Moers. In Moers ist das Museum für die Geschichte der Stadt im 20. Jahrhundert eröffnet. Die Ausstellung zeigt auch Spannendes über Hanns Dieter Hüsch.

Die Stadt Moers ist um eine wichtige Institution reicher: Im Alten Landratsamt am Kastell wurde am Samstag die Ausstellung zur neueren Geschichte mit einem Festakt und zahlreichen Ehrengästen eröffnet. Das „Haus der Demokratiegeschichte“ des Grafschafter Museums dokumentiert in zehn Räumen das politische und gesellschaftliche Leben in Moers von der Kaiserzeit bis zum Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine zusätzliche Ausstellung würdigt das Werk des Moerser Poeten und Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch.

Ein passenderes Gebäude hätte es für die Dokumentation nicht geben können. Das Alte Landratsamt von 1900 war in der Nazi-Zeit auch Ort der Täter. Hier wurden durch Landrat Karl Hubenzer Deportationen angeordnet. Jüdische Bürger oder Widerständler wurden per Befehl von der Steinschen Kreuzung aus in die KZ’s transportiert.

NRW-Ministerin Ina Scharrenbach lobte: „Ihnen ist etwas Großartiges gelungen“.
NRW-Ministerin Ina Scharrenbach lobte: „Ihnen ist etwas Großartiges gelungen“. © Funke Foto-Services | Rüdiger Bechhaus

Gleich zu Beginn der Ausstellung erhält der Besucher eine Plastikkarte mit dem Namen eines Moersers. Dessen Biografie durch den Weltkrieg hindurch wird im Laufe der Besichtigung digital geschildert. Darunter Widerstandskämpfer wie Hermann Runge oder Opfer wie Johann Esser, der im KZ den Text zu den ‘Moorsoldaten’ dichtete. Das Lied erklingt auch beim Festakt.

Überlebensgroße Vorhänge durchschreiten

Der Besucher durchschreitet überlebensgroße Vorhänge mit Fotos, etwa ein Kind im Matrosen-Anzug der Kaiserzeit. In dem Raum werden zudem das Frauenwahlrecht und die ersten Wahlen für das Moerser Stadtverordnetenparlament thematisiert. Jedoch auch, wie angefeindet und zerbrechlich diese erste deutsche Demokratie war.

Weiterer Vorhang mit Foto: Die zerstörte, geschändete Moerser Synagoge mit dem Spruch: „Dieser Talmud-Stall ist nun für immer geschlossen“. Museumsleiterin Diana Finkele: „Das war mitten in der Altstadt. Fast jeder ging täglich daran vorüber.“ Eine Schreibmaschine und weitere Foto- und Text-Dokumente berichten von Deportationen. Beklemmend auch die alten Fotos der uniformierten SS-Schergen, Herren über Leben und Tod. Darüber hinaus werden die Machtübernahme, der Weltkrieg und sein Alltag in Moers und weitere Kapitel der Geschichte thematisiert.

Bernhard Schmidt (links) vom Verein „Erinnern für die Zukunft“, Museumsleiterin Diana Finkele und Hans-Helmut Eickschen von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit stellten am Sonntag den Besuchern die neuen Ausstellungsräume vor.
Bernhard Schmidt (links) vom Verein „Erinnern für die Zukunft“, Museumsleiterin Diana Finkele und Hans-Helmut Eickschen von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit stellten am Sonntag den Besuchern die neuen Ausstellungsräume vor. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Wiederaufbau und Neubeginn: Der Club Studio 45 widmete sich einer modernen, kritischen Kultur und wurde von Hanns-Dieter Hüsch mitbegründet. Die Ausstellungsteil zum Moerser Poeten befindet sich im ersten Stock. Die Exponate stellte Hüschs Witwe Christiane Hüsch-von Aprath zur Verfügung: Terminkalender von Tourneen, Bild- und Tondokumente von Auftritten Hüschs, auch Erinnerungen an bekannte Kunstfiguren wie Ditz Atrops an der Theke („kannze die Uhr nach stellen...“).

Landrat Brohl: „Tach zusammen“

Während des Festaktes wird Hüsch immer wieder zitiert. Landrat Ingo Brohl begrüßt die Anwesenden mit einem frohen „Tach zusammen“ und lobt, dass sich das Konzept der Ehrenamtlichkeit im Hause als tragend erwiesen habe. Landesministerin Ina Scharrenbach würdigt: „Ihnen ist hier etwas Großartiges gelungen.“ Den hohen Stellenwert des Hauses der Demokratie unterstreicht auch Bürgermeister Christoph Fleischhauer. Im Studienbereich könne neben den Schulen jedermann an Themen und Biografien forschen. 24.000 Euro an Spenden hätten die Vereine für das Projekt zusammengebracht.

Auch interessant

Karl Peter Brendel vom Vorstand der NRW-Stiftung berichtete, gut 68.000 Euro Fördermittel seien von der Stiftung geflossen. Dies, so Diana Finkele im Nachgang, sei eine Voraussetzung für das Projekt gewesen, das 2010 mit einem Nutzungskonzept an den Start gegangen sei. Neben dem Museumsteam arbeiteten auch Forscher des Vereins ‘Erinnern für die Zukunft’ und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit an der Ausstellung.