Kamp-Lintfort. Autorennen auf der Ebertstraße sorgen bei Anwohnern für Frust. Warum die Stadt Kamp-Lintfort der Petition für ein Tempolimit eine Absage erteilt.
Der Motor heult auf, die Reifen quietschen auf dem verregneten Asphalt. Mit deutlich mehr als den erlaubten 50 Kilometern pro Stunde passiert der PS-starke BMW im Feierabendverkehr die Ebertstraße. Die Anwohnerinnen und Anwohner der wichtigen Verkehrsader in Kamp-Lintfort verwundert das nicht mehr. „Das ist nur das Qualifying“, sagt Muhamet Ismaili. „Das richtige Rennen startet erst später.“
Auch interessant
Jeden Abend, so berichten es verschiedene Anwohner der Straße, gibt es Probleme mit Rasern. „Junge Leute mit dicken Autos“ liefern sich dort ab 18 Uhr Wettrennen bis in die Nacht hinein, nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Bei offenem Fenster zu schlafen, sei unmöglich, schildert Ismaili, der die Nachbarschaft zusammengetrommelt hat und eine Unterschriftenaktion starten will. Sein Ziel: Tempo 30 auf der gesamten Ebertstraße. Seine Motivation zieht er auch aus einem persönlichen Schicksalsschlag. „Mein Vater wurde vor vielen Jahren hier auf der Straße überfahren“, berichtet der Kamp-Lintforter und fragt verzweifelt: „Muss erst noch jemand sterben, bis die Stadt endlich handelt?“
Tempo 30 an der Ebertstraße? Stadt Kamp-Lintfort: „Leider nicht umsetzbar“
Die Stadtverwaltung kennt den Ärger der Anwohnerinnen und Anwohner – sieht aber keinen Anlass, auf deren Forderungen einzugehen. „Massive Belästigungen oder Sicherheitsrisiken“ seien der Stadt nicht bekannt, auch ein Lärmgutachten wurde noch nie erstellt, teilt Pressesprecherin Sarah Krams auf Nachfrage dieser Redaktion mit. „Generell gibt es in Kamp-Lintfort nur noch sehr wenige Straßen, in denen kein Tempo 30 gilt, in diesem Bereich ist es aber leider nicht umsetzbar“, sagt Krams und beruft sich auf Verkehrsbehinderungen durch ein strengeres Tempolimit.
Auch die Polizei habe auf der Ebertstraße keinen Einsatzschwerpunkt wegen Lärm oder Sicherheitsrisiken, wie Sprecher Peter Reuters mitteilt. Sechs Unfälle wurden dort zwischen 2021 und 2023 verzeichnet, im Bereich der Kreuzung Ebertstraße/Franzstraße kommen noch einmal neun dazu. Aber: „Bei keinem der Verkehrsunfälle war eine überhöhte Geschwindigkeit unfallursächlich“, so Reuters. Der für Kamp-Lintfort zuständige Wachbereich habe die Ebertstraße im Rahmen der Streife jedoch „im Auge“.
Kamp-Lintfort: Anwohner der Ebertstraße über Raser – „Es nervt nur noch“
Diese Aussage sorgt bei den frustrierten Anwohnerinnen und Anwohnern für ironisches Gelächter. „Als wir einmal die Polizei rufen wollten, hieß es: Dafür kommen wir nicht raus, der Kreis ist zuständig“, berichtet Arnold Bowski, der seit 23 Jahren auf der Ebertstraße lebt. Bei einem Unfall musste er sogar schon erste Hilfe leisten. „Es nervt einfach nur noch“, meint seine Ehefrau Andrea Bowski, die an der Straße aufgewachsen ist. „Früher war das nicht so schlimm wie heute.“ Erst vor etwa zehn Jahren habe die Raserszene die Ebertstraße als Startpunkt für illegale Rennen ohne Konsequenzen ausgemacht.
Genauso lange wohnt Peter Schinköthe dort. „Wenn man hier nur für einen Tag Blitzer aufstellen würde, wären viele Führerscheine weg“, ist sich der Kamp-Lintforter sicher. Mit einer Petition will sich die Nachbarschaftsgruppierung nun Gehör verschaffen. Das klar formulierte Ziel: Mindestens 300 Unterschriften und eine 30er-Zone auf der Ebertstraße.