Moers. In einer Ausstellung im Alten Landratsamt kann Moerser Geschichte live erlebt werden. Das Gebäude wird mit einem Festtag eröffnet.

In Teilen wurde es bereits genutzt, doch jetzt kann man die bewegte Moerser Geschichte dort live erleben: Das Alte Landratsamt (ALRA) wird mit einem Festtag am Sonntag, 12. Juni, von 11 bis 18 Uhr eröffnet. Das Gebäude steht wie kein anderes für die wechselvolle Moerser Demokratiegeschichte, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Zu erleben sind nun die neue Dauerausstellung zur Kreis Moerser Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie zu dem Moerser Kabarettisten und Schriftsteller Hanns Dieter Hüsch. Vorher waren dort bereits ein Teil der VHS Moers/Kamp-Lintfort und das Kulturbüro angesiedelt. An dem Tag gibt es im und vor dem Gebäude sowie auf dem Schlossplatz Musik, Lesungen, Führungen und Einblicke in das Gebäude.

Vorträge und Lesungen im Grafschafter Museum in Moers

Zudem stellen die Mitgliedervereine von „Neue Geschichte im Alten Landratsamt“ an Infoständen ihre Arbeit vor. In den Wochen bis zu den Ferien bieten die beteiligten Vereine und das Grafschafter Museum ein ausführliches Veranstaltungsprogramm unter anderem mit Vorträgen, Lesungen, Führungen und Kino an.

„Das waren Götter. Das waren für uns Herren über Leben und Tod.“ Dieses Zitat über das Landratsamt stammt von dem Holocaust-Überlebenden Karl Coppel aus Neukirchen-Vluyn. Von 1933 bis 1945 fungierte das Gebäude als regionale Machtzentrale der Nationalsozialisten: Die Deportationslisten in die Konzentrationslager wurden hier unterzeichnet. Nach dem Ende des Kriegs wirkten Widerstandskämpfer wie Hermann Runge und Ernst Holla als Kreistagsabgeordnete an Versuchen des demokratischen Neubeginns in Moers mit. Die neue Dauerausstellung zeigt Entwicklungen von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts bis zu den Versuchen eines demokratischen und kulturellen Neubeginns.

Geschichte des jüdischen Lebens

Die Geschichte des jüdischen Lebens und die Lücke seit dem Nationalsozialismus sind dabei in alle Bereiche eingewoben. Eine Ausstellungsabteilung widmet sich Leben und Werk des Kabarettisten und Poeten Hanns Dieter Hüsch – eine beispielhafte Künstlerbiografie, in der sich die politischen, kulturellen und religiösen Tendenzen der jungen BRD brechen.

Beim Eintritt in die Dauerausstellung erhalten die Besucherinnen und Besucher einen digital lesbaren Ausweis. Sobald sie in die Nähe eines biografischen Terminals kommen, werden sie aufgefordert, „sich auszuweisen“, und erhalten dann Informationen über historische Personen. Die Hintergründe stammen von Opfern, Tätern und „ganz normalen“ Moerser Menschen. Einen großen Teil der Biografien haben Mitglieder einer Arbeitsgruppe seit 2016 erarbeitet.

Projekt mit der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen

Die „Bio-Terminals“ wurden zusammen mit der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen entwickelt. Über Jahrzehnte haben insbesondere die Vereine „Erinnern für die Zukunft“ und „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ geforscht sowie Dokumente und Fotos gesammelt, die nun die Grundlage für die vertiefende, forschende Arbeit sein sollen.

In Zusammenarbeit mit der im ALRA ebenfalls beheimateten NS-Dokumentationsstelle und dem Vereinszusammenschluss „Neue Geschichte im Alten Landratsamt“ sollen weitere Biografien für die Ausstellung entstehen. Insbesondere Schulklassen sind eingeladen, hier zu forschen. Die Einrichtung des Bereichs wurde mit 69.000 Euro von der NRW-Stiftung gefördert. Rund 24.000 Euro haben die Mitgliedervereine aufgebracht.