Moers. Ein frei laufender Kangal hat in Moers einen anderen Hund attackiert. Nun ist das verletzte Tier an den Folgen gestorben. So wird ermittelt.
Für Ulrike Albrecht und ihren Hund Fronzi sollte der Spaziergang entlang des Bahndamms an der Essenberger Straße am 9. Februar die letzte gemeinsame Gassirunde werden. Dort schnellte der Moerserin und ihrem Vierbeiner plötzlich ein aggressiver Herdenschutzhund entgegen. Von einem Halter oder gar einer Leine fehlte jede Spur. „Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da hat sich der Kangal schon in meinem Fronzi festgebissen“, schilderte Ulrike Albrecht noch am darauffolgenden Dienstag im Gespräch mit der Redaktion. Sechs Tage später ist ihr Hund an den Folgen des Bisses verstorben.
Weder durch Schreie, noch durch Wegschubsen ließ sich der frei laufende Kangal von seinem Angriff auf den 14-jährigen Chihuahua-Golden Retriever-Mix abbringen. Erst nachdem eine Anwohnerin ob des Lärms auf der Straße ihre Tür aufgerissen hatte, konnte sich der 10-Kilo-Hund aus dem Biss lösen und in das Wohnhaus fliehen. „Das ganze Fell an seinem Rücken war aufgerissen“, beschreibt Albrecht. Dies belegt sie anhand einer Reihe von Bildern, die ihren Fronzi nach der Attacke zeigen. Unsere Redaktion hat sich aufgrund der erkennbaren Brutalität gegen eine Veröffentlichung der Fotos entschieden.
Polizei sagt: Kangal-Angriff in Moers ist nicht strafbar
„Der Schock sitzt tief, auch bei meinem Hund“, sagte die Halterin noch vor dessen Tod. In der Tierklinik wurde das geschädigte Tier an den Tropf gehängt, geröntgt und zwei Stunden lang operiert. Kostenpunkt: 700 Euro. Bei einer Folgeuntersuchung fiel dann auf, dass Fronzi noch einmal operiert werden müsste. Mit Blick auf das fortgeschrittene Alter des Mischlings fällte Ulrike Albrecht am heutigen Montag die Entscheidung, ihren Vierbeiner einzuschläfern.
Auch wenn es ihren geliebten Begleiter nicht zurückbringen wird, will Ulrike Albrecht nun für die Gerechtigkeit kämpfen. Für sie bedeutet das eine Strafe für den Halter, der seinen Herdenschutzhund aus den Augen gelassen hat. Das Problem: Die Polizei will ihre Anzeige nicht aufnehmen, wie die Moerserin berichtet. Zunächst sei ihr mitgeteilt worden, dass es sich um eine Sachbeschädigung handele. Zudem hätte sich der (zum Zeitpunkt des Angriffs gar nicht anwesende) Halter des Kangals nur dann strafbar gemacht, wenn dieser seinen Hund aktiv auf ein anderes Tier gehetzt hätte. Dazu sagt die Kreispolizeibehörde in Wesel auf Nachfrage: „Nach hiesiger Einschätzung handelt es sich in dem beschriebenen Vorfall um eine fahrlässige Sachbeschädigung. Diese ist nicht strafbar und kann auf Antrag zivilrechtlich verfolgt werden“, teilt Pressesprecher Peter Reuters mit.
Hund wurde in Moers gebissen: Ordnungsamt kann empfindliche Strafen durchsetzen
„Ich fühle mich hilflos und machtlos“, sagt Albrecht. Sie könne nicht verstehen, dass Lebewesen immer noch als Sache gelten. Nach der Absage durch die Polizei wagte sie den nächsten Versuch und meldete den Fall beim Ordnungsamt der Stadt Moers. Dort laufen zurzeit die Ermittlungen. „Wir können sagen, dass in unmittelbarer Nähe des Angriffs zwei Kangals gemeldet sind. Davon ist ein Hund bisher ordnungsbehördlich auffällig geworden“, sagt Stadtsprecher Klaus Janczyk. Sollte sich herausstellen, dass es sich bei dem jüngsten Beißvorfall um ein Tier handelt, gegen das bereits Auflagen wie eine Maulkorb- oder durchgängige Leinenpflicht bestehen, könnte die Stadt empfindliche Strafen aussprechen: „Falls der Hund Auflagen hatte, die der Halter nicht eingehalten hat, ist ein Zwangsgeld von bis zu 1000 Euro oder gar ein Entzug des Hundes möglich.“
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„Ersttätern“ droht in der Regel ein auf zwei Jahre begrenzter Leinen- und/oder Maulkorbzwang. Danach könne zudem ein Wesenstest erfolgen. Neben der ordnungsrechtlichen Ebene könne der Halter in einem solchen Fall auch zivilrechtlich bestraft werden und etwa zur Übernahme der Tierarztkosten aufgefordert werden.
Nach Kangal-Attacke: Geschädigte Hundehalterin fordert Verbot der Rasse in Moers
Für Ulrike Albrecht wäre es zumindest ein kleiner Trost, nicht auf der Klinikrechnung sitzen zu bleiben. Eigentlich wünscht sie sich aber noch strengere Auflagen für die umstrittene Rasse: „Ich finde, solche gefährlichen Hunde gehören nicht in die Stadt und sollten verboten werden.“ Einige Kommunen in NRW setzen bereits auf höhere Hundesteuern für Rassen, die als „gefährlich“ eingestuft werden. Dazu zählen laut dem Landeshundegesetz Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander und mit anderen Hunderassen. Eine solche Sonderregelung gibt es in Moers zurzeit nicht. „Steuerlich werden die Hunde nicht unterschieden“, sagt Klaus Janczyk.
Insgesamt 15 Beißvorfälle in Moers wurden dem Fachdienst Ordnung im Jahr 2023 gemeldet. Bei dem überwiegenden Teil habe es sich nach Angaben der Stadt um nicht angeleinte Hunde gehandelt.