Neukirchen-Vluyn. Der Rat der Stadt Neukirchen-Vluyn hat am Mittwoch über Möglichkeiten gesprochen, wie soziale Krisen in der Stadt abgefedert werden können.
In Neukirchen-Vluyn soll es eine Art Sozialgipfel geben. Auf Antrag der SPD-Fraktion hat der Rat der Stadt am Mittwochabend entschieden, einen „Runden Tisch NV-Hilfspaket“ einzurichten. Teilnehmen sollen Mitglieder der Fraktionen, der Verwaltung, von Sozialverbänden wie Diakonie, VdK, Awo und der Tafel sowie weitere Personen, die sich mit Themen sozialer Fürsorge befassen. Damit reagiert die Politik in einem weiteren Schritt auf die sozialen Folgen, die sich wegen des Putin’schen Angriffskrieges auf die Ukraine ergeben.
In der emsig wie kontrovers geführten Diskussion um die Einrichtung dieses Austauschgremiums hat sich allerdings auch gezeigt, wie ungemein schwierig sich die Gemengelage örtlich gestaltet. Sehr einig waren sich die Mitglieder des Stadtparlaments nämlich fraktionsübergreifend, dass es eine solche Sozial-Runde geben sollte. Keine Einigkeit konnte allerdings über deren Befugnisse und über finanzielle Möglichkeiten erzielt werden.
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Günter Zeller, Sozialexperte der SPD, hob hervor, wie wichtig es sei, auch jene Familien aus der unteren Mittelschicht zu entlasten, die durch den Rost der Entlastungspakete der Bundesregierung fielen, weil sie mit ihrem Einkommen knapp über den Grenzen lägen. Man müsse sich der Verantwortung stellen und „den sozialen Sprengstoff entschärfen“, sagte Zeller. „Diese Familien werden sich abwenden.“
Das Geld ist das Problem
Folglich hatten die Sozialdemokraten den Plan, Geld aus der Ausschüttung der Sparkasse am Niederrhein zur Abmilderung der sozialen Härten in der Stadt zu verwenden. Die Bank hatte die Hälfte ihres Gewinns an die Anteilseigner ausgeschüttet; für die Stadt Neukirchen-Vluyn sind das 270.000 Euro.
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Und genau da beginnt das Problem, wie sich zeigte. Denn: Neukirchen-Vluyn steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Das hatte die Erste Beigeordnete und Kämmerin Margit Ciesielski zuvor bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes für 2023 sehr deutlich gemacht. Sollte sich nämlich der Anstieg der Kreisumlage tatsächlich in der aktuell befürchteten Höhe auswirken, könnte das den Ergebnishaushalt 2023 um 1,8 Millionen Euro verschlechtern und damit wäre der Haushaltsausgleich für das darauf folgende Jahr perdu. Die Stadt muss aber bis 2024 eine schwarze Null vorweisen. Tut sie das nicht, gerät sie in einen Nothaushalt.
Somit musste auch Bürgermeister Ralf Köpke am Mittwoch mit Blick auf die finanziellen Möglichkeiten eines solchen Runden Tisches sagen: „Ich trage die Verantwortung für diese Stadt.“ Und er könne sich nach den Ausführungen der Kämmerin nicht vorstellen, dass die Stadt die von der SPD zu den Themen Schulessen, Energie und Tafel benannten finanziellen Leistungen erbringen kann.
Die Expertinnen und Experten treffen sich
Ciesielski sprang ihm zur Seite und appellierte, den Runden Tisch zu beschließen, um dann gemeinsam zu schauen, welche Hilfsangebote es gibt und welche Beratungen notwendig sind. Zuvor hatte sie in ihrer Rede ausgeführt: „Es werden von Bund und Land neue Sozialleistungen geschaffen, die finanzielle Last aber auf die Kommunen heruntergebrochen. Kann es dann richtig sein, hierüber hinaus auch noch eigene Hilfen auf den Weg zu bringen?“
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Lisa Wannenmacher (NV Auf geht’s) unterstrich, wie bedeutsam die Problematik sei, sah aber die Handlungsnotwendigkeit ebenfalls nicht nur im lokalen Bereich. Auch Tom Wagener (Bündnis 90/Grüne) und Markus Nacke (CDU) machten deutlich, dass sie Land und Bund in der Pflicht sehen. Sie mochten der Argumentation der SPD nicht folgen. SPD-Chefin Buttkereit kritisierte zwar, dass es „ein Schaulaufen“ sei, wenn der Runde Tisch nicht auch Möglichkeiten hätte, finanzielle Hilfe zu gewähren, aber CDU-Chef Nacke bremste sie aus: „Es funktioniert so einfach nicht.“ Das Geld der Sparkasse „zu verfrühstücken“, sei unanständig.
Am Ende bedurfte es einer weiteren Sitzungspause, bis sich der Rat einig war, dass sich die Expertinnen und Experten zunächst zusammensetzen.