, Preisgünstiges zu ergattern. „Dass so gar nichts mehr da ist...“, wundert sie sich. Maritta Schütz hat auch noch keinen Plan B für ihre Einkäufe. „Ich komme aus Rheinberg und bin ganz gerne hierher gefahren.“ Obwohl, schränkt sie ein: „Jetzt, wo es leer ist, sieht man schon, dass da lange nichts mehr dran getan wurde.“

Gabriele Auerhahn steht mit ihrer Kasse unterm Arm vor dem Geschäft und kämpft doch ein bisschen mit den Tränen: „Von Anfang an habe ich hier gearbeitet, jetzt mehr als 25 Jahre. Ich habe früher gesagt: Den Laden mache ich mit auf. Den mache ich auch mit zu.“ War allerdings anders gedacht. Die 60-Jährige hat - im Gegensatz zu den meisten ihrer Kolleginnen - noch keinen neuen Job. Der zusätzliche freie Tag morgen - geschenkt. Sie werden trotzdem fast alle da sein und Abschied feiern.

Die kleinen Händler in der Passage und vor dem Geschäft haben schnell reagiert

Mit dabei wird auch Gabi Gruschinski sein. Sie versucht, die Reste noch irgendwie ansprechend zu arrangieren. Sie hat ebenfalls von Anfang an im Real gearbeitet. Auch sie hat noch keinen neuen Job, „aber ich bin nicht hoffnungslos“. Beim Anblick des leeren Ladens sagt sie: „Da gehen einem schon Gedanken durch den Kopf. Wir haben alle einen dicken Kloß im Hals.“

Da schien die Welt noch halbwegs in Ordnung: Im Oktober 2022 präsentierte Marktleiterin Anna Kusmitsch die Flyer mit dem neuen Namen „Mein Real“.
Da schien die Welt noch halbwegs in Ordnung: Im Oktober 2022 präsentierte Marktleiterin Anna Kusmitsch die Flyer mit dem neuen Namen „Mein Real“. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die Bäckerei Büsch hat auf die neue Situation reagiert: Am Aufsteller ist „Wir schließen am 23. März“ mit Filzstift durchgestrichen und durch den 22. März ersetzt. Eine Verkäuferin findet den Anblick des leeren Supermarkts „schrecklich“: „Das wird mir fehlen.“ Auch der Imbiss am Eingang informiert: „Ab 25. 3. stehen wir am EK 3.“ Der Hähnchengrill will es am alten Standort wohl erstmal noch versuchen. Genauso wie der Schlüsseldienst. Yilmaz Ocur sagt: „Ich will erstmal hier bleiben. Das kommt drauf an, wie die Kunden reagieren.“ 12 Jahre hat er sein Lädchen in der Passage. Er setzt auf seine Stammkunden.

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